Es muss ein komischer Tag für die WDR-Hörfunkchefin Valerie Weber (Foto) sein. Wenn sie in diesen Minuten die exakten Ergebnisse ihrer neuen Sender studiert, dann findet sie nicht nur gute Werte vor. 1Live, das Aushängeschild des WDR-Radios, hat laut der Radio MA 2014/II im Schnitt 79.000 Hörer verloren und kommt noch auf 1,04 Millionen Menschen in der durchschnittlichen Stunde. Das Ergebnis ist auf den zweiten Blick verschmerzbar, die im Frühjahr gefeierten Gewinne sind beim Sender aber verpufft. Besonders am späten Vormittag hat 1Live mit teilweise mehr als Minus 15 Prozent empfindliche Verluste erlitten. Nur am frühen Nachmittag konnte der Sender das vorherige Ergebnis halbwegs halten.
Besser dürfte die Stimmung da schon bei WDR2 sein, das nicht nur 1Live überholt hat, sondern mit einem Plus von 8,5 Prozent das aktuelle Lieblingskind von Valerie Weber ist. Hier läuft zahlentechnisch alles gut, in der 14-Uhr-Stunde steht sogar ein Plus von fast 30 Prozent geschrieben. WDR4 – auch das wird die neue Hörfunkchefin des Senderverbunds im Blick haben, gibt leicht ab. Minus vier Prozent wurden am Dienstagmorgen bekannt. Offiziell lässt sich Weber wiefolgt zitieren: "Das Publikum schätzt am WDR seine Vielfalt, seine breiten Angebote an Information, Bildung und Unterhaltung. Wir sind natürlich stolz, dass wir mit 53,6 Prozent Tagesreichweite hier in Nordrhein-Westfalen das Medium mit der höchsten Relevanz sind." Besonders erfreut sei sie, dass das Kulturprogramm WDR 3 und Funkhaus Europa um rund 20 Prozent zugelegt haben.
Und dennoch dürfte Weber am Dienstagvormittag auch in Richtung Bayern geschaut haben. Auf die Zahlen von Antenne Bayern. In Ismaning knallen nach dem Rekordergebnis der ersten MA des Jahres (im März) nun schon wieder die Korken. Mehr als 1,35 Millionen hören in der durchschnittlichen Stunde inzwischen zu, morgens sind es fast zwei Millionen. Besonders am Nachmittag legte der Sender im Freistaat diesmal noch deutlich zu. Weber war bei der Antenne zehn Jahre lang für das Programm verantwortlich, zuletzt gehörte sie auch der Geschäftsführung an. Der Erhebungszeitraum der MA fällt noch voll in die Zeit, in der sie das Sagen in Ismaning hatte. Wahrscheinlich also, dass von Ismaning nach Köln noch ein herzliches Dankeschön geht.
Der immense Erfolg von Valerie Weber, die den Sender in wirtschaftlich schwieriger Zeit und mit rund halb so vielen Hörern übernommen hat, ist zugleich aber auch eine gewaltige Aufgabe für den neuen Senderchef Martin Kunze. Dieser hat seinen Posten vor zwei Wochen angetreten und darf sich seinerseits über stabilen Zahlen des Senderverbundes radio NRW freuen, für das er bis Juli tätig war. Kunze aber weiß, dass die VW’schen Zahlen bei „seiner“ Antenne (Kunze war in den 90ern jahrelang dort als Redakteur beschäftigt), nicht mehr zu toppen sein werden.
Sein Ziel muss es aber sein, das extrem hohe Niveau einigermaßen zu halten. Es wird eine Gratwanderung für ihn, schließlich gibt es auf den ersten Blick keinen Grund auch nur irgendetwas an der Marke Antenne Bayern zu ändern. Optimierungen aber sind auf den zweiten Blick durchaus nötig. Es geht eher um die Tatsache, dass sich programmlich schon in den vergangenen Jahren unter Valerie Weber nicht mehr allzu viel getan hat. Somit bahnt sich eventuell eine Zwickmühle für Kunze ein. Das könnte ein Grund sein, warum Antennes Pressestelle sämtliche Anfragen von Journalisten bezüglich des neuen Programmchefs kategorisch abschmettert. Jetzt darf aber erst einmal gefeiert werden bei der Antenne. In der dortigen Redaktion oder am Abend mit Musiker „Cro“, den der Sender für ein „Danke“-Konzert engagiert hat und im bayrischen Straubing auftreten lässt.