Sonntagsfragen

Alexander Adolph: 'Solche Ermittler 'gab's noch nicht'

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Im Quotenmeter-Interview spricht Regisseur und Drehbuchautor Alexander Adolph unter anderem über sein Projekt «München Mord» im ZDF, seinen Wechsel vom Hörspiel zum Fernsehfilm und künftige Ausflüge auf die Kinoleinwand.

Herr Adolph, Krimis sind in der Primetime des ZDF längst eine Institution und manche Zuschauer fordern bereits mehr Abwechslung. Wie hebt sich «München Mord» von den anderen Kriminalgeschichten im ZDF ab?

Zur Person

Der am 10. November 1965 in München geborene Alexander Adolph schrieb bereits während seines Studiums der Rechtswissenschaten an der Ludwig-Maximilian-Universität Hörbücher und Features. Seit Mitte der 90er ist er als freier Regisseur und Drehbuchautor tätig. Unter anderem zeichnete er für diverse «Tatort»-Teile verantwortlich und entwickelte die ZDF-Reihe «Unter Verdacht» mit. Auf der Kinoleinwand feierte er mit dem Horrorfilm «Der Angestellte» und «So glücklich war ich noch nie» Erfolge.
«München Mord» hat eine eigene Erzählweise und sehr eigene Charaktere. Und wir kommen da aus einer bayerischen Tradition, die auf der einen Seite eine große Komik birgt, auf der anderen Seite aber auch sehr ernst ist. Personenspezifisch erzählen wir von drei Menschen, die jeder für sich eine sehr spezielle Art haben, das Leben zu sehen und zu meistern. Und ich glaube, solche wie die drei gab’s noch nicht.

Kann es denn überhaupt genug Krimis geben?
Wir sind ein sehr krimiaffines Land mit jeder Menge Krimiformaten. Sodass ich mir manchmal denke: So populär wie Kriminalfilme bei uns sind, müsste eigentlich der Traumberuf der meisten jungen Deutschen der des Polizisten sein. Ich glaube aber für die meisten Zuschauer ist der Krimi eine Möglichkeit, die eigene Realität zu reflektieren – in spannenden, überraschend erzählten Geschichten. Und davon kann man nicht genug haben.

In gewisser Weise war die Arbeit von Musiker und Entertainer Helge Schneider ein Vorbild für das Drehbuch. Können Sie das näher erläutern?
Helge Schneider, den meine Koautorin Eva Wehrum und ich sehr verehren, vertritt eine sehr traditionsreiche, anspruchsvolle Art von Musik, den Jazz. Und er verpackt einen kompositorischen Anspruch und spielerische Virtuosität in Komik, so dass sie leicht wirkt und das Publikum immer noch mit etwas besonderem beschenkt. In erzählerischer Hinsicht finden wir das sehr vorbildlich. Weil es extrem schwer ist, leicht zu sein.

Was bietet München als Schauplatz, das andere Städte nicht haben? Inwiefern übt die Stadt München Einfluss auf «München Mord» und seine Figuren aus?
Ich glaube München und Bayern, überhaupt das Süddeutsche, haben, auch im Theater, einen ganz traditionellen Platz, und oft verbindet man den ja mit einer Art der Komik und der Heiterkeit. Das Interessante ist, dass sich unter dieser scheinbar heiteren Oberfläche, der Gemütlichkeit, der Idylle noch ganz andere Dinge verbergen. Und das macht auch das Abgründige der Münchner Erzähltradition aus. Insofern ist München fast schon ein mythischer Ort. Besonders für einen Münchner wie mich.

Gab es für die kantigen Hauptfiguren konkrete Vorbilder? Wo finden Sie die Inspiration für Ihre Charaktere?
Im Leben. Wenn man von Polizisten erzählt, muss man sich auch mit Polizisten befassen. Und wir haben viele Leute getroffen: Ermittler und Streifenpolizisten mehrerer Bundesländer, Mitarbeiter von Mord-und Wirtschaftsdezernaten, Landes und Bundeskriminalämtern wie Beamtinnen und Beamte des Münchner KDD. Und wir finden es in dem Zusammenhang auch sehr wichtig zu zeigen, wie sehr der Beruf des Polizisten sein Privatleben bestimmt. Lange Arbeitstage, harter Schichtdienst, Extremsituationen und Begegnungen mit Tod und Schmerz, die zum Alltag gehören, lassen einen am Feierabend anders da sitzen, als nach einem Tag im Büro.

Unsere Kritik zu «München Mord»

Seine jüngste Krimireihe präsentiert das ZDF als „Ausflug in eine Welt, hinter derer idyllischer und volkstümlicher Fassade sich ein Abgrund aus Habgier, Niedertracht und Hass auftut“. Nach Betrachten des 90-minütigen Werks dürfte sich der gemeine Zuschauer nicht ganz sicher sein, ob mit dieser Ankündigung der Film oder doch eher die politisch durchtränkten Gremien des Senders gemeint waren. Dabei scheitert der Pilot zu «München Mord» mehr an den eigenen Ansprüchen, als im Vergleich mit anderen Produktionen des ZDF.
Kevin Kyburz
Liegt Ihnen eine Figur der Reihe besonders am Herzen?
Angelika, Harald und Ludwig habe ich alle drei sehr lieb, jeden auf seine Weise. Und beim Schreiben liegt mir immer derjenige am meisten am Herzen, welcher gerade den größten Mist baut oder sich in die größte Gefahr begibt.

