Die Kritiker

«Frauchen und die Deiwelsmilch»

von  |  Quelle: Inhalt: ARD

Die ARD hat ihr «Helden» gefunden: einen Totalausfall an allen Fronten, nur nicht so teuer. Eine Rezension von Julian Miller.

Hinter den Kulissen

  • Produktion: MOOVIE - the art of entertainment
  • Drehbuch: Holger Badura
  • Regie: Thomas Bohn
  • Kamera: Andreas Doub
  • Produzenten: Oliver Berben und Heike Voßler
Inhalt
Miri ist zwar blond, aber eben nicht blöd und arbeitet bei der Hattensteiner Stadtbank. So ganz nebenbei ist sie die auffälligste Erscheinung in der idyllischen Pfalzstadt: Grell gekleidet mit beeindruckender Figur: Eine Stilikone, die wirkt, als ob sie sich in die Provinz verirrt hätte. Und deswegen natürlich den Neid ihrer Kolleginnen der Stadtbank provoziert. Denn Miri weiß sich nicht nur optisch gekonnt in Szene zu setzen: Sie ist ein schlichtes Zahlengenie, das dem Bankchef Fouquet bei Durchsicht der Bilanzen immer wieder diskret unter die Arme greift. In Sekundenschnelle kann Miri Kontobewegungen, Telefonnummern und andere Ziffern vor ihrem geistigen Auge vorbeirasen lassen und zueinander in Beziehung setzen.

Diese Eigenschaft lässt sie stutzig werden, als plötzlich nicht mehr eins zu eins passt und die ehrwürdige Stadtbank als Instrument für ein abgefeimtes Verbrechen benutzt werden soll. Die ansonsten sehr gutmütige Miri wird zum Gegenwind. Und genau den haben Bürgermeister Runge und seine Kumpanen, die nicht nur gerne in ihrer Freizeit Fasanen erlegen, sondern sich auch von gut bezahlten „Masseurinnen" bedienen lassen, nicht erwartet. Miri, die von ihnen allen unterschätzte „blonde Wuchtbrumme", legt sich quer. Allerdings weitaus unangenehmer, als die Herren es sich wünschen.

Geholfen wird Miri dabei von einem herrenlosen Dackel, der zuvor nur knapp Bürgermeister Runges Gewehrlauf entkam. In Verdrehung der Tatsachen gibt Miri dem gewitzten Rüden den Namen „Frauchen". Frauchen und Miri verbinden zwei Dinge: glänzende Intuition und provozierende Unbestechlichkeit. Und eine tiefe Zuneigung zueinander, die Miri sich anfangs gar nicht erklären kann. Als Frauchen Miri zu der Leiche des Winzers Bartolomä führt, scheint plötzlich in dem beschaulichen Ort Hattenstein alles möglich.

Sogar ein Mord.

Darsteller


Daniela Katzenberger («Daniela Katzenberger – Natürlich Blond») als Miri
Klaus Zmorek («Verbotene Liebe») als Runge
Carlos Lobo («Unser Mann im Süden») als Fouquet
Tim Morten Uhlenbrock («Der Schwarzwaldhof») als Kai
Carmen Birk («Im Angesicht des Verbrechens») als Nadja
Sebastian Becker («Mein Vogel fliegt schneller») als Achim
Jürgen Rißmann («Heiter bis tödlich – Henker & Richter») als Onkel Stefan

Kritik


Unweigerlich eilt Daniela Katzenberger ihr Ruf voraus: Sie ist ein Paradebeispiel für all die Famous-for-being-Famous-People, die in der Öffentlichkeit stehen, weil sie eben in der Öffentlichkeit stehen, und deren Karrierestatus man am treffendsten mit „kurz vorm Dschungelcamp“ umschreibt.

