Ein kontroverses Kunststück
Trotz hauptsächlich überaus positiver Kritikerresonanz wurde «The Wolf of Wall Street» in den USA auch Gegenstand einer mittleren Kontroverse: Der an Weihnachten gestartete Film wurde aufgrund seiner Freizügigkeit und der ausführlichen Drogenszenen von Moralhütern als für die Festtage unangebracht bezeichnet. Zudem unterstellte eine laute Minderheit unter den Kritikern Scorsese, er würde den Lebensstil Belforts zelebrieren, statt ihn zu kritisieren.Die umwerfende Stärke dieser bissigen und mitreißenden Finanzsatire beruht zu großen Teilen darauf, wie ekstatisch Scorsese seiner zwielichtigen, doch all zu begeisterungsfähigen Hauptfigur Jordan Belfort auf Schritt und Tritt folgt. Mit absurden Gags, frenetischer Musik und viel nackter Haut berichtet der Filmemacher von einer überaus fragwürdigen Erfolgsgeschichte:
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Gemeinsam mit einigen Freunden gründet Belford wenige Zeit später das Unternehmen Stratton Oakmont, das sich meisterlich darauf versteht, das Schlupfloch auf dem „Penny Stocks“-Aktienmarkt auszunutzen. Selbst negative Presse und erste Ermittlungen des FBI können Belfort sowie seine Vertrauten nicht aufhalten, so dass sie zu den reichsten Männern des Landes aufsteigen. Besonders Belfort genießt sein rechtlich fragwürdiges Luxusleben in vollen Zügen – er verfällt in einen endlos scheinenden Rausch aus Geld, Sex, Drogen und exzentrischen Verrücktheiten, der ihn immer mehr an den Rand der Legalität rücken und die Augen vor den Konsequenzen verschließen lässt …
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Nie zuvor spielte Scorseses jüngste Muse («The Wolf of Wall Street» ist die mittlerweile fünfte Zusammenarbeit des Gespanns) so losgelöst wie in diesem hemmungslosen Biopic. Egal, ob er mit verschmitztem Funkeln in den Augen zum Zuschauer spricht, um ihn als Komplizen bei all seinen Betrügereien auf seine Seite zu ziehen, oder ob er sich all seinem Charisma entledigt, wenn er manisch keifend mit seinem Supermodel von Ehefrau streitet: Der längst von seinem Image als «Titanic»-Schönling entrückte Golden-Globe-Preisträger agiert von der ersten Filmminute an mit vollstem Temperament und schafft dank ansteckendem Eifer so etwas wie die pervertierte Neuzeit-Antwort auf seine Titelrolle in «Der große Gatsby».