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Die Zukunft von VOX: Ohne Mut aus der Krise

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Sinkende Marktanteile, mehrere Problemfälle in der Primetime. Aus dem einst strahlenden VOX ist längst ein kleines Sorgenkind geworden. 2014 fehlt es zudem an frischen Ideen. Eine Analyse.

Mehr dazu bei Quotenmeter.FM

In der aktuellen Ausgabe von Quotenmeter.FM widmen sich Manuel Weis und Christian Richter noch einmal ausführlich der Zukunft von VOX. Verfügbar ist der Podcast hier.
Wurde früher über den Sender VOX berichtet, handelte es sich fast ausschließlich um Erfolgsmeldungen über Rekordmarktanteile bei den nachmittäglichen Scripted Realitys, zweistellige Werte bei Prime-Time-Serien oder immer neue Höhenflüge von Daniela Katzenberger. In jüngster Zeit aber verschwanden solche Nachrichten fast vollständig und eine Hiobsbotschaft reiht sich an die andere. Am Abend versagen beispielsweise die US-Importe, neue Doku-Reihen wollen nicht zünden und selbst das bisher verlässliche «Perfekte Dinner» bereitet mittlerweile Probleme. Irgendwie scheint seit etwa einem Jahr der Wurm beim Unternehmen drin zu sein. Bezeichnenderweise deckt sich diese Zeitspanne auffallend genau mit dem Weggang von Senderchef Frank Hoffmann und der Amtsübernahme durch seinen Nachfolger Bernd Reichart.

Sicher, für den allgemeinen Abwärtstrend von Scripted-Reality-Formaten, für die Abnutzungserscheinungen von langjährigen Erfolgsgaranten oder für das überraschende Desinteresse an Serienwiederholungen trägt er nicht die alleinige Verantwortung. Schließlich haben mit solchen Problemen auch die anderen Konkurrenten zu kämpfen. Verantwortlich ist er jedoch dafür, wie mit diesen Entwicklungen umgegangen wird. Auf der Präsentation des Programms für die kommenden Monate, die Anfang März in Berlin stattfand, offenbarte er kürzlich dafür seine künftige Taktik. Sie scheint aus drei wichtigen Komponenten zu bestehen: Aushalten, wenig riskieren und auf Fehler der Mitbewerber bauen.

VOX-Monatsmarktanteile seit August 2013

  • August: 7,3%
  • September: 7,6%
  • Oktober: 7,2%
  • November: 7,4%
  • Dezember: 7,0%
  • Januar: 6,9%
  • Februar: 6,6%
Es handelt sich um die Monatsmarktanteile in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen
Wie dramatisch die Lage ist, zeigen allein die nackten Zahlen: Die vergangene Saison konnte man noch mit einem Zielgruppen-Marktanteil von 7,9 Prozent abschließen und den Abstand zu den großen Sendern auf einen Tiefstand von 1,7 Prozent verkürzen. Dies lag zwar nicht nur an der Stärke von VOX, sondern ebenso an der Schwäche der anderen Anbieter (vor allem von Schlusslicht Sat.1), beachtlich war diese Leistung dennoch. Aktuell allerdings droht der Senderschnitt erstmals seit 2006 in der klassischen Zielgruppe dauerhaft die 7-Prozent-Marke zu unterschreiten. Ob sich die aktuelle Schwäche tatsächlich nur durch die starke Konkurrenz von Dschungelcamp und Olympia zu Beginn des Jahres erklären lässt, wie es Reichart in Berlin versuchte, ist eher zweifelhaft. Schließlich setzte der Abstieg schon deutlich früher ein und beide Ereignisse belegten jeweils nur zwei Wochen, die zudem unterschiedliche Timeslots betrafen. Vielmehr scheint man an einem Punkt angekommen zu sein, den die große Schwester RTL vor einiger Zeit schon erreicht hat. Die Zuschauer haben die ewig gleichen Sendungen mit redundanten Themen und Strukturen über. Durch Abwechslung und Innovationsfreude war das Haus zuletzt wahrlich nicht aufgefallen.

