Filmfacts «The Raid 2»
- Kinostart: 24. Juli 2014
- Genre: Action / Martial Arts / Thriller
- FSK: 18
- Laufzeit: 149 Min.
- Regie: Gareth Evans
- Drehbuch: Gareth Evans
- Darsteller: Iko Uwais, Arifin Putra, Tio Pakusodewo, Oka Antara, Alex Abbad, Kenichi Endo
- OT: The Raid 2: Berandal (Indonesien 2014)
Dabei sah sich Evans sogar dazu gezwungen, die zunächst angedachte, wesentlich größer angelegte Handlung aus Kostengründen fallen zu lassen und auf eine abgespeckte alternative Story zurückzugreifen. Mit dem Erfolg von «The Raid» im Rücken konnte der Waliser nun wenige Jahre später aber endlich seinen ursprünglichen Plan in die Tat umsetzen. Die beiden Projekte inhaltlich miteinander verknüpfend, brennt Evans mit «The Raid 2» ein virtuos inszeniertes Action-Feuerwerk ab, das sogar seinen Vorgänger etwas alt aussehen lässt.
Die Handlung der Fortsetzung setzt fast unmittelbar an das Ende des ersten Teils an. Nachdem der Polizist Rama (Iko Uwais) das Massaker an seiner Einheit in einem von Gangstern kontrollierten Wohnhaus überlebt hat, begibt er sich auf direktem Wege zu seinem Kollegen Bunawar (Cok Simbara). Dieser leitet eine Spezialeinheit, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, korrupten Gesetzeshütern den Garaus zu machen, die nach dem besagten Vorfall nicht nur für Rama selbst, sondern auch für seine Familie eine Gefahr darstellen. Indem er verspricht letztere zu beschützen, kann Bunawar Rama zu einer riskanten Zusammenarbeit bewegen, um der in Jakarta grassierenden Korruption ein für allemal ein Ende zu bereiten.
Zu diesem Zweck soll sich der junge Cop verdeckt in die kriminelle Organisation des Gangster-Oberhaupts Bangun (Tio Pakusadewo) einschleusen, der mit dem japanischen Mafia-Boss Goto (Kenichi Endo) und dem skrupellosen Bejo (Alex Abbad) um die Vorherrschaft in der indonesischen Hauptstadt konkurriert. Damit er Banguns Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann, soll Rama zunächst das Vertrauen von Banguns aufbrausendem Sohn Uco (Arifin Putra) gewinnen, der jedoch unglücklicherweise im Gefängnis sitzt. So lässt sich Rama schließlich von Bunawar verhaften, um mit Uco in Kontakt zu treten und seinen blutigen Weg an die Spitze des Verbrechens der Stadt anzutreten.
Das Ende von «The Raid» ließ bereits einigen Spielraum für eine Fortführung der Geschichte. Doch schlägt Gareth Evans mit dem tatsächlichen Sequel nun inhaltlich einen überraschend anderen Pfad ein als die Schlussszene von Teil eins eventuell vermuten ließ. Der Filmemacher entspinnt ein rund zweieinhalb-stündiges Gangster-Epos, dessen Undercover-Cop-Geschichte für sich genommen nicht die Originellste sein mag, das er aber mit seinen ganz eigenen Zutaten zu einem wilden Action-Gemisch vermengt, dem man sein höheres Budget deutlich anmerkt. Herzstück des Ganzen sind auch diesmal wieder die atemberaubenden Fights, in denen vor allem Iko Uwais als Rama seinen Widersachern den einen oder anderen Krankenhausaufenthalt oder direkt ein One-Way-Ticket ins Jenseits beschert. Evans tappt dabei mit dem Aufbau seines Werks allerdings glücklicherweise nicht in die Fortsetzungs-Falle, sich auf eintönig-überladenen Bombast zu verlassen, sondern hat ein ungemein ausgewogenes Endprodukt vorzuweisen.
Trotz der Länge des Films und der Fülle an Kämpfen, kommen diese nämlich insgesamt sogar kurzweiliger daher als noch im ersten Teil, in dem sie gerade gegen Ende vor der einen oder anderen Länge nicht gefeit waren. Hauptdarsteller Uwais und Mad-Dog-/Prakoso-Darsteller Yayan Ruhian, die als Kampfsportler ein weiteres Mal für die Choreografie jener Szenen verantwortlich zeichnen, scheinen seit dem vergangenen Mal ihre Hausaufgaben gemacht zu haben und übertreffen sich unter der Leitung von Evans noch einmal selbst. Was Uwais und Ruhian bei der Ausarbeitung der Martial-Arts-Sequenzen und Evans bei deren letztendlicher Inszenierung an Einfallsreichtum an den Tag legen, hätte wohl mindestens für drei Filme gereicht.
