Hingeschaut

«Columbus»: Junges Format mit Potenzial

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Der Auftaktfolge der neuen Vorabend-Sendung auf RTL II gelang das Kunststück, Wissen für ein junges Publikum angemessen aufzubereiten. Doch es gab auch einigen intellektuellen Leerlauf.

Nach über neun Jahren ist das Kapitel «Welt der Wunder» bei RTL II nun offenbar Geschichte. Die bekannte Wissenssendung war zuletzt nicht mehr in der Lage, am Sonntag um 19 Uhr auch nur ansatzweise akzeptable Einschaltquoten zu generieren - die zum Abschied erzielten 5,5 Prozent der werberelevanten Zielgruppe waren bereits der beste Wert seit Anfang September 2013. Bis Frank Schmidt alias Franklin Mitte Februar mit seinen Autoeintreibern unter Beweis stellen darf, wie schlecht Scripted Reality im Jahr 2014 produziert sein kann, wenn die Ansprüche an eine Sendung von vornherein unterhalb des geistigen Gefrierpunktes liegen, versucht sich der Privatsender erst einmal an dem Wissensmagazin «Columbus - Entdecke deine Welt!». Nach der Auftaktfolge wünscht man sich durchaus mehr davon - zumindest von einigen Aspekten der Sendung.

Gemäß der gerade am Vorabend doch sehr jungen Zielgruppe hat man das Format ausgerichtet, die Vermittlung der Inhalte soll ausdrücklich nicht trocken und theoretisch, sondern im Zuge "spannender und unterhaltsamer Aktionen" erfolgen, verrät eine Pressemitteilung des Senders. Was diese Fokussierung auf junge Menschen bedeutet, erfährt der Zuschauer bereits bei der Vorstellung des angenehm unverbrauchten Teams - welches nicht einfach Uwe, Bonnie und Etienne heißt, sondern eher albern denn cool klingende Spitznamen verpasst bekommt. Uwe ist demnach "The Body", Bonnie wird als "Lifestyle-Queen" vorgestellt und Etienne ist der offizielle "Gadget-Experte". Darüber hinaus nehmen auch "Blogger" Jonas und "die Frau für alle Fälle" Hannah das Publikum durch diverse Aktionen an die Hand.

Inhaltlich fokussiert man sich in den ersten 20 Minuten gewiss nicht ganz zufällig auf die Themen Sex und Beziehung. Während dabei das erste Thema durchaus zur Aufklärung junger Menschen beiträgt, indem es die Vor- und Nachteile einer offenen Beziehung benennt, genauer erläutert, was gemeinhin darunter verstanden wird und auch zwei Paare mit völlig konträren Ansichten zu Wort kommen lässt, sinkt das Niveau anschließend leider deutlich. In einem so genannten "Abschlepp-Test" möchte der als attraktiver Frauen-Flüsterer vorgestellte Jonas herausfinden, wie man fremde Frauen am besten für einen spontanen Koitus erwärmen kann. In einem sehr umfangreichen (und wenig gehaltvollen) Test geht das paarungswillige Männchen in freier Wildbahn auf Tuchfühlung und wird sowohl mit der devot-schmierigen "Nice-Guy"- als auch mit der dummdreist-direkten "Bad-Boy"-Methode zahlreiche Male abgewiesen. Als dann beim 32. Versuch zu inzwischen schon sehr später Stunde doch endlich ein ausreichend verzweifeltes Weibchen seine Östrogene zumindest dahingehend stimuliert bekommt, sich auf eine kurze Knutscherei einzulassen, wird dies als voller Erfolg für die "Bad-Boy"-Variante interpretiert.

Von derartigen qualitativen Differenzen ist ohnehin die gesamte Stunde Brutto-Sendezeit durchzogen: Mal klärt der aus «Game One» bekannte Etienne auf sehr ansprechende und anschauliche Weise über das auch für junge Menschen wichtige Thema Daten-Tracking auf, dann wiederum folgt ein eher sinnentleerter Clip, in dem Sendezeit durch den minutenlangen Zubereitungsakt einer Mixtur aus frischem Gemüse, Fast-Food und Fertiggerichten verschwendet wird. Mal präsentiert man interessante soziologische Statistiken und erklärt wichtige Zusammenhänge Teenie-gerecht, wenig später teilt man dem Publikum mit, wie es am gewinnbringendsten Polizisten zur Weißglut treiben kann.

Vielleicht ist es ja gerade diese Mischung aus löblichen Ansätzen, echte Wissensvermittlung für junge Menschen zu betreiben und gleichzeitig eher irrelevante Füllkost zu servieren, die letztlich die Masse an jungen Menschen vor den Fernseher locken wird - und damit den Spagat zwischen Substanz, Unterhaltung und kommerziellem Erfolg garantiert. Relativ schwer fällt jedoch die Vorstellung, dass die Sendung auch Zuschauer oberhalb der "Gruftie-Grenze" - also ab 30 Jahren - ansprechen könnte. Die musikalische und visuelle Aufmachung, die Rhetorik sowie die leider schon wieder fast zu aufdringliche Nutzung des allseits beliebten Denglisch sind derart jugendlich gehalten, dass sich ältere Zuschauer hiervon sehr wahrscheinlich schon zu weit entfernt haben dürften. Die sehr jungen Menschen anzusprechen, ohne allzu peinlich und pseudo-cool zu wirken, das allerdings gelingt - ob in einem Ausmaß, dass es sich auch auf die Quotenmessung niederschlägt, wird man erst in den kommenden Wochen sehen.

Insgesamt ist «Columbus» eine Sendung, die trotz einiger fragwürdiger Inhalte als Gesamtwerk löblich ist und gerne die Chance erhalten sollte, sich auf dem deutschen Fernseh-Markt zu etablieren. Die Protagonisten sind noch nicht so sehr aus der Zielgruppe herausgewachsen, dass sie wie die peinlichen Väter oder Mütter wirken, die ihre Kinder in Clubs bis auf die Knochen blamieren, ihre Moderationstexte sind akzeptabel, wenn auch nicht wirklich frei und authentisch performt und mit einigen für Jung und Alt relevanten Inhalten können sich die Macher zumindest dahingehend profilieren, dass sie ihre Zuschauer im Bestfall etwas intelligenter aus der Sendung verabschieden, als sie hinein gingen. Das ist dann auch der ganz wesentliche Unterschied zu Frank Schmidts anstehender Besetzung dieses Sendeplatzes: Man muss keine Angst vor einem epidemischen Hirnzellenschwund haben.

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