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«The Strain»: Vampire, böse und ganz unromantisch

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Filmemacher Guillermo del Toro wagt sich an seine erste eigene Fernsehserie – und räumt auf mit «Twilight»-Kitsch oder «True Blood»-Romantik: Über die Serie «The Strain», die den Vampir-Mythos brutal neu interpretiert.

Am Anfang sieht alles aus wie eine ganz normale Folge von «Fringe»: Ein Flugzeug befindet sich auf dem Anflug zum Airport JFK, plötzlich bricht aus dem Frachtraum eine Kreatur aus. Die Maschine landet dennoch, alle Insassen scheinen tot. Eingeschaltet wird das CDC, eine US-Bundesbehörde für Krankheitskontrolle. Dr. Ephraim Goodweather, Chef des CDC in New York, untersucht das Flugzeug von innen, und er findet verdächtige Ammoniak-Spuren sowie winzige Würmer, die sich durch die Gerätschaften schlängeln. Ab hier beginnen die Mysterien: Vier Fluginsassen wachen plötzlich auf, werden unter Quarantäne gestellt. Eine riesige Kiste, verziert mit fantastisch-gotischen Symbolen, befindet sich als Fracht im Flugzeug. Und ein alter Antiquitätenhändler in New York versucht zu verhindern, dass die mysteriöse Kiste nach Manhattan kommt…

Was «The Strain» versucht, ist nichts weniger als die Neuinterpretation des uralten Vampir-Mythos. Die neue Serie von FX – dem Sender hinter «Louie», «American Horror Story» und «Sons of Anarchy» – stammt von Guillermo del Toro, einem Filmemacher, der skurrile