Hinter den Kulissen
- Produktion: Filmkombinat Nordost GmbH & Co. KG
- Drehbuch: Mark Schlichter und Stephan Ludwig
- Regie: Mark Schlichter
- Kamera: Benedict Neuenfels
- Produzent: Jens Körner
Hauptkommissar Claudius Zorn ist genervt. Er steckt in einer Midlifecrisis und seine Arbeit, die vornehmlich aus dem Wälzen von Akten besteht, langweilt ihn. Wann immer es geht, reicht er lästige Aufgaben an seinen Kollegen Schröder weiter. Doch dann geschieht etwas, das Zorn aus seinem grauen Alltag herausreißt: Im Keller eines Abrisshauses wird eine große Blutlache gefunden. Von der Leiche fehlt jede Spur. Staatsanwalt Sauer überträgt ihm den rätselhaften Fall. Der unmotivierte Zorn hat seit Jahren in keinem Mordfall mehr ermittelt und ist alles andere als begeistert davon, nun wirklich Arbeit auf dem Tisch zu haben. Nur wenig später gibt es bereits eine zweite Tote: eine Selbstmörderin, die Mann und Kind hinterlässt. Die Spurensuche führt das Ermittlerteam durch ganz Halle. Dabei muss Zorn feststellen, dass sein einfältig wirkender Kollege oft mehr auf Zack ist als er selbst. Die Ermittlungen kommen dennoch nicht voran: Nicht zuletzt der Regen, welcher unaufhörlich fällt, verwischt viele Spuren. Erst als Staatsanwalt Sauer seine Verachtung für Zorn allzu deutlich zeigt, bringt er diesen damit ins Grübeln und erregt Zorns Misstrauen: Warum hat Sauer ausgerechnet ihm den brisanten Fall übergeben? Sollte er seinen vermeintlich unfähigsten Kommissar nur deshalb eingesetzt haben, um die Aufklärung zu verhindern?
Zorn fühlt sich herausgefordert und beginnt nun, ernsthaft zu ermitteln. Tatsächlich finden sich Hinweise darauf, dass die Akten manipuliert wurden - etwa von Sauer selbst? Bei der Suche nach Beweisen erhalten Zorn und Schröder Unterstützung von Hannah Saborowski, der Sekretärin des Staatsanwaltes, die Zorn nebenbei auch deutliche Avancen macht. Dieser ist aber eher von seiner Nachbarin, der geheimnisvollen Malina, fasziniert. Als er sie bei der Beschattung Sauers in einer Bar trifft, verliert er den Staatsanwalt dann auch glatt aus den Augen.
Prompt gibt es einen neuen Mord - und ein Opfer, mit dem Zorn nicht im Traum gerechnet hätte.
Darsteller
Misel Maticevic («Lösegeld») als Claudius Zorn
Axel Ranisch («Ruhm») als Schröder
Katrin Bauerfeind («Bauerfeind 28:30») als Hannah Saborowski
Katharina Nesytowa («Im Angesicht des Verbrechens») als Malina
Lucas Gregorowicz («Schmidt – Chaos auf Rezept») als Henning Mahler
Thorsten Merten («Der Rücktritt») als Robert Stapic
Anian Zollner («Eva – ganz mein Fall») als Staatsanwalt Sauer
Kritik
„Bauen Sie keinen Mist!“ So lautet die Anweisung, die Staatsanwalt Sauer seinem faulen und demotivierten Hauptkommissar Zorn gleich am Anfang mitgibt. Als Kritiker findet man sich in diesem Moment wieder, wenn man den Satz auf die ARD-Verantwortlichen und die Kreativen hinter der Kamera ummünzt. Schließlich spielt diesen Bad-Ass-Cop Zorn kein geringerer als Misel Maticevic, der in Filmen wie «Lösegeld» schon äußerst spannende Figuren gelungen verkörpert hat. Damals spielte er einen Polizisten, der sich mit existentiellen – und gleichzeitig hoch persönlichen – Fragen konfrontiert sah, die der Film ernsthaft, intelligent und unprätentiös durchdeklinierte.
