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Kaya Yanar erläutert im Express den Unterschied zwischen seiner neuen Sendung und der «heute-show».
Als der 40-Jährige 2001 bei Sat.1 seine Comedyshow «Was guckst du?!» startete, war das Thema Ethnocomedy noch unverbraucht, und so hatte Kaya Yanar mit seiner Mischung aus einigen, wenigen tagesaktuellen Gags und zahlreichen Sketchen und verbalen Seitenhieben auf die Multikulti-Gesellschaft ein Alleinstellungsmerkmal im hiesigen Fernsehen. Seither folgten jedoch zahlreiche Komiker seinem Vorbild. Und mit Bülent Ceylan feiert seit einiger Zeit ein anderer Türkdeutscher bei RTL beachtliche Quotenerfolge mit einer Show, die konzeptuell eine Art „modernes“ «Was guckst du?!» darstellt.
Raum genug für eine weitere Ethno-Comedyshow wäre im RTL-Programm dennoch gegeben: Ende 2013 versuchte Kaya Yanar, sich mit «Typisch deutsch?! Die Kaya-Show» wieder in dem Genre zu behaupten, das er begründete – und hatte Erfolg. Die Marktanteile bei den 14- bis 49-Jährigen lagen bei vier von sechs Episoden über dem Senderschnitt, die gefragteste Folge kam sogar auf tolle 19 Prozent. Eine Fortführung dieses Formats wäre zweifelsohne drin gewesen.
Stattdessen lässt Kaya Yanar nun in «Geht's noch?! Kayas Woche» seine humorige Völkerverständigung weitestgehend hinter sich. Dafür belebt er mit sichtbar großer Freude den 90er-Comedy-Wochenrückblick wieder. Ein Hauch «TV total» aus der Zeit, als es noch wöchentlich lief, eine Prise «Wochenshow» und all dies umgesetzt mit Kaya Yanars verschmitzter Persönlichkeit: Einen Innovationspreis gewinnt diese Mixtur so leicht nicht, jedoch lockt es Kaya Yanar aus seiner Komfortzone heraus und füllt darüber hinaus behände eine Lücke in der aktuellen TV-Comedywelt.
Anders als die satirische Nachrichtenpersiflage «heute-show» geht «Geht's noch?! Kayas Woche» sehr spielerisch auf die Ereignisse der vergangenen Tage ein. Zum Beispiel: Als Antwort darauf, dass Silvio Berlusconi Sozialstunden im Altersheim leisten muss, geht Kaya in einem Einspieler ebenfalls ins Altersheim und hilft für einen Tag als leicht chaotischer Mitarbeiter beim Verpflegen und Unterhalten der Bewohner. Die sinkenden ADAC-Mitgliederzahlen dagegen kommentiert Kaya mit einem Musikvideo sowie einem Einspieler, in dem negative Straßenumfragen-Aussagen in werbetaugliche Statements umgemünzt werden.
Zusätzlich zu den Einspielern und Kayas Stand-ups kommen eine kurze Internetkolumne der YouTuberin Joyce Ilg, die gemeinsam mit Kaya kuriose Webseiten und Apps bespricht, sowie der obligatorische Talk mit einem prominenten Gast. In der Premiere gesellte sich Max Giermann zu seinem Comedykollegen, um augenzwinkernd mit seinen Schauspielkünsten zu prahlen, im Finale der Folge lieferte sich zudem Tedros „Teddy“ Teclebrhan mit den beiden Comedians einen Tanzwettbewerb.
Die Premiere dieser so sehr im 90er-Stil gehaltenen Comedyshow holte ab 23 Uhr bei RTL 2,25 Millionen Zuschauer und solide Marktanteile in der Höhe von 13,0 Prozent insgesamt und 15,2 Prozent bei den Umworbenen. Es wird spannend sein, zu verfolgen, wie sich diese Werte noch entwickeln. Werden sie steigen, sobald sich herumspricht, dass Kaya Yanar mit Esprit und großer Energie ein typisches 90er-Konzept wiederbelebt? Oder will das RTL-Publikum allein die von Bülent Ceylan neu geprägte Ethno-Comedy sehen?