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Oliver Schmidt: „Den Titel holt Deutschland nicht“

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Oliver Schmidt kommentiert heute Abend das Spitzenspiel Holland gegen Spanien im Zweiten. Im Exklusiv-Interview mit Quotenmeter.de erklärt er wie ein Kommentator arbeitet und welche Chancen er der deutschen Elf bei der WM einräumt.

Die Stimme von Oliver Schmidt klingt entspannt, als er seine Grüße vom anderen Ende der Leitung vermittelt. Entspannung ist in seiner Situation jedoch keinesfalls selbstverständlich. Der Sportreporter stand zum Zeitpunkt des Gesprächs unmittelbar vor der Brasilien-Reise, im Zuge derer er mehrere Fußball-Weltmeisterschaftspartien für das deutsche Publikum des ZDF kommentieren wird. Seine Arbeit beginnt an diesem Abend mit dem Kommentar zur Partie zwischen der Niederlande und Weltmeister Spanien – ein echter Vorrundenkracher, war das Duell doch vor vier Jahren das Finalspiel (siehe kleines Bild). Ungewiss ist für ihn noch, wie sich die langen Reisen zwischen seinen Einsätzen, die klimatischen Bedingungen und eventuelle Proteste hinsichtlich der kostspieligen WM in einem relativ armen Land auf seine Arbeit auswirken. Statt sich darüber den Kopf zu zerbrechen, blickt Oliver Schmidt dem Turnier positiv entgegen, schließlich hat er schon 2010 in Südafrika Erfahrungen hinsichtlich des Kommentierens im Zuge einer Fußball-WM gesammelt. „Die Vorfreude ist immer sehr stark, obwohl sie sich erst vor Ort so richtig entwickelt. Man kennt den Rhythmus jetzt, da die Spiele in der Vorrunde schon sehr eng getaktet sind und man jeden zweiten Tag ein Spiel hat, aber es ist dann dennoch nicht zu vergleichen, weil wir jetzt einfach noch viel größere Reisewege haben. Ich glaube ich habe jetzt sieben Spiele an 13 Tagen in sieben verschiedenen Städten. Und das heißt eigentlich immer: Spieltag, Reisetag, Spieltag, Reisetag.“

Ganz ohne Bedenken geht der ehemalige Redaktionsleiter des «Aktuellen Sportstudios» dann aber doch nicht in die Weltmeisterschaft: „Angesichts der Umstände was Reise und Logistik angeht, habe ich ein bisschen Respekt – da muss man einfach mal sehen, wie sich das vor Ort ergeben wird.“ Vor allem auf seine Erfahrung baut der Sportreporter. „Ich mache das jetzt seit 1998, vorher als Redakteur und es waren immer sehr tolle, sehr anstrengende Erlebnisse, aber unterm Strich hat man immer noch einen der besten Plätze im Stadion. Da verschwende ich jetzt nicht wirklich einen Kopf dran, aber immer mindestens ein Mal wenn man da sitzt fällt einem das ein und man inhaliert das und versucht das als Rückenwind zu nehmen.“

Ich glaube ich habe jetzt sieben Spiele an 13 Tagen in sieben verschiedenen Städten. Und das heißt eigentlich immer: Spieltag, Reisetag, Spieltag, Reisetag.“
Oliver Schmidt im Quotenmeter.de-Exklusiv-Interview über seinen WM-Alltag
Sport-Kommentatoren sind für Fans der einzelnen Übertragungen längst schon eine Selbstverständlichkeit, dennoch wissen die Fernsehenden selbst recht wenig darüber, wie es eigentlich um einen Fußball-Kommentator herum aussieht. Die Sprecherkabine hat laut Oliver Schmidt schon längst ausgedient: „Im Endeffekt sitzt man auf einer großen Pressetribüne mit Kollegen aus der ganzen Welt, der Platz ist meistens recht übersichtlich: Ein bis zwei Monitore vom Veranstalter, auf denen das Spielbild zu sehen ist und man zum Teil auch auf Statistiken klicken kann, wo man vorher die Aufstellung bekommt, Wettertemperaturen und ähnliches. Dann gibt es eine Art Kommentatoreneinheit, was eigentlich nur ein kleines rechteckiges Kistchen ist.“ Vor allem die Nähe zu Kommentatoren-Kollegen aus anderen Nationen wirft für Oliver Schmidt dabei noch Fragen auf: „Ich warte eigentlich immer noch darauf, dass in Deutschland ein Kollege aus der Elfenbeinküste zu hören ist, während die Menschen an der Elfenbeinküste plötzlich einen deutschen Sprecher hören. Irgendwie scheint das zu funktionieren trotz diesen wahnsinnig engen Tribünen, die da stehen.“

