Die Kritiker

«Deutsches Fleisch»

von  |  Quelle: Inhalt: ZDF

Intellektuelle Cartoons kennt man bis dato fast nur aus den USA. Hierzulande versucht sich ZDFneo unter dem Titel «Deutsches Fleisch» nun mit einem Zeichentrick für Erwachsene. Erfüllt die Serie die Erwartungen?

Inhalt

Hinter den Kulissen

  • Buch: Andreas Knop, Willy Kramer, Ilja Schmuschkowitsch
  • Regie: Willy Kramer, Ilja Schmuschkowitsch
  • Redaktion: Florian Weber
  • Musik: David Hason
  • Schnitt: Claudia Romero, José Campaña Lewis
  • Animation: Daniel Bäß. José Campaña Lewis, Karim Guessous, Susanne Kälberer
  • Produktion: SEO Entertainment

Wenn ein schnöseliger Adliger mit Wiener Akzent, ein esoterischer Gutmensch mit angewachsenem Mini-Dämon, ein heiratswilliger Ex-Kindersoldat mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn und ein pummeliger Nerd mit einer Vorliebe für Computerspiele den lieben langen Tag an der Imbissbude eines Ex-DDR-Pornosternchens abhängen und frittierte Hasen am Spieß essen, dann klingt das zugegebenermaßen zunächst einmal grotesk. Dies ist jedoch gerade einmal die Grundsituation der Serie «Deutsches Fleisch»

In Folge eins erhält der Baron de Montague von seinem Vater, Fürst de Montague, die einmalige Gelegenheit, seinen Herzenswunsch zu erfüllen. Er darf eine Fabrik bauen lassen, in der seine erste eigene Erfindung produziert werden soll: die Krasynthe, eine Mischung aus Krawatte und Synthesizer.

Im Zuge dessen trifft der Baron auf den gerade nach Deutschland eingewanderten Issa, den Bezirksamtsmitarbeiter Kowalsky, den Bürgerladenbetreiber Malte und den Stern seiner Jugend: Ex-DDR-Pornostar Gitti Kommsomachsmir. Als sich herausstellt, dass der Baron von seinem Vater hintergangen wurde und eigentlich eine Waffenfabrik bauen lässt, die zu allem Übel auch noch sämtliche Angestellten rigoros ausbeuten soll, schmieden die neugefundenen Freunde einen Plan, um die üblen Machenschaften des Fürsten zu stoppen.

Sprecher


Raphael Kübler als Baron
Willy Kramer als Kowalsky und Issa
Esther Niko als Gitti
Ilja Schmuschkowitsch als Malte
Helmut Krauss («Löwenzahn») als Fürst

Kritik


Das TV-Lab von ZDFneo kann mitunter absurd sein. Im Jahr 2012 siegte die Cartoon-Serie «Deutsches Fleisch». In die Verlängerung gingen bis dato jedoch die Serien «Beef Brothers» (unter dem Namen «Beef Buddies») und der Sex-Talk «Heiß & Fettig». Erst im Januar 2014 und somit gut anderthalb Jahre nach dem Testlauf geht der siegreiche Zeichentrick nun in Serie. Was lange währt, wird endlich gut, so könnte man hoffen.

Schon zum Auftakt der ersten Episoden bekommt der Zuschauer aber dann aufgezeigt, wo der Weg hingehen soll. Wenig subtil stellt die Freiwillige Fremdkontrolle FFK – eine offensichtliche Anspielung auf die FSK – die Hauptfiguren der Serie vor. Die Einführung der Figuren erscheint mehr als ideenlos. Die FFK redet ferner darüber, ob «Deutsches Fleisch» Grenzen überschreitet und Tabus bricht. Letztendlich kommen die Verantwortlichen jedoch zu dem Ergebnis, dass die Serie auf dem Nischensender, auf dem sie zu finden ist, ohnehin von niemandem gesehen werde. Immerhin: Ein wenig Selbstreferenz gleich zu Beginn. Wirklich grenzüberschreitend ist die Serie dann aber gar nicht, sondern tatsächlich eher harmlos. Problematisch gerät in dieser Szene auch die klischeebeladene Synchronisation, welche auch eine der Schwierigkeiten ist, die sich durch die gesamte Folge – und sicherlich auch die gesamte Serie – ziehen. Einzig die Stimme von Helmut Krauss, der bereits den Samuel L. Jackson in «Pulp Fiction» sprach, bildet eine Ausnahme, denn seine Passagen sind stets gelungen.

Man kann den Machern zu Gute halten, dass relevante und kontroverse Themen wie Steuerflucht, Lohndumping oder Armutseinwanderung angesprochen werden – allein die Pointierung fehlt. Die Gags sind brachial, aber leider auf Stammtischniveau. Sie vereinfachen komplexe Themen bis zur Unkenntlichkeit. Damit gilt wie so oft: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.

Doch nicht nur der vermeintlich anspruchsvolle Humor misslingt zumeist – auch die einfache, flache Pointe zündet viel zu selten. Höhepunkt: Als der dunkelhäutige Issa ins Jobcenter kommt, weißt der Beamte darauf hin, dass er falsch sei, sofern er Schwarzarbeit suche. Ein gelungener Gag sieht anders aus. Sofern dies ein Versuch sein sollte mit den Klischees zu spielen, so misslingt er.

Ebenso misslungen ist auch der Versuch zum Ende der Folge, eine emotionale Komponente einzubinden. Ein wirkliches Mitgefühl mit den Charakteren baut sich zumindest in der ersten Episode nicht auf. Eine weitere Schwierigkeit ist die Animation. Schuld mag sicherlich das geringe Budget der Serie sein, doch starre Schauplätze und unbewegliche Figuren tragen nicht unbedingt zum Sehgenuss bei.

Gelungen ist hingegen die musikalische Untermalung in Folge eins, selbst wenn das Einarbeiten einer kurzen Musical-Szene ein wenig erzwungen wirkt.

In einem Making-Of der Serie sprechen die Macher davon, dass sie gelangweilt vom deutschen Fernsehen seien und dass sie aufzeigen wollen, was typisch deutsch ist. Ein YouTube-User stellt überspitzt fest, dass von allen Klischees, die dargestellt werden, das des unlustigen Deutschen wohl am besten getroffen ist. Es so hart zu formulieren, trifft womöglich nicht den Kern der Sache, aber den eigenen Ansprüchen werden die Macher von «Deutsches Fleisch» schlicht nicht gerecht.

Das deutsche Fernsehen hätte sicherlich Platz für einen Cartoon, der Intellekt und Slapstick paart. Nur mit Produktionen wie «South Park» oder «Family Guy» kann sich «Deutsches Fleisch» bei Weitem nicht messen. Schade, denn das Potenzial wäre grundsätzlich vorhanden gewesen. Bleibt zu hoffen, dass die kommenden sieben Episoden es besser machen als der Auftakt.

Acht Folgen «Deutsches Fleisch» laufen ab 30. Januar jeweils am Donnerstag um 23.30 Uhr bei ZDFneo. Die erste Episode gibt es vorab hier zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/68703
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