Man spricht über «House of Cards». Man spricht über «Breaking Bad». Über «Mad Men». «The Walking Dead». «Boardwalk Empire». «Game of Thrones». «American Horror Story». «Homeland».
Aber auch außerhalb des Pay-TVs findet sich im amerikanischen Fernsehen so manche Perle. Unter den diesjährigen Dramenneustarts kristallisierte sich – neben «Sleepy Hollow» – schnell ein weiterer Favorit heraus: «The Blacklist».
James Spader («Boston Legal») spielt dort den Schwerkriminellen Raymond Reddington, der seit Jahren einen der obersten Plätze der FBI-Fahndungsliste besetzt und beste Kontakte zu vielen nationalen wie internationalen Terroristen pflegt. Zur großen Überraschung der amerikanischen Starfverfolgungsbehörden stellt sich Reddington wie aus dem Nichts und will fortan kooperieren, um andere Schwerverbrecher unschädlich zu machen – unter einer Bedingung: Er will dabei ausschließlich mit der Profilerin Elizabeth Keen (Megan Boone) arbeiten, die von Reddington ihr Leben lang noch nie etwas gehört hat.
Natürlich wirft das sofort jede Menge Fragen auf, die den Arc der ersten Staffel bilden: Will der dubiose Reddington nicht einfach nur das FBI zweckentfremden, um seine Konkurrenz im kriminellen Milieu zu beseitigen? Welche Verbindung hat er zu Elizabeth? Und wieso überwachen finstere Gestalten im Geheimen ihre Wohnung?
Been there, done that, könnte man meinen. Katz-und-Maus-Spiele ähnlicher Struktur hat man schließlich schon dutzendfach gesehen.
Und obwohl das stark formalisiert und wenig innovativ klingt: Man bleibt sofort kleben.
Das Faszinierende an diesem Format ist nicht so sehr die dramaturgische Raffinesse, die besonders feingeistige Figurenführung, das thematische Wagnis oder die narrative Innovation. Es ist vielmehr die Tour-de-Force der Hauptdarsteller, das intensive Spiel, in dem Spader und Boone brillieren. Dass der Plot so mancher bisher gesendeten Folge sich stellenweise ins Unglaubwürdige wendete, dass so manche Twists manchmal zu ausgedacht wirken mögen, das sind bei «The Blacklist» kleine Schönheitsfehler, auch wenn sie andere Produktionen mit weniger ausgereiften Hauptfiguren und weniger kompetenten Darstellern in den dramaturgischen Ruin befördern würden.
Das bedeutet nicht, dass die Drehbücher schlecht sind. Im Gegenteil: Viele von ihnen sind für ein Crime-Drama wirklich gelungen und übertreffen nicht selten auch den Anspruch an „solide Procedural-Arbeit“. Doch den Reiz des Formats machen Spader und Boone aus, die sich durch die gesamte emotionale Bandbreite spielen dürfen, dass es eine Freude ist.
«The Blacklist» ist eine Hochklasseserie, auch wenn sie die starken Charakterzeichnungen eines «House of Cards», die intellektuelle Schärfe und dramaturgische Radikalität eines «Breaking Bad» oder die politische Relevanz eines «Homeland» missen lassen mag. «The Blacklist» ist massentauglich, aber mit Köpfchen produziert – und ein Paradebeispiel dafür, wie eine Networkserie aussehen muss, wenn die Konkurrenz der Kabelsender in Puncto narrativer Ausgereiftheit und künstlerischer Qualität zunehmend erdrückender wird.