Selbstverständlich besteht die Liga nicht nur aus dem lahmen Titelrennen, sondern auch aus dem offenen Kampf um die internationalen Ränge und der bis Platz zwölf verbreiteten Abstiegsangst. Nicht zu vergessen die Anhänger, die die Spiele ihres Vereins auch im grauen Mittelmaß der Liga verfolgen. Anhand der Zuschauerzahlen der im Ersten gezeigeten «Sportschau» am Samstag ab 18:30 Uhr, lässt sich überprüfen, ob es die Sportschaufans abschreckt, wenn der Meister bereits so lange vor dem letzten Spieltag quasi feststeht.
Die durchschnittlichen Sportschau-Quoten (18.-24. Spieltag) im Überblick
- Saison 2013/14: 5,40 Millionen (MA: 22,03%) - Meister: FC Bayern (?)
- Saison 2012/13: 5,43 Millionen (MA: 21,88%) - Meister: FC Bayern
- Saison 2011/12: 5,56 Millionen (MA: 21,98%) - Meister: Borussia Dortmund
- Saison 2010/11: 6,01 Millionen (MA: 23,40%) - Meister: Borussia Dortmund
- Saison 2009/10: 5,22 Millionen (MA: 22,88%) - Meister: FC Bayern
Auffällig hoch waren die Zuschauerzahlen in der Folgesaison 2010/2011, als sich Borussia Dortmund völlig überraschend die Schale sicherte. 6 Millionen Fernsehende sahen, teilweise auch durch die WM angefixt, im Schnitt die Sportinstitution des deutschen Fernsehens. Das brachte dem Ersten damals durchschnittlich 23,4 Prozent Marktanteil ein. Allerdings war auch diese Spielzeit, gemessen an den Geschehnissen an der Tabellenspitze, nur mäßig spannend. Die Borussia hatte zu diesem Zeitpunkt stattliche zwölf Punkte Vorsprung auf den ersten Verfolger. Ist der Grund für die guten Zahlen also die Neugier auf ein Team, das niemand recht auf dem Zettel hatte und trotzdem die Liga aufmischte? Jedenfalls knackte die «Sportscha»u in den ersten sieben Samstagen der Rückrunde vier Mal die 6-Millionen-Marke und verbuchte am 21. Spieltag als Spitzenwert aller beobachteten Saisons tolle 7,02 Millionen Zuschauer. An diesem Sonnabend wurde eine Zusammenfassung des Revierderbys vom Vortag und des Sensationssiegs des 1.FC Köln gegen den FC Bayern nach 0:2-Rückstand gezeigt.
In den anschließenden zwei Runden gab es jedoch einen starken Einschnitt. Verfolgten Anfang des Jahres 2012 durchschnittlich noch 5,56 Millionen Zuschauer Dortmunds Weg zur Titelverteidigung, waren es 2013, im dominanten Triple-Jahr des FCB noch 5,43 Millionen. Wichtig hierbei: Am 19. Spieltag 11/12 hatte der BVB nur zwei Pünktchen Vorsprung auf Platz 2 und Spannung im Kampf um die Meisterschaft war garantiert. In der folgenden Spielzeit grüßten die Bayern dann mit einem Polster von 11 Zählern vom Platz an der Sonne. Da sich die Zuschauerzahlen nur unwesentlich unterscheiden, wird klar, dass die Attraktivität der Liga nicht allein am Titelrennen festzumachen ist.
Zusammenfassend wird deutlich, dass die Begeisterung des Fußballfans für die «Sportschau» nicht von einem spannenden Ringen um die Meisterschaft abhängig ist. Die geringen Verluste an durchschnittlichen Zuschauern und durchschnittlichen Marktanteilen sind zu vernachlässigen. Vielmehr scheint es die Zuschauer anzuziehen, wenn eine Überraschungsmannschaft wie Dortmund 2011 den polarisierenden Bayern die Stirn bietet. Im Sommer steht wieder eine WM an, die das Interesse der mäßig Fußballinteressierten wieder exponentiell steigern könnte. Falls die von vielen Experten prophezeite Dominanz des Rekordmeisters jedoch über Jahre anhält, würde das wohl auch die «Sportschau» zu spüren bekommen.