Ganz allein arbeiten die Kommentatoren dann aber doch nicht. „Mein Kollege, der Redakteur Alex Kramer, und ich sitzen da mit recht übersichtlichen Unterlagen, meistens eine Klappe zum Spiel, worin jeweils eine Seite zum Kader der Teams vorhanden ist und allgemeine Sachen, wie deren WM-Bilanz, Trainer, Verletzungen oder ähnliches. Das ist das Ergebnis der Vorbereitung, aber in der Regel sind das einfach nur vier Blätter Papier, an denen man sich auch festhält, aber nur selten drauf guckt.“ Viel wichtiger sei es auch oft, den Überblick über ballführende Spieler zu behalten, denn „gerade bei Weltmeisterschaften, wenn’s doch den ein oder anderen komplizierten Namen gibt, der ja durchaus nicht ausgeschlossen ist, kann man zur Not noch einmal drauf schauen, weil ich mir dann meistens eine Lautsprache dazugeschrieben habe, damit es einigermaßen wahrheitsgetreu ausgesprochen wird. Ich hatte gerade etwas zu Algerien, da heißt der Torwart, er ist Gott sei Dank glaube ich nicht die Nummer eins, Mohamed Zemma… Zemaa…mouche“ (Zemamouche, Anm. Der Red.) Schmidt lacht. „Es sieht dann manchmal schlimmer aus als es ist, aber man muss sich da einfach gewissenhaft vorbereiten und da gehört auch eine vernünftige Aussprache dazu.“

Trubel um JLo

Obwohl Jennifer Lopez gemeinsam mit US-Rapper Pitbull und der brasilianischen Sängerin Claudia Leitte den offiziellen WM-Song "We are One" herausbrachte, wollte Lopez zunächst nicht an der Eröffnungsfeier mitwirken. Angeblich hatte sie für diesen Termin bereits einen anderen Auftritt vereinbart – nach wochenlangem Hin und Her sagte die "Jenny from the Block" doch noch zu.
Vor allem die Arbeit im Vorfeld der Übertragung sei dann entscheidend für das Spiel. „Tatsächlich ist es zum einen die Vorbereitung, die dann eigentlich auch zu 90 Prozent im Kopf ist, das ist dann ein bisschen wie bei Klausuren. Ich bereite es jetzt im Kopf soweit vor, weil die Taktung relativ dicht ist. Dann wird vor Ort komprimiert und natürlich wird dann auch aktualisiert, wenn schon die ersten Spiele anfangen. Außerdem gibt es auch Trends einer WM, die man berücksichtigen muss.“ Oliver Schmidt selbst verfolgt dabei das Spielgeschehen nach eigenen Angaben vorwiegend vom Tribünenplatz und schaut seltener auf technische Hilfsmittel: „Während des Spiels bin ich jetzt keiner, der auf irgendwelche Datenmonitore guckt, da das alles recht oberflächliche Statistiken sind, die die FIFA anbietet. Die Monitore sind einfach eine optische Unterstützung bei Zeitlupen oder ähnlichem. Dann haben wir immer noch einen Datenhintermann, mit dem man ab und zu Kontakt hat. Man versucht beispielsweise sich in der Halbzeit noch einmal auszutauschen, da geht es auch gar nicht so viel um Zahlen, sondern man tauscht eher Eindrücke aus und manchmal wird das durch Zahlen unterstützt. Wenn man zum Beispiel beim Spiel Real Madrid gegen Bayern München vor Ort ist und man hört, dass kein Münchner mehr als ein Viertel seiner Zweikämpfe gewonnen hat, dann unterstützt das ja auch den Eindruck, den man aus dem Spiel heraus gewonnen hat.“ Und manchmal falle da auch eine Zahl, das solle allerdings nicht so wichtig sein. „Es waren glaube ich die Anfänge der «ran»-Sat.1-Datenbank, als in jedem Kommentar Sätze wie ‚Das ist die dritte Ecke von links‘ oder ‚Jede siebte Ecke von links fällt ein Tor‘ fielen, das ist einfach too much. Ich hoffe immer, dass das Atmosphärische und das Sportliche auf dem Platz im Vordergrund stehen.“

Eine solche Vorbereitung füllt aber auch große Teile des Privatlebens. Besonders an einer umfangreichen Lektüre von Sportzeitschriften kommt Oliver Schmidt nicht vorbei: „Ich lese eigentlich sowieso freiwillig alles, was ich in die Hände kriege. Obwohl das jetzt nicht die „Bibel“ ist, aber was gut ist, um immer im aktuellen Tagesgeschäft zu bleiben: Ich glaube ich bin seit ich zehn bin Kicker-Abonnent und lese dieses Ding auch in der Regel von vorne bis hinten. Ich lese auch Sachen wie „Spielverlagerung“, mit denen arbeiten wir ja auch zum Teil zusammen. Das wird aber manchmal auch wieder ein bisschen überhöht alles, aber es ist einfach gut, um ein paar Sachen und Eindrücke von ihnen zu übernehmen – manchmal decken sie sich mit eigenen Eindrücken, manchmal nicht und ich lese auch gerne mal Bücher und dann natürlich auch Sportbücher dazwischen. Ich habe zum Beispiel jetzt gerade die Autobiographie von Zlatan Ibrahimovic gelesen und die von Alex Ferguson habe ich auch schon angefangen, aber das ist dann mehr so zur Ablenkung.“

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