Hinter den Kulissen
- Produktion: Colonia Media Filmproduktion GmbH
- Drehbuch: Jürgen Werner
- Regie: Dror Zahavi
- Kamera: Gero Steffen
- Produzentin: Sonja Goslicki
Miriam war erst zwölf. Erdrosselt und notdürftig im Wald verscharrt: Kommissar Faber befürchtet gleich, dass es sich hier nicht um eine Einzeltat handelt: Seit dem Vortag wird auch die 13-jährige Lisa vermisst. Vom Typ her sehen die beiden Mädchen sich sehr ähnlich. Schnell steht Miriams Stiefvater Gunnar Stetter im Visier der Ermittler. Auf seinem Rechner wurden kinderpornografische Fotos gefunden. Was ist mit Lisas Vater Stefan Passik, dem leitenden Mitarbeiter einer Reinigungsfirma? Die Kommissare beschlagnahmen auch seinen Rechner. Ist die Mordkommission hier einem Pädophilen-Ring auf der Spur?
Auch jenseits des eigentlichen Falls sind die Kommissare sehr gefordert: Nora Dalay ist schwanger. Im Gegensatz zu ihr wünscht sich ihr Freund und Kollege Daniel Kossik, dass sie das Kind bekommt. Und Peter Faber lässt seine Vergangenheit einfach nicht los. Der aktuelle Fall erinnert ihn seltsamerweise an den Tod seiner Frau und seiner Tochter. Schnell deuten noch weitere Ereignisse auf einen Zusammenhang hin: In Fabers Keller wurde eingebrochen; Fotos und persönliche Gegenstände seiner verstorbenen Familie entwendet. Wie sich später herausstellt, hören die Parallelen hier noch lange nicht auf: Markus Graf, der Sohn eines Kinderschänders, den Faber vor Jahren in Lübeck in den Knast gebracht hat, lebt seit einem Jahr in Dortmund – und arbeitet in Passiks Reinigungsfirma, die auch die Diensträume der Dortmunder Polizei säubert.
Auch in Martina Bönischs Privatleben gibt es etwas, das sie dringend geheimhalten möchte: Der Callboy, dessen Dienste sie im geheimen in Anspruch genommen hat, ist der Polizei wegen Drogenhandels ins Netz gegangen. Er erpresst Bönisch, um einen Deal mit der Staatsanwaltschaft einfädeln zu können.
Darsteller
Jörg Hartmann («Weissensee») als Peter Faber
Anna Schudt («Alles was recht ist») als Martina Bönisch
Aylin Tezel («Almanya – Willkommen in Deutschland») als Nora Dalay
Stefan Konarske («Same Same But Different») als Daniel Kossik
Thomas Arnold («Allein gegen die Zeit») als Jonas Zander
Robert Schupp («Die Stein») als Hauptkommissar Krüger
Florian Bartholomäi («Der Vorleser») als Markus Graf
Kritik
An einem Film Noir hat sich das deutsche Fernsehen schon oft versucht – und beinahe genauso oft hat es sich dabei bis auf die Knochen blamiert.
Ein Film Noir erfordert ein hohes Maß an künstlerischer Kompromisslosigkeit; schließlich braucht man für dieses Genre einen gebrochenen Helden und eine düstere Grundstimmung. Das sind Dinge, die vielen Produzenten und Senderverantwortlichen hierzulande zuwider sind. Das deutsche Fernsehen ist in der Breite eskapistisch und konservativ. Und selbst wenn man wirklich einmal, der positiven PR im Feuilleton wegen, einen intellektuell scharfen, emotional fordernden, noiren Film machen will: Irgendwo soll es dann doch wieder ein bisschen das sein, was man so für „frauenaffin“ hält, irgendwo soll es doch wieder menscheln. Und alle sind dann völlig überrascht, wenn der Feuilleton das Machwerk, entgegen der Erwartungen, in der Luft zerreißt.
Mit „Auf ewig Dein“ ist es aber nun gelungen. Ausgerechnet bei einem «Tatort», der im regulären Betrieb ja besonders gut darin ist, einen künstlerischen Wert allenfalls vorzutäuschen. Doch am Sonntag sind wir ja nicht in München, Ludwigshafen oder Berlin. Wir sind in Dortmund. Dort, wo sich laut Kommissar Faber die Upper Class dadurch auszeichnet, dass sie die Currywurst mit Messer und Gabel isst.
In der vierten Folge steuern die horizontalen Fäden aus den privaten Lebensgeschichten der Ermittler auf ihren Höhepunkt zu, der Hintergrund tritt gewissermaßen in den Vordergrund: die mysteriösen Umstände, unter denen Fabers Familie zu Tode gekommen ist; die seltsam undefinierte Beziehung von Nora und Daniel; Bönischs Vorliebe für einen Callboy.
Der regelmäßige «Tatort»-Zuschauer mit einem Minimalrest an Anspruch, der auch am Sonntagabend komplexe Charaktere und glaubwürdige Plots erwartet, wird an dieser Stelle geneigt sein, resigniert das Haupt zu senken. Zu oft sind diese dramaturgischen Situationen schon auf bornierte Menscheleien gebürstet worden, dass von emotionaler Tiefe und intellektuellem Anspruch nichts mehr übrig blieb.
Aber in Dortmund ist das anders. Da heult Aylin Tezel nicht im Close-Up volle Möhre in die Kamera, da muss Jörg Hartmann nicht seine Erschütterung in übersteuerten Soundbites monologisieren. Nein, hier entspinnen sich Schock, Trauma und Erschütterung auf ganz andere Weise. Subtil, nahegehend, authentisch, ehrlich. Ohne das Drama ständig durch alberne Keckheiten auflockern zu wollen – und ohne es durch übertriebene Inszenierungen oder zu betonten (und zu infantilisierten) Subtext zu verwässern.
„Auf ewig Dein“ ist eine Höchstleistung aller Beteiligten: Dror Zahavis konsequent kühle, düstere Atmosphäre, die sich einen Dreck um festgefahrene Konventionen schert, Jürgen Werners reduzierte, dynamische Dialoge und das ergreifende Spiel der vier Hauptdarsteller lassen diesen «Tatort» so gut gelingen, wie wahrscheinlich seit Jahren keinen zweiten.
Das Erste zeigt «Tatort – Auf ewig Dein» am Sonntag, den 2. Februar um 20.15 Uhr.