360 Grad

His Royal Highness, the Bachelor

von

«Der Bachelor» ist Ihnen nicht bekloppt und misogyn genug? FOX hat da was für Sie: «I Wanna Marry Harry».

Ich bin ja jedes Jahr aufs Neue vom «Bachelor» entsetzt. Denn trotz gebetsmühlenartig vorgetragener anderslautender Beteuerungen von Produzentenseite ist das Format im Kern eben doch misogyn, frauenfeindlich, eine Zementierung überkommener Rollenmuster. Eine Position, mit der ich nicht allein dastehe.

Aber genug von RTL. Gehen wir dahin, wo es den richtig harten Stoff gibt, die schmierigste Klebrigkeit, das lauteste Trash-Gegröhle. Rüber zum amerikanischen Network FOX also, dem – das sollte man nicht vergessen – vor zwanzig Jahren noch den Ruf des letzten Schmuddelsenders anhaftete, so eine halbe Klasse über Pornokanalniveau. Stück für Stück, Jahr für Jahr konnte er sich langsam davon emanzipieren, mit immer mehr Hochglanzformaten und einer sukzessiven Reduktion der Unterschichten-Reality.

So ganz konnte FOX aber nie die Finger vom Schmuddelkram lassen. Und endlich, nach längerer Abstinenz von Bodensatz-Formaten, schlug am Dienstag das Elend wieder zu. Sein Name: «I Wanna Marry Harry».

Auf die Idee muss man erst einmal kommen: Ein 23-jähriger britischer Single, dem eine frappierende optische Ähnlichkeit mit Prinz Harry nicht abzusprechen ist, tut gegenüber zwölf „Kandidatinnen“ ein bisschen so, als könnte er tatsächlich der vierte Mann in der englischen Thronfolge sein. Und FOX wäre nicht FOX, wenn es beim So-tun-als-ob nicht kräftig mithelfen würde. Dem etwas arg unbedarften Doppelgänger wird ein schnieker Butler zur Seite gestellt, der ihn in den Daten und Fakten des royalen Lebens coacht, die Show wird in einem riesigen Schloss produziert und, um die Illusion so weit zu treiben wie möglich, wird Fake-Harry ab und an von wichtig aussehenden Security-Typen evakuiert. Zum Schießen.

Der Rest funktioniert nach dem bekannten Zwölf-Mädels-zwölf-Rosen-Schema, nur ohne die überreizte Symbolik. Die zwölf Ladies, die sich FOX für die Show geangelt hat, sind dabei natürlich bestes «Bachelor»-Material, die Rollen sind in gewohnter Weise von Anfang an präzise verteilt: die naive Südstaatlerin aus der Pampa, die laute Versoffene, die enttäuschte Romantikerin, die Psycho-Tante. Alle sprechen sie in Hardcore-Valley-Girl-Akzenten, die ihnen Kim Kardashian nicht besser hätte beibringen können, alles finden sie „supercool“ und „awesome“, allesamt sind sie ziemlich schwer von Begriff. Wobei man hier natürlich an der Frage nicht vorbeikommt, wie viel an dem Format wirklich echt ist und wie viel gefaket. Denn dass einige der Teilnehmerinnen ernsthaft glauben, dass Prinz Harry wirklich in einer Reality-Show bei Schmuddel-FOX eine neue Cressie sucht, ist nicht mal denen zuzutrauen.

Die Queen jedenfalls ist sicherlich not amused.

Die Kritiker sind es übrigens auch nicht.

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