Und in «Zorn»? Da spielt er auch einen Polizisten. Die existentiellen Fragen gibt es auch. Nur kann von intellektueller Schärfe und erzählerischer Radikalität – anders als beim großartigen «Lösegeld» – nicht die Rede sein. Stattdessen gilt: Hauptsache witzisch. Erschwerend hinzu kommt, dass man sich Witzischkeit hier so vorstellt, wie sie Hape Kerkeling nicht besser parodieren könnte. Der Weg in den Abgrund ist mit schlechten Gags gepflastert.
- © MDR/Edith Held
Am 22. Oktober fiel in Halle die erste Klappe für die Verfilmung von Stephan Ludwigs Debüt-Roman. Auf dem Bild zu sehen (v.l.): Produzent Jens Körner, Katrin Bauerfeind (Sekretärin des Staatsanwalts), Axel Ranisch (Assistent Schröder), Kameramann Benedict Neuenfels, Regisseur Mark Schlichter, Anian Zollner (Staatsanwalt Sauer), Mišel Matičević (Hauptkommissar Claudius Zorn)
Und schlechte Gags, die findet man in «Zorn» in nahezu jeder Szene. Vor allem Zorns Sidekick, das beleibte Streberchen Schröder, entpuppt sich schnell als prall gefüllte Fundgrube für alberne Stereotypen, plumpe Charakterzeichnungen – und jede Menge schlechte Situationskomik. Beispiele gefällig? Gerne, aber sehen Sie sich vor. Nach «Zorn» könnte man meinen, die ARD geht zum Lachen so tief in den Keller, dass man schon die Hitze des Erdkerns spüren kann.
In einer Szene, die sich unmittelbar an zwei einschneidenden Todesfälle im direkten Umfeld der Ermittler ereignet, erkunden Zorn und Schröder den Tatort, eine Kirche. Und während Zorn depressiv durchs Kirchenschiff stapft, lässt Schröder einen Mörder-Gag vom Stapel: „Ist das noch spätromanisch oder schon gotisch?“, fragt er den angeschlagenen Kollegen. Grandios.
Wenn Sie jetzt meinen, plumper kann man sich Figuren nicht mehr charakterisieren lassen, kennen Sie die ARD schlecht. Da geht noch was. Zum Beispiel, als sich Schröder und Zorn gerade umkleiden, um schwimmen zu gehen, und Schröder als perfekter Streberstereotyp seine Klamotten adrett zusammenlegt, während Chef Zorn sie lässig-jovial zusammengeknüllt auf den Boden donnert. Irre.
Oder wenn die beiden in einer Bar ermitteln, die Schröder fälschlicherweise für eine Schwulenbar hält, und er dort einen auf Prosecco-süchtige Tucke macht. Wer ein bisschen öffentlich-rechtliche Filmerfahrung hat, wird jeden einzelnen Gag dieses Films mühelos vorhersagen können. Und sich dabei zu einer Fips-Asmussen-Veranstaltung wünschen, weil die Gags da noch nicht ganz so alt sind.
All die komödiantischen Fehlschläge fielen nicht so sehr ins Gewicht, wenn sie nicht so penetrant vom eigentlichen Kern ablenken und die Geschichte so gnadenlos trivialisieren würden. Schließlich lassen sich ja ein paar dramaturgische Motive und Handlungsabläufe finden, die man angesichts der starren Sendeplatzgepflogenheiten durchaus als mutig und unkonventionell bezeichnen kann. Doch dieses permanente Anbiedern an die dümmliche Massenproduktion, dieses Ranklitschen an den Degeto-Duktus, machen jede gelungene Momentaufnahme wieder zunichte.
Das Potential dieser nicht uninteressanten Figur Zorn und das Talent seines Darstellers – sie werden vergeudet, um einen im Kern spannenden Stoff so weit zu banalisieren wie möglich und ihm all möglichen hirnverbrannten Konventionen überzustülpen, bis am Schluss wenig mehr als anbiedernder Stuss übrig bleibt. Da könnte man fast ein bisschen zornig werden.
Das Erste zeigt «Zorn – Tod und Regen» am Donnerstag, den 8. Mai um 20.15 Uhr.