Hingeschaut

«Ohne Garantie»: Comeback des Holzhammer-Humors

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Inhaltlich präsentierte sich der Sommerpausen-Ersatz für die «heute-show» in seiner Erstausgabe defizitär, doch vor allem der Versuch, Ironie und Biss in das Format zu quetschen, ging nach hinten los.

Infos zu Lars Reichow

  • Kombiniert Musik und Kabarett
  • Tritt häufig in Radio und TV auf
  • Eigene Formate: «Reichows Welt» (SWR) und «Querkopf» (HR1)
  • Seit September 2013 auch «Spätschicht» (SWR) als Nachfolger von Christoph Sieber
Die Erfolgsgeschichte der «heute-show» dürfte nicht nur das Team um Oliver Welke erstaunt haben, sondern nicht zuletzt auch die Programmverantwortlichen des Zweiten Deutschen Fernsehens. Nach Jahren des komödiantischen Brachlands haben die Mainzer am Freitagabend eine Sendung etablieren können, die als Vorzeige-Produkt der deutschen Satire-Landschaft taugt und zuletzt sogar regelmäßig zweistellige Marktanteile beim jungen Publikum einfahren konnte. Angesichts dieses Erfolgs liegt es nah, seinem Publikum in der Sommerpause der Nachrichtensatire auf deren Sendeplatz am Freitagabend (22:30 Uhr) eine thematisch ähnlich gelagerte Alternative anzubieten. Heraus kommt mit «Ohne Garantie» allerdings eine konzeptionell unausgereifte Mixtur aus Verbraucherschutz und Comedy-Programm, die weder lehrreich noch amüsant ist.

Dabei klingt das Aufgebot erst einmal gar nicht so übel: Sowohl Moderator Lars Reichow (siehe Infobox) als auch Panel-Mitglied Wolfgang Trepper sind langjährig erfahrene Kabarettisten, denen man durchaus zutraut, mit bitterbösem Humor die eine oder andere Todsünde an den Verbrauchern aufzudecken. Stattdessen stellt Reichow sein Publikum bereits mit seinem leicht an Latenight-Shows erinnernden Einführungsmonolog vor eine harte Belastungsprobe, indem er einen Schenkelklopfer nach dem anderen vom Stapel lässt. Ein paar Kostproben: "Nein, Oliver Welke trägt die Haare jetzt nicht offen", man sehe nun ein neues Format, bei dem alle Verbraucher-Themen "von A wie Altersvorsorge bis Z wie zwei Altersvorsorgen" geklärt würden. So testet man eigenwillige Produkte wie Bananenschläger oder Raumsprays mit Hühnersuppen-Duft unter dem überaus subtilen Titel "Stiftung Warenstuss".

Auffällig ist vor allem in diesem ersten Drittel der Sendung, das beinahe ausschließlich im Studio stattfindet, die Diskrepanz zwischen akustischer und optischer Wahrnehmung des Publikums. So hört man zwar von Zeit zu Zeit recht euphorische und laute Lacher von den Rängen, sobald die Kamera es jedoch zeigt, ist die Stimmung bestenfalls noch als zurückhaltend interessiert zu bezeichnen. Dies legt zumindest den Verdacht nahe, dass auch das Produktionsteam der Sendung nicht völlig vom humoristischen Niveau des Moderators begeistert gewesen sein könnte und die Resonanz des Publikums etwas... wohlwollender ausgelegt hat, als sie eigentlich war.

Weitaus ärgerlicher als die platten und mies vorgetragenen Gags zu Beginn, die ohnehin weit fernab jeglicher Substanz sind und mehr als nur einen Hauch Bierzelt-Polemik bergen, ist die misslungene Aufbereitung prinzipiell interessanter Themen. So hätte man diverse Möglichkeiten gehabt, die Steuerverschwendung beim verwaisten Flughafen Kassel-Calden aufzudecken. Stattdessen zeigt Wolfgang Trepper minutenlang vor Ort das Offensichtliche, das zu allem Überfluss bereits in der Anmoderation deutlich zu vernehmen war: Auf dem Flughafen ist nichts los. Trepper begrüßt jeden Flugreisenden persönlich, lässt einen Kinderchor für die Anreisenden singen und verkleidet sich als trinkfester Pilot. Das ist albern und wirkt eher konzeptlos. Und am Ende des Clips weiß der Zuschauer genauso viel wie zuvor: Ja, in Kassel-Calden ist tatsächlich nichts los.

Am Ende der 30-minütigen Sendung werden immerhin noch ein paar Personen aus dem Publikum ins Geschehen involviert, indem man sie darauf hinweist, dass sie in einem eilig vor der Show unterschriebenen Schreiben zugestimmt haben, dass ihnen Mobiltelefone, Uhren und Autos entwendet werden können. Sicher ist auch dieser Hinweis auf Betrügereien im Kleingedruckten kein revolutionäres und nie zuvor angesprochenes Thema, das den Zuschauer zu ganz neuen Erkenntnissen bringt, aber immerhin misslingt hier einmal die Umsetzung nicht völlig und es kommt zu einer recht spaßigen Interaktion zwischen den Moderatoren und dem Studio-Publikum. Nur die offensichtlich gefakte Explosion des Zuschauer-Autos, die das große Finale stellen soll, ist auch hier wieder ein Stück zu viel des Bemühten.

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8,5%
Für ein Sommerpausen-Format ganz ordentlich.
16,2%
Ganz mies, das muss ich nicht noch einmal sehen.
41,5%
Habe es (noch) nicht gesehen.
33,8%


Alles in allem ist der Versuch, investigativen Verbraucherschutz mit bissiger Satire zu kombinieren, bei «Ohne Garantie» beinahe völlig misslungen. Das Schauspiel der Akteuere, zu denen neben Reichow und Trepper auch Bernhard Hoecker und die völlig blasse Judith Richter gehören, ist nicht authentisch genug, um vergessen zu machen, dass die gesamte Sendung mitsamt aller Monologe und Dialoge bereits im Vorfeld durchgeplant ist. Potenziell interessante Themen werden zu plakativ und platt aufbereitet, sodass die Einspielfilmchen zwar mitunter ein gewisses Amüsement besitzen, aber kaum neue Erkenntnisse liefern. Somit darf man sich zumindest inhaltlich bei «Durchgedreht!» und «Vier sind das Volk» einreihen, deren ambitionierte Grundidee ebenfalls an der miesen Umsetzung in der Praxis gescheitert ist.

«Ohne Garantie» läuft drei Wochen lang am Freitagabend um 22:30 Uhr im ZDF und ist bereits vorab donnerstags gegen 21:40 Uhr auf ZDFneo zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/71782
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