Obwohl man bei den Öffentlich-Rechtlichen, sicherlich auch mit Blick auf Formate wie «Natürlich Blond!», Sender wie RTL damit anpöbelt, dass deren Programm sich ausschließlich zwischen „banal und anal“ bewege, gibt auch die ARD dem It-Girl-Personal aus dem Reich des Privatfernsehens mittlerweile gerne eine Heimat. Auftritt «Frauchen und die Deiwelsmilch» mit Daniela Katzenberger. Man wird die Vermutung nicht los, dass die Idee zu dieser Besetzung unter dem (an sich richtigen) Gedankenmuster „Wir brauchen jüngeres Publikum“ entstand – und man schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, wenn man an diesem Film sieht, wie sich der SWR die Vorlieben der Prä-Pensionierungs-Zuschauerschaft so vorstellt.

Daniela Katzenberger ist keine Schauspielerin. Das weiß der SWR, das weiß die ARD, das weiß Oliver Berben, das weiß MOOVIE, das weiß das Publikum, das wissen die Kritiker – und am besten weiß das wahrscheinlich die Katzenberger selber. Die Erwartungshaltung ist bei jedem, der noch alle Tassen im Schrank hat, auf einen Wert nahe Null heruntergeschraubt. Niemand geht davon aus, dass «Frauchen und die Deiwelsmilch» auch nur annähernd an der qualitativen Spitze des deutschen Fernsehfilms anzusiedeln sein wird. Man hofft lediglich, ihn am Schluss als „ganz erträglich“ beschreiben zu können, und dass die eineinhalb Stunden ein bisschen keck, ein bisschen selbstironisch, vielleicht sogar ein bisschen lustig werden.

Doch sogar diese Minimalerwartungshaltung, dieser kleine Rest Hoffnung, eine Hauptrolle mit Katzenberger zu besetzen, könne ja nicht im völligen Desaster enden, schließlich wird der Frau eine große Menge Charisma nachgesagt, wird bitter enttäuscht. Mit «Frauchen und die Deiwelsmilch» hat die ARD ihr «Helden» gefunden, einen Totalausfall geliefert, der mit Pauken und Trompeten durchfällt, bei dem man in den schwächeren Momenten zum ehrlichen Urteil kommt, mit Christine Neubauer wäre es deutlich besser geworden.

Von Selbstironie spürt man hier nichts. Keine Konterkarierung der Persona Katzenberger, kein augenzwinkernder Blick auf die Besetzungspolitik, kein Spiel mit den Klischees, sondern eben: Klischees. Katzes Miri ist, Zitat: Pressetext, „blond, aber eben nicht blöd“ und kann mit Zahlen nur umgehen, solange sie nicht nachdenkt; die Lokalpolitiker haben Dreck am Stecken und wollen den kleinen Mann nach Strich und Faden ausbeuten, die Dackel sind süß, die Landschaften hübsch und der Plot eindeutig Marke Degeto. Augenzwinkern, Selbstironie, eine sich konterkarierende zweite Ebene lassen sich nur rudimentär finden, nur soweit nötig, um nicht vollends in der Lächerlichkeit zu enden.

Stattdessen geht es darum, die üblichen Anforderungen zu bedienen. Man will lokal (in diesem Fall: pfälzisch) sein, einfache moralische Antworten auf einfaches moralisches Fehlverhalten entwickeln, trotz mancher Bösis eine an sich funktionierende heile Welt inszenieren, die sich am Schluss gegen die trotteligen Verbrecher behaupten wird, und Klischees paraphrasieren statt konterkarieren.

Nein, dieser Film hat keinen Charme, keinen Esprit, keinen Witz. Er wirkt von Anfang bis Ende so künstlich wie Katzenbergers angepappte Fingernägel, so penibel durchchoreographiert wie ihr Medienimage. Kein Funke springt über, kein Gag zündet, keine Szene wirkt auch nur halbwegs clever. Und mit seiner banalen, völlig unspektakulären, kaputtdegetoisierten Handlung, seinen platten Figuren und der geballten Einfallslosigkeit taugt er nicht einmal als zünftiger Trashfilm.

Das Erste ziegt «Frauchen und die Deiwelsmilch» am Donnerstag, den 10. April um 20.15 Uhr.

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