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2.000 Folgen «TV total»: Kommt der lahmende Gaul nochmal auf Trab?

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Seit fast 15 Jahren läuft die Comedyshow nun bereits auf ProSieben - mit klar erkennbaren Verschleißerscheinungen hinsichtlich Quote und Qualität. Doch zuletzt gab es wieder einige schüchterne Lebenszeichen...

In ferner Vergangenheit freute sich der ProSieben-Zuschauer noch auf «TV total». Damals um die Jahrtausendwende herum hatte die Comedy-Show einen frechen, bösen, innovativen und anarchischen Ruf - und kam damit beim überwiegend sehr jungen Publikum des Privatsenders exzellent an. Die wöchentliche Ausstrahlung am Montag lockte im Premierenjahr durchschnittlich 2,36 Millionen Zuschauer vor die TV-Geräte, im Folgejahr waren es sogar weit über drei Millionen Menschen. Beim Sender witterte man die große Chance, ein Format aufzubauen, das den späteren Abend über Jahre hinweg tragen kann und vervierfachte den wöchentlichen Ausstrahlungsumfang. Fortan sollte das Team um Stefan Raab gleich von Montag bis Donnerstag gegen 22:15 Uhr für gute Unterhaltung sorgen. Nach Meinung vieler Fans und Kritiker der Sendung war hiermit der erste Schritt zur inhaltlichen Beliebigkeit getan.

Viele Jahre und noch viel mehr Folgen später feiert die Sendung, die als mutiger Affront gegen das Spießertum und die Medienwelt begann, ihre 2.000 Fernsehausstrahlung. Gut versteckt am späten Donnerstagabend gegen 23:30 Uhr lädt der Moderator, der sich längst vom frechen Newcomer zum einzig großen Sendergesicht entwickelt und diverse weitere Showkonzepte ins Leben gerufen hat, im kleinen Rahmen zum Fest: Dauergast Helge Schneider sowie die vor acht Jahren kurzzeitig im Rahmen der Sendung gecastete Band heavytones Kids sind geladene Gäste, eine große Gala ist nicht zu erwarten. Warum auch, ist man doch in den letzten Jahren immer mehr zum grauen und belanglosen Establishment degradiert, das von vielen ignoriert oder nur noch als harmloses Schlafmittel konsumiert wird.

In der Tat setzte sich Raab spätestens ab dem ersten Tausender mit erstaunlicher Beharrlichkeit gegen jeden frischen Wind in «TV total» zur Wehr: Das Studio hat sich in den letzten zehn Jahren kaum verändert, der regelmäßige Zuschauer kennt inzwischen jeden Winkel in und auswendig. Von neuen dekorativen Elementen hält der gelehrte Metzger nicht allzu viel - wie er bereits mehrfach vor laufender Kamera kundtat, wenn seine Gäste wieder einmal frische Pflanzen auf seinem Schreibtisch platzieren wollten. Einst witzige Rubriken wie der Erstwählercheck oder Die «TV total»-TV-Tipps zum Wochenende wurden so lange durchgedrückt, bis sie auch dem letzten Zuschauer zum Halse raushingen. Doch das alles kam nie an die Absurdität von Ingrid & Klaus heran, die seit Jahren ihre völlig redundante Meinung zum aktuellen Weltgeschehen in die Kamera plappern dürfen - der deutlichen Abneigung fast aller Fans zum Trotz.

Ja, die Entwicklung des Formats entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Längst hat sich dies auch auf die Zuschauerzahlen negativ ausgewirkt: Sahen zu Beginn der wöchentlichen Präsentation noch über zwei Millionen Menschen zu, kommt man seit 2007 im Jahresschnitt nur noch auf unter eine Million. Da man jedoch beinahe schon zur Werbeinsel für Formate der Sendergruppe verkommen ist und auch die noch immer weitgehend erfolgreichen Raab-Events eifrig bewirbt, hat Stefan Raab längst einen Freifahrtschein bekommen. So lange sich die Zuschauerzahlen auf einem einigermaßen annehmbaren Niveau bewegen, kann man letztlich auch ebenjenes substanzielle Nichts der Vergangenheit abliefern. Mit etwas Glück, einer unterhaltsamen Vorlage oder einem guten Gast inmitten der «GNT»- und «Popstars»-Püppchen, die vor einem gelangweilten Host von ihrem langweiligen Schaffen berichten können, entwickelt sich hin und wieder dennoch eine spannende Sendung. Und die restliche Sendezeit sitzt Raab halt gelangweilt am Tisch und stottert schale Gags aus dem Gebiss. Es ist wie in vielen Ehen nach 15 Jahren: Man hat sich an den Partner gewöhnt, die großen Gefühle sind verflogen, Resignation und Gleichgültigkeit haben ihren Platz eingenommen.

«TV total»-Jahresstarts

  • 2011: 0,90 Mio. (6,25 / 11,2%)
  • 2012: 0,80 Mio. (5,2% / 9,9%)
  • 2013: 0,65 Mio. (4,8% / 8,5%)
  • 2014: 0,71 Mio. (4,9% / 9,3%)
Durchschnittswerte aller regulärer Folgen von Anfang Januar bis Mitte Februar.
Doch wenn in diese typisch deutsche Spießerehe auf einmal der heiße Latin Lover eindringt und der hängebrüstigen Sieglinde Komplimente macht, die der bierbäuchige Günther zuletzt vor einem guten Jahrzehnt im Flirt-Handbuch für Fortgeschrittene gelesen hat, kommt in diese emotionslose Bindung plötzlich doch noch einmal etwas wie Leben hinein. Wer Ende Januar auch nur einen Bruchteil von «TV total live aus New York» mitbekam, in dem Raab ungewohnt frisch wirkte und fast schon den Eindruck vermittelte, er habe wirklich Spaß an seinem Schaffen, schaute anschließend mit einiger Wehmut auf diese fünf Tage zurück, als er wieder in die Tristesse des angestammten Kölner Studios zurückgeworfen wurde. So wie die hängebrüstige Sieglinde, deren Latin Lover nach Bolivien abgeschoben wird und sich fortan wieder mit der unzähmbaren Libido ihres bierbäuchigen Günthers zufriedengeben muss. Doch keine Angst: Nach wenigen Wochen haben sich die verkrusteten Strukturen wieder so sehr eingespielt, dass man sich abermals an die Langeweile gewöhnt.

Doch an kleine Strohhalme kann man sich bei Bedarf dann dennoch klammern: Erstmals seit drei Jahren verbesserte man seine Einschaltquoten in den ersten Wochen eines Kalenderjahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum (siehe Infobox), ja sogar inhaltlich lassen sich mit viel gutem Willen Verbesserungen feststellen. Erstaunlich oft waren die Folgen seit der Rückkehr aus der Sommerpause im September sehenswert, es gab deutlich längere und kreativer gestaltete Stand-Ups zulasten einiger träger Promotion-Talks, Stefan ließ sich häufig zu kurzen Gesangsauftritten oder interaktiven Aktionen mit seinem Publikum hinreißen und verließ sogar für den einen oder anderen Einspieler sein Studio - was er seit einer gefühlten Dekade nicht mehr gemacht hat. Ob nur den inzwischen häufig ziemlich schwachen Quoten geschuldet, ob Fingerzeig für die Zukunft oder nur ein letztes Zucken eines bereits hirntoten Patienten auf der Intensivstation: Man sollte diese Momente einfach genießen - und hoffen, dass sie den lahmenden Gaul «TV total» vielleicht doch noch einmal auf Trab bringen.

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