
Der Wettstreit der beiden Stationen entbrannte dabei schon im Jahr 1984, denn es gab damals ein Rennen darum, welcher Anbieter als erster auf Sendung gehen könne. Am Ende gewann Sat.1 – bzw. dessen Vorgängerunternehmen PKS - mit dem Vorsprung von einem Tag. Doch bereits wenige Jahre später konnten sich die Verantwortlichen von RTL rächen, als sie den Beginn ihres Frühstückfernsehens kurzfristig vorverlegten. Schon Wochen vorher hatte Sat.1 nämlich als Auftakt für «Guten Morgen mit Sat.1» den 01. Oktober 1987 kommuniziert. Bei RTL werkelte man nach dem Verlauten der Pläne daraufhin an einer eigenen Adaption und beschleunigte den Prozess so stark, dass man schon am 23. September mit einer eigenen (wenig ausgereiften) Version namens «Guten Morgen Deutschland» auf dem Schirm erscheinen und das historische Ereignis für sich beanspruchen konnte.

Als dann RTL im Rahmen des Booms von Retro-Formaten ankündigte, mit Oliver Geissen und Katharina Witt in Form der «DDR-Show» eine Reihe über die kultige Vergangenheit des Landes ausstrahlen zu wollen, glaubte man bei Sat.1 offenbar ebenfalls davon profitieren zu müssen. Mit Hochdruck wurde deshalb eine eigene Variante mit Ulrich Meyer und Axel Schulz unter dem Titel «Meyer & Schulz - Die ultimative Ost-Show» produziert und rund zwei Wochen früher gezeigt.

Dieser Dauerstreit schlägt sich allerdings nicht nur in solchen Plagiaten nieder, sondern ebenso in gezielten Kampfprogrammierungen, um dem jeweiligen Gegner die Quote für wichtige Programme vermiesen zu können. So wollte im Herbst 2006 Sat.1 beispielsweise mit «You Can Dance» ein im Ausland beliebtes Castingkonzept in Deutschland verankern. Um dieser Show den Auftakt so schwer wie möglich zu machen, positionierte RTL die erste zweistündige Ausgabe von «Wer wird Millionär?» dagegen, die viele junge Zuschauer anlockte. Eine Woche später legte man dann mit dem «Domino Day» nach und beschädigte den Tanz-Wettbewerb damit nachhaltig.
Als Sat.1 später nach dem Erfolg seiner Telenovela «Verliebt in Berlin» die amerikanische Adaption am 27. April 2007 nach Deutschland bringen wollte, setzte RTL das «Wer wird Millionär? - Familienspecial» dagegen. Darin rätselte Günther Jauch ausnahmsweise nicht mit einzelnen Kandidaten, sondern mit kompletten Familien. Dieses verfehlte seine Wirkung nicht. Gegen den Quiz-Dauerbrenner hatte «Alles Betty!» keine Chance. Schlussendlich verschwand die Serie bereits nach zwei Folgen wieder aus dem Programm.

Auf die gleiche Taktik griffen die Verantwortlichen von RTL im Herbst 2011 anlässlich der allerersten Ausgabe von «The Voice of Germany» in Sat.1 zurück, denn spontan platzierten sie eine Casting-Folge ihres damaligen Erfolgsgaranten «Das Supertalent» dagegen. Diesmal ging die Rechnung jedoch nicht auf, da Sat.1 das Duell bezogen auf die Marktanteile für sich entscheiden konnte. Für RTL bedeutete dies aber nicht nur eine einmalige Niederlage, sondern markierte zugleich den Beginn eines lang anhaltenden Quotenverfalls bei ihren großen Castingsshows.
Zur Einführung des neuen Sat.1-Hoffnungsträgers «The Winner Is...» wendete die Leitung von RTL zum bisher letzten Mal das Mittel einer solchen Kampfprogrammierung an. So stellten sie im März 2012 kurzerhand eine Prominenten-Ausgabe von «Wer wird Millionär?» gegen die Premiere. Trotz des vorherigen Etappensiegs durch «The Voice Of Germany» ließ sich Sat.1 auf diese Herausforderung schließlich nicht ein und verlegte seinerseits den Start der neuen Produktion um zwei Tage nach vorn.