Dieser Eindruck verbleibt auch nach der Vorstellung der neuen Highlights, denn abgesehen von der Einführung einiger Miniserien (u.a. «Der Anwalt des Teufels») wurden kaum frische Ideen kommuniziert. So bekommt Tierexperte Martin Rütter noch eine weitere Sendung, in denen er mit Hundebesitzern sprechen kann. Das ohnehin überstrapazierte Kochportfolio wird um eine Backshow erweitert und Neuzugang Jorge Gonzalez präsentiert ein Coaching-Programm, das stark an eine Mischung aus «Shopping Queen» und dem Mega-Flop «Bruce» erinnert. Zu den täglichen Bewertungen von Dinnergesellschaften, Modeoutfits und Traumhochzeiten, kommen in «Mein himmlisches Hotel» nun noch Hotelzimmer hinzu, während Vorgartenwüterich Detlef jetzt auch im Urlaub schimpfen darf. Das sind allesamt keine Ideen, die vor Selbstvertrauen strotzen. Das sind Konzepte, die sich ohne jegliches Wagnis auf bisherigen Erfolgsschemen ausruhen. Schemen, die aber immer weniger gut angenommen werden.

Lieber konzentriert man sich mit «Sing meinen Song – Das Tauschkonzert» auf ein aufwendiges Experiment, das wenig Potential für einen großen Hit hat. Wieso realisiert man in einer Zeit eines allgemeinen Misstrauens gegenüber Wirtschaftsbossen mit «Die Höhle der Löwen» ein Unternehmer-Casting - zumal ähnliche Versuche wie «Big Boss» oder «Die beste Idee Deutschlands» zuvor bereits grandios scheiterten? Zu einer allgemeinen Mutlosigkeit bei den Verantwortlichen gesellen sich also noch fragwürdige Entscheidungen hinzu.

Die Aufzählung solcher nicht nachvollziehbarer Maßnahmen lässt sich problemlos fortsetzen: Die clevere US-Serie «Suits» wird zwischen Standard-Krimis platziert. Das recht unterhaltsame, aber nur mäßig beliebte Quiz «Wer weiß es, wer weiß es nicht?» ersetzt das erfolgreiche «Verklag mich doch!» und erhält einen Slot ausgerechnet in der Doku-Leiste. Aushängeschild Daniela Katzenberger taucht kaum noch im Programm auf und mit dem Umbau des eigentlich unverwüstlichen Auto-Klassikers «auto mobil» verstößt man selbst eingefleischte Fans. Die Folge sind vermehrt hektische Umprogrammierungen, Formatverkürzungen und vorzeitige Absetzungen.

Im Moment fehlt es also an einem cleveren Krisenmanagement und dem Mut, neue Ideen ernsthaft auszuprobieren. Das müssen nicht gleich große TV-Revolutionen sein, doch etwas Abwechslung wird nicht schaden können. Muss beispielsweise fast jedes Konzept in einer Punkte-Bewertung gipfeln? Am Abend könnte dem Kanal eine neue Programmfarbe abseits von vorhersehbarem Reality-Einerlei und ewig gleicher Krimi-Ware nicht schaden. Die einstige Idee, einen Comedyblock rund um «Anger Management» zu etablieren, gilt bedauerlicherweise längst als verworfen. Dazu wird es nötig sein, sich innerhalb der RTL Group bei der Verteilung von Lizenzware stärker durchzusetzen. Ein Drama wie «The Blacklist» hätte beispielsweise eine tolle Ergänzung für das VOX-Lineup sein können. Stattdessen bekommt man den Zugriff auf aus programmplanerischer Sicht schwierige Produktionen wie «Dracula» und «King & Maxwell», die jeweils nur über zehn Episoden verfügen.

Eines ist sicher, wenn es VOX nicht schnell gelingt, die Dauerserie an Misserfolgen zu beenden, wird nicht nur der Sender längerfristig Schaden nehmen und die beachtlichen Erfolge der vergangenen Jahre einreißen, sondern dann wird es auch für Bernd Reichart eng. Er muss nun beweisen, wie er dem Trend entgegenwirken kann. Seine bisherigen Handlungen lassen allerdings wenig Grund für Optimismus.

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