So hat jede dieser Szenen, auch aufgrund der abwechslungsreichen Umgebungen, besonders markante Merkmale, dank derer sie allesamt äußerst einprägsam ausfallen. Evans, der in Alleinregie auch den Schnitt seines Films übernahm, beweist dabei außerdem ein außerordentliches Gespür für Timing und die notwendige Ausdehnung der Sequenzen. Just bevor man Gefahr läuft, sich an einem wortwörtlichen Schlagabtausch satt zu sehen, endet dieser auch schon zum idealen Zeitpunkt. Die knallharten Fights selber strotzen angesichts der authentischen Leistungen der professionellen Kampfsportler nur so vor Energie, Tempo und Kraft.
Besonders eindrucksvoll stellt Evans dabei sein Regietalent im Fall verschiedener Auseinandersetzungen auf engstem Raum unter Beweis – so z.B. in einer U-Bahn, einer Toilettenkabine oder innerhalb eines fahrenden Autos (!). Absolutes Highlight ist aber wohl eine ausgefeilte Prügelei in einer geräumigeren Küche gegen Ende des Films, die sich immer weiter zuspitzt und dabei mit langsam, aber stetig anschwellender musikalischer Untermalung die Spannung und Intensität schließlich fast schon ins Unerträgliche steigert, wozu zweifellos auch die äußerst explizite Gewaltdarstellung beiträgt. Generell ist auch «The Raid 2» ein ultrabrutales Unterfangen. Die Gewalt fällt allerdings nicht dermaßen überzogen aus, dass sie ins Comichafte abdriftet, sondern punktet stets durch ihre Realitätsnähe. Jeder Schlag sitzt und tut spürbar weh.
Sowohl jene zentralen Kämpfe als auch die sonstigen Actionszenen handhabt Gareth Evans wahrlich meisterhaft. Gerade die dabei oftmals äußerst elegante und geschickte Kameraführung sorgt mit ihrer unaufdringlichen Leichtfüßigkeit, die besonders in mehreren längeren Fahrten ohne Schnitt zur Geltung kommt, schon für sich allein für gehörig Dynamik. Einziger Wermutstropfen einiger Fights bleibt nach wie vor aber das häufige einzelne Abarbeiten der Gegner, während der Rest brav im Hintergrund wartet, auch wenn sich Evans redlich Mühe gibt, diesen Umstand zu kaschieren.
Abseits dessen ließe sich «The Raid 2» wohl auch die videospielartige Dramaturgie des Ausschaltens verschiedener Endbosse in Richtung Finale sowie der mangelnde emotionale Kern vorwerfen. Zwar nutzt Evans die ausufernde Laufzeit definitiv dazu, mehr Sorgfalt bei der Figurenzeichnung walten zu lassen, aber bekommt man im weiteren Verlauf dennoch nur leidlich ein Gespür dafür, was für Protagonist Rama tatsächlich alles auf dem Spiel steht, obwohl dies direkt zu Beginn eindeutig ausformuliert wird. Doch gerade da es Iko Uwais nichtsdestotrotz erneut gelingt, seine Rolle als Sympathieträger spielend (und natürlich kämpfend) auszufüllen, gerät jenes nicht vollständig Potential inmitten des atemberaubenden Kampfgetümmels zunehmend zur Nebensächlichkeit.
«The Raid 2» ist die konsequente Weiterführung seines Vorgängers. Größer, noch brutaler und vor allem noch besser. Regisseur und Autor Gareth Evans liefert mit seiner ideenreichen und in eine breit angelegte Gangster-Story eingebetteten Martial-Arts-Achterbahnfahrt ein rundum stimmiges Ergebnis ab. Die leichten Abzüge in der dramaturgischen und der emotionalen B-Note wischt der Actioner mit seinen gnadenlosen und in ihrer Intensität ihres Gleichen suchenden Kampfszenen eiskalt weg. Mit dieser exzellenten Regieleistung empfiehlt sich Evans einmal mehr als Hoffnungsträger des Genres und schraubt die Erwartungen für den bereits angekündigten Abschluss der «The Raid»-Trilogie weiter nach oben.
«The Raid 2» ist seit dem 24. Juli ungekürzt in den deutschen Kinos zu sehen.