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«Fargo»: Kritikerliebling, aber kein Quotenhit

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Trotz blendender Voraussetzungen tat sich «Fargo» in seiner ersten Staffel zuweilen schwer. Vor allem die NBA-Playoffs stahlen dem Drama Zuschauer.

Aktuelle Zuschauerschnitte der FX-Dramen

  • «Sons of Anarchy»: 4,6 Mio. (Staffel 6)
  • «American Horror Story»: 4,0 Mio. (Staffel 3)
  • «Justified»: 2,29 Mio. (Staffel 5)
  • «The Bridge»: 1,80 Mio. (Staffel 1)
  • «The Americans»: 1,34 Mio. (Staffel 2)
  • «Fargo»: 1,90 Mio. (Staffel 1)
Sollte bei der Autorenschaft Ideenarmut herrschen, gibt es eine probate Methode, um doch noch an einen erfolgsversprechenden Stoff zu gelangen: Die Serienadaption eines Films. Schon oft fand man in der Serienlandschaft Produktionen nach Vorbildern aus dem Kino vor. Sollte der Film sogar Erfolg gehabt haben, stehen die Erfolgschancen der Serie noch besser, schließlich hatte der Stoff die Möglichkeit sich schon im Vorfeld eine Fan-Base aufzubauen. So gab es Serienversionen von «Flipper», «Buffy», «Blade» oder vor allem von Seiten Disneys Neuverwertungen der Geschichten um «Aladdin» oder «Timon & Pumbaa». Doch die Neuauflagen sind nicht immer von Erfolg gekrönt. ABC versuchte in der vergangenen Saison sein Glück mit einem weiteren Produkt des Marvel-Franchises, hatte aber mit «Marvel’s Agents of Shield» nicht übermäßig Erfolg, obwohl die Kinofilm-Ableger der Comicbuchreihen Unsummen an Geld einspielten.

Ähnlich vielversprechend war die Ausgangslage von «Fargo». Der Kabelsender FX kaufte sich die Serie basierend auf dem gleichnamigen Coen-Brüder-Streifen aus dem Jahre 1996. «Fargo – Blutiger Schnee» räumte bei den Academy Awards zwei Oscars ab und avancierte zum Kult bei Freunden schwarzen Humors. Auf eine Fanbase konnte die neu FX-Drama-Serie also schon einmal bauen, mit Joel und Ethan Coen waren unter den Executive Producern auch die Macher von damals mit von der Partie, die bislang vier Oscars ihr Eigen nennen dürfen und den Erfolg durch die Inszenierung von Qualitätsfilmen wie «No Country For Old Men» oder Kult-Filmen wie «The Big Lebowski» quasi gepachtet haben. Um nichts dem Zufall zu überlassen kümmerte sich das Serienprojekt außerdem um eine exquisite Darstellerriege. Martin Freeman, der dieser Tage durch Projekte wie «Sherlock» und «Der Hobbit» am Zenit seines Schaffens angelangt zu sein scheint, wurde Oscar-Preisträger Billy Bob Thornton zur Seite gestellt. Beide verkörpern ihre Rollen brilliant, egal ob Freeman als schussliger Versicherungsvertreter ohne Durchsetzungsvermögen, dem die Sicherungen durchbrennen oder Thornton als schmieriger und gleichermaßen gewiefter Vollzeitkrimineller. Dazu gesellen sich TV-Aufsteiger Bob Odenkirk ( «Breaking Bad»), die bislang eher unbekannte aber ebenfalls großartig besetzte Allison Tolman («Prison Break») und das bekannte Gesicht von Colin Hanks («Navy CIS»).