Sie begannen ursprünglich als Autor von Hörspielen und Features. Wie kamen Sie zu den Fernsehfilmen?
Film war und ist meine ganz große Leidenschaft, das hat mich meine ganze Jugend lang beschäftigt. Später habe ich Jura studiert, während des Studiums aber auch schon geschrieben. Und nach dem zweiten Staatsexamen lernte ich den Regisseur Markus Fischer kennen, mit ihm zusammen schrieb ich eine Satire. Und dann hatte er den Auftrag für einen WDR-«Tatort» und ich durfte das Buch dazu schreiben. Das war der «Tatort» „Der Spezialist“ mit Martin Lüttge und Roswitha Schreiner.

Ist ihnen dieser Fall besonders in Erinnerung geblieben und würden Sie ihre Beiträge zur «Tatort»-Reihe als wichtigsten Eckpfeiler ihrer Karriere bezeichnen?
Dieser «Tatort» war mein Einstieg in den Beruf. Insofern war es sogar ein Grundstein. Und es war interessant zu sehen, dass mir der Krimi eine große erzählerische Freiheit eröffnet hat. Oft hat man da ja als Ausgangspunkt eine böse Tat und am Ende wird diese Tat dem Bösewicht zugeordnet, es gibt Strafe und Sühne und die Wiederherstellung der Ordnung. Ich finde es interessant, diese einzelnen Elemente auseinander zu nehmen und neu zusammen zu setzen, mit Mustern von Moral und mit Erzähl- und Sehgewohnheiten zu spielen.

Mit Ausnahme eines Drehbuchs von Kollegin Eva Wehrum, führten Sie nur bei ihren eigenen Büchern Regie. Haben Sie gern die volle Kontrolle über ein Projekt?
Als Autor ist man mehr in der Situation eines Zuschauers. Bloß, dass man ein leeres Blatt vor Augen hat und sich darauf eine Geschichte ausdenkt.
Alexander Adolph
Ja, das ist etwas Schönes. Wobei ich nicht den Beruf des Autors gegen den des Regisseurs ausspielen will. Das sind ganz eigene Felder. Als Autor ist man mehr in der Situation eines Zuschauers. Bloß, dass man ein leeres Blatt vor Augen hat und sich darauf eine Geschichte ausdenkt. Da erschafft man eine Erzählwelt, einen kleinen Kosmos.Als Regisseur hat man diese Welt in Drehbuchform durchdrungen und holt sie mit den Schauspielern, der Kamera, dem Licht, dem Ton, dem Szenenbild, der Montage ins bewegte Bild. Und wenn ich der Regisseur meiner Stoffe bin, kann ich sicher sein, dass der Regisseur meine Vision verstanden hat. Das ist ein Vorteil. Aber ich mag auch die Begegnung und Reibung mit anderen Regisseuren, anderen Autoren.

Von einer Idee bis zu einem Film oder einer Reihe ist es ein langer Weg. Können Sie den Prozess zwischen einer neuen Idee und ihrer Umsetzung beschreiben?
Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Entwicklungen die dauern Jahre - und das hängt auch mit den Produktionsprozessen und Finanzierung zusammen. Bevor ich anfange zu schreiben, muss ich Bilder vor Augen haben, die mich interessieren. Und dann ist es mir wichtig einen Anfang zuhaben, von dem ich mir bereits vorstellen kann, dass er eine Geschichte ergibt, deren Ausgang ungewiss ist, und die mich so reizt, dass ich weiter erzählen will.

Ist nach dem Erfolg, den beispielsweise «Der Angestellte» hatte, ein weiterer Ausflug auf die Kinoleinwand angedacht, oder gibt es sogar schon konkrete Pläne? Was sind sonst aktuell laufende Projekte?
Ja, ich möchte im nächsten Jahr gerne wieder etwas fürs Kino machen. Vorher inszeniere ich einen Niedersachsen-«Tatort» mit Maria Furtwängler. Und diesen Sommer sendet der BR „Morgengrauen“ einen «Polizeiruf», den ich geschrieben und inszeniert habe. Und es geht um einen, der die Liebe seines Lebens findet und plötzlich denkt: „Um Gottes Willen. Das ist ja womöglich eine Mörderin.“ Und dann versucht er diese Zweifel auszuräumen und das ist keine besonders gute Idee. Ich hatte das Glück, einen phantastischen Cast dafür zu gewinnen.: Matthias Brandt, Sandra Hüller, Axel Milberg und Andreas Lust und ich bin sehr gespannt, wie es den Zuschauern gefallen wird.

Herr Adolph, vielen herzlichen Dank für das Interview!

Kurz-URL: qmde.de/69824
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