Besonders im Hinblick auf die Grundversorgung scheint die Umstellung problematisch: BR Klassik mit kulturellem Mehrwert würde durch die Verschiebung ins Digitale für wesentlich weniger Hörer senden, während PULS über Antenne große Teile der jungen Zielgruppe unterhalten könnte, um die in Bayern ohnehin schon ein großer Konkurrenzkampf vorherrscht. So viel zur Zielgruppe von PULS – dass viele der deutlich älteren Hörer von BR Klassik auf Internetradio umsteigen, scheint aber zudem unwahrscheinlich und im Hinblick auf deren vorwiegend geringere Medienkompetenz ungerecht, so der Kanon etlicher Medien.
Gegenüber Quotenmeter.de zeigt sich Karlheinz Hörhammer, der Vorsitzende der Geschäftsführung von Antenne Bayern, besorgt. „Die Kommerzialisierung der Programme des Bayerischen Rundfunks hält weiter an. Der bisher so hoch aufgehängte Grundversorgungsauftrag rückt stetig in den Hintergrund. Die noch bessere Gebührenausstattung nach der Umstellung auf die Haushaltsabgabe wird nun genutzt, um weitere massenattraktive Programme auf den Markt bringen zu können. Hierzu wird das attraktive Klassikprogramm in das digitale Ghetto abgeschoben, obwohl man gerade den jüngeren Zielgruppen ein 'digitales Nutzungsverhalten' unterstellen kann“, beurteilt Hörhammer die Pläne des BR. „Mit dieser Maßnahme würde der Bayerische Rundfunk über drei massenattraktive landesweite Radioprogramme (Puls, Bayern1, Bayern3) verfügen, welche die Wettbewerbssituation im Bayerischen Hörfunkmarkt nachhaltig beeinflussen würden und damit die Existenzchancen vieler privater Hörfunkangebote erheblich beeinflussen.“
Im Hinblick auf ein drohendes Ungleichgewicht führt Hörhammer im Gespräch mit Quotenmeter.de weiter aus: „Die duale Rundfunklandschaft in Bayern gerät dadurch in eine erhebliche Schieflage. Man muss sich nur einmal die Frequenz-Leistungs-Ausstattung anschauen: PULS würde mit den UKW-Frequenzen von BR Klassik ausgestattet werden und könnte damit knapp 600 KW ausstrahlen. Zum Vergleich: Der gesamte bayerische Lokalfunk kommt auf 95 KW.“ Neben den Plänen für eine zweite landesweite Jugendwelle verwundere auch, „dass Programme für ältere Bürgerinnen und Bürger in Bayern mehr und mehr aus dem UKW-Portfolio des BR verschwinden. Der demografische Wandel ließe einen anderen Trend vermuten.“
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Die Kommerzialisierung der Programme des Bayerischen Rundfunks hält weiter an. Der bisher so hoch aufgehängte Grundversorgungsauftrag rückt stetig in den Hintergrund. Die noch bessere Gebührenausstattung nach der Umstellung auf die Haushaltsabgabe wird nun genutzt, um weitere massenattraktive Programme auf den Markt bringen zu können
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Antenne Bayern-Geschäftsführer Karl-Heinz Hörhammer im Gespräch mit Quotenmeter.de
Gegenüber Quotenmeter.de betonte Christian Nitsche, Pressesprecher des BR, dass sich der Bayerische Rundfunk in intensiven Gesprächen mit allen Beteiligten befände und zuversichtlich sei, dass die bestehenden Missverständnisse in selbigen ausgeräumt werden können. „Dass öffentlich-rechtliche Sender Wellen für ein junges Publikum auf UKW anbieten, ist im Übrigen bundesweit üblich. Der WDR verfügt zum Beispiel über insgesamt fünf UKW-Wellen, spricht mit 1Live ein junges Publikum an und hat über alle Altersgruppen eine ausgewogene Reichweite von zirka 50 Prozent“, so Nitsche gegenüber Quotenmeter.de. Entsprechende weitere Beispiele seien YouFM des HR, MDRSputnik, N-Joy des NDR, Fritz des RBB oder auch 103.7 Unser Ding des SR. Bayern ist das einzige Bundesland, das keine junge Welle über UKW hat.
Doch nicht nur die Privaten sehen den Plänen des BR mit Sorge entgegen. Der Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) betrachtet das BR-Vorhaben mit „großer Sorge“. Es bestehe „die Gefahr, dass das über Jahrzehnte gewachsene austarierte Gleichgewicht im dualen System zwischen den Hörfunkprogrammen des Bayerischen Rundfunks und denen der privaten Anbieter aus dem Lot gerät.“ Die Verbreitung von PULS über UKW würde „zu einer Wettbewerbsverzerrung auf dem Hörermarkt“ führen. Dem Argument, dass PULS weiterhin werbefrei bleiben würde, entgegnet die BLM, dass „weniger Hörer für die privaten Anbieter automatisch weniger Werbeeinnahmen zur Finanzierung ihrer Programme bedeuten“. Dass weniger Werbung auch mehr Hörer anlockt, steht dabei außer Frage. Des Weiteren würde die Versorgung eines digital konzipierten Programms mit analogen Frequenzressourcen auch einen Schlag für die Entwicklung des digitalen Radios bedeuten.
Noch hat der BR keinen finalen Entschluss getätigt, doch schon jetzt sieht sich die Anstalt mit massiver Kritik konfrontiert, welche bei der Umsetzung der Pläne nur noch größer würde. Eine Realisierung der Idee hätte weitreichende Folgen für das duale System in ganz Deutschland, denn auch in anderen Ländern bestünde sicherlich Interesse an derartigen Frequenzumwidmungen. Die Privaten sowie der BLM werden sich weiterhin gegen die Pläne des BR wehren, eine Entscheidung bleibt abzuwarten. Nach Sicht des BLM sei der Austausch von BR Klassik gegen PULS nach dem Rundfunkstaatsvertrag ausgeschlossen.