Qualitativ wurde «Fargo» den Erwartungen gerecht, allen blendenden Voraussetzungen zum Trotz entwickelte sich die Serie jedoch nicht zum Hit – zumindest in Sachen Live-Ausstrahlungen. FX entschied sich für den 22-Uhr-Sendeplatz am Dienstag, wo «Fargo» einfach nicht richtig zünden wollte. Zum Start am 15. April unterhielt die Serie um eine Kleinstadt in Minnesota noch tolle 2,65 Millionen Menschen und bewegte sich dabei in etwa auf dem Niveau der fünften Staffel «Justified», die im April 2014 endete. Auffällig war, dass sich «Fargo» vor allem beim jungen Publikum schwer tat. BETs «The Game» flimmerte zur gleichen Uhrzeit zwar nur 2,59 Millionen Zuschauern entgegen, dafür interessierten sich prozentual fast doppelt so viel 18- bis 49-Jährige für das Comedy-Drama von Black Entertainment Television. Auch Wiederholungen von «The Big Bang Theory» auf TBS waren bei den Beziehern des Kabelfernsehens gefragter, sonst stellte sich «Fargo» am Dienstag kaum starke 22-Uhr-Konkurrenz in den Weg. Etliche Serienfans nahmen dafür die Möglichkeit wahr, sich «Fargo» zeitversetzt zu Gemüte zu führen. Die kulminierte Zuschauerzahl aus Live-Übertragung und Abrufen innerhalb der nächsten drei Tage belief sich auf tolle 4,46 Millionen Menschen.

Trotzdem: Das schwarzhumorige Drama verlor in Woche zwei über 600.000 Zuschauer, sackte dadurch auf 2,04 Millionen Zuseher ab und lieferte damit einen wenig berauschenden Wert ab. An diesem Abend machte die sehr gefragte erste Runde der NBA-Playoffs der hochwertigen Drama-Serie einen Strich durch die Rechnung. Unterdessen blieb «The Big Bang Theory» auf TBS konstant, sodass «Fargos» Konkurrenz FX die Zuschauer stahl. Erneut in Konkurrenz zur NBA auf TNT interessierten sich am 29. April mit 1,87 Millionen Zuschauern erstmals unter zwei Millionen Menschen für die Produktion von FX und MGM Television. Der Zuschauerrückgang hielt auch Anfang Mai an, als noch 1,70 Millionen Zuschauer gemessen wurden und «Fargo» allmählich auf das Level der weniger beliebten FX-Dramen wie «The Americans» oder «The Bridge» (siehe Infobox) abrutschte. Schwache 1,60 Millionen Interessierte am 13. Mai sollten immer noch nicht den Tiefpunkt für das von Kritikern hochgelobte Drama darstellen.

Am 20. Mai schalteten 1,80 Millionen Menschen zu FX, um der Episode „Buridan’s Ass“ beizuwohnen, den Staffeltiefpunkt verzeichnete «Fargo» schließlich zur siebten Episode am 27. Mai mit 1,52 Millionen Zuschauern. Danach war die Drama-Serie aus dem Gröbsten heraus, denn die Basketballübertragungen standen ihnen vorerst nicht mehr im Weg. Noch immer liefen «The Big Bang Theory»-Wiederholungen auf TBS und «Little Couple» auf TLC «Fargo» jedoch den Rang ab und auch alte Folgen von «American Dad» auf Adult Swim kamen auf das Niveau der Show mit Martin Freeman. Immerhin verbesserte sich «Fargo» im Vergleich zur Vorwoche um 340.000 Zuschauer auf 1,86 Millionen Interessierte. Ein ähnliches Bild bot sich im Zuge der Ausstrahlung der neunten Episode am 10. Juni, die 1,90 Millionen Menschen unterhielt. Zur vorerst letzten Folge verbesserte sich «Fargo» auf versöhnliche 1,98 Millionen Zuschauer.

Bei diesen Voraussetzungen hätte man im Vorfeld der ersten Staffel sicherlich mehr erwarten können, gleichwohl sich die Zuschauerzahlen mit im Schnitt 1,90 Millionen Interessierten für FX-Verhältnisse eigentlich in einem ordentlichen Bereich bewegen. Qualitativ überzeugte die FX-Show zweifellos. Doch besonders, wenn FX die Zuschauerzahlen mit den Werten seiner anderen Dramaserien vergleicht, die trotz weniger prominentem Cast oder Produktionsteam sowie ohne Filmvorlage deutlich besser abschneiden, könnte der Sender ins Grübeln kommen. Bislang wurde eine zweite Staffel noch nicht offiziell bestätigt, allerdings werden die mageren Zahlen auch durch die starken Basketball-Übertragungen zumindest teilweise relativiert und eine zweite Staffel ist trotz hoher Produktionskosten wahrscheinlich. Eine weitere Season hängt vor allem davon ab, ob die Macher eine ordentliche Geschichte auf die Beine bekommen, denn als Anthology-Serie würde sich «Fargo» in seiner zweiten Staffel einer neuen Story mit neuen Charakteren widmen.

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