Cast und Crew
Vor der Kamera:Florian Lukas («Weissensee») als Jens Jensen, Theresa Underberg («Es kommt noch dicker») als Insa Scherzinger, Sophie Dal als Süher Özlügül, Matthias Matschke («Pastewka») als Wolfgang Habendank, Tayfun Bademsoy («Ein starkes Team») als Günesh Özlügül
Hinter der Kamera:
Regie: Dominic Müller, Drehbuch: Arne Nolting und Jan Martin Scarf, Musik: Dirk Leupolz, Schnitt: Günter Schultens, Szenenbild: Simon Schläger, Produktionsfirma: Eyeworks Germany GmbH
Mit «Friesland» startet nun eine neue regulär auf dem Plan stehende Krimireihe beim Mainzer Sender, die im nördlichen Teil Deutschlands angesiedelt ist. Ähnlich wie einige Vorabendserien der Kollegen von der ARD nimmt sich diese ZDF-Primetimereihe der Thematik an, wie es aussieht, wenn ländliche Streifenpolizisten es unerwartet mit Mordfällen zu tun bekommen, die ihre Kompetenzen übersteigen. Doch diese Eyeworks-Produktion schlägt einen anderen Ton an als die beiläufig erzählten Schmunzelkrimis, die im Ersten am Vorabend laufen: Sowohl die Kriminalfälle als auch der Humor kommen mit viel mehr Biss daher – und führen somit vor, dass das überreizte Genre des Lokalkrimis weiterhin fesche Reize ausstrahlen kann.
Dabei wirkt die Premierenausgabe «Friesland – Mörderische Gezeiten» auf dem ersten Blick wie ein ganz durchschnittlicher, normaler Lokalkrimi: Im Mittelpunkt stehen mit den Dorfpolizisten Jens Jensen und Süher Özlügül zwei gänzlich unterschiedliche Typen, die dennoch zusammenarbeiten müssen. Während Süher eine ehrgeizige, effizient arbeitende Frau ist, die mitunter zu temperamentvoll und ungeduldig auftritt, ist ihr Kollege Jens ein chaotischer, bequemer Mann irgendwo zwischen Phlegmatismus und Pragmatismus. Er ist glücklich mit seinem Leben als Streifenpolizist in einer ungefährlichen Gegend, wo Radarkontrollen zum brisanten Höhepunkt der Woche zählen und mitunter auch Freundschaftsdienste eingefordert werden. Süher dagegen fühlt sich redlich unterfordert und möchte die Eintönigkeit gerne gegen mehr Spannung und Gefahr eintauschen.
Die große Chance dazu erbietet sich Süher, als die junge Hausfrau Elfie Berger in ihrer Wohnung tot aufgefunden wird. Voller Tatendrang steigert sie sich in den Fall ein, bringt zudem selbst Jens dazu, sich für die Ermittlungen zu interessieren. Nicht, dass sie all zu große Überzeugungsarbeit hätte leisten müssen – immerhin handelt es sich bei Elfie um die Frau eines alten Kumpels. Der Chef des Duos tut Elfies Tod aber als Selbstmord ab und unterbindet so zunächst das Engagement von Süher und Jens. Allerdings stechen ihnen reichlich fragwürdige Spuren ins Auge, weshalb sie nicht locker lassen …
Im Gegensatz zu anderen Lokalkrimis belässt «Friesland – Mörderische Gezeiten» das Lokalkolorit nicht allein auf die Verwendung des örtlichen Dialekts und eine seichte Behandlung des Themas, dass auf dem Land wenig los ist. Hier fließt letzterer Ansatz gewieft mit in die Charakterisierung ein: Der von Florian Lukas mit gemütlichem Charme verkörperte Jens Jensen mag das Dasein als Dorfpolizist nicht nur, weil es ungefährlich ist, er erachtet es auch als Herausforderung, stets unter Freunden ermitteln zu müssen und geht daher bewusst mit Fingerspitzengefühl vor. Damit wird «Friesland» der Arbeit von Streifenpolizisten gerecht – und bietet gleichermaßen dramatisches wie komödiantisches Potential im Zusammenspiel von Jens und seiner den Polizeidienst anders auffassenden Kollegin. Sophie Dals Figur der Süher Özlügül ist neben ihm nämlich keine flache Karikatur, die sich dauernd über den öden Alltag auf dem Land beschwert, sondern eine rund charakterisierte, engagiert gespielte Powerfrau.
Da beide Figuren kompetent sind, kann es sich «Friesland – Mörderische Gezeiten» auch erlauben, seinen zentralen Mordfall ernster zu nehmen als die meisten Krimis mit regionalem Einschlag. Wäre es bei vielen «Heiter bis tödlich»-Serien unglaubwürdig, würden die schusseligen Ermittler einen komplexen Fall lösen, ist es bei Jens und Süher plausibel, wenn sie sich trotz mangelnder Erfahrung durch knifflige Aufgaben kämpfen. Und dieser Fall ist tatsächlich nicht ohne und lädt mit falschen Fährten und undurchsichtigen Nebenfiguren zum Mitraten ein. Der Anspruch, den die Macher an das Krimi-Element erheben, spiegelt sich auch in der Inszenierung wieder, die mit einer dunkleren Farbpalette arbeitet, als bei Lokalkrimis gewohnt. Und trotz dieses finsteren Anstrichs bleibt «Friesland – Mörderische Gezeiten» dank der viel Wortwitz zeigenden Hauptfiguren und behutsam eingesetzten Übertreibungen in der Darstellung des Geschehens auch durchgehend amüsant. Wenn Jens' und Sühers Vorstellungen dessen, wie sich die Tat abgespielt hat, im überstilisierten «CSI»-Look daherkommen, wird mit gutem Witz klar: Auch diese Streifenpolizisten lassen sich von US-Serien einreden, wie die Polizeiarbeit aussieht.
Angesichts des primetimetauglichen, für Schmunzelkrimis ungewöhnlich dunkel-realistischenen Looks und des publikumsträchtigen Sendeplatzes sollte «Friesland» bereits zum Start eine ansehnliche Reichweite generieren können. Die Qualität der Premiere macht obendrein Hoffnungen auf solide Werte, sobald neue Fälle über die Mattscheiben flimmern – denn diese Reihe hat das Zeug dazu, selbst die Schmunzelkrimi-Muffel unter den Krimi-Freunden dauerhaft anzusprechen.
«Friesland – Mörderische Gezeiten» ist am 3. Mai 2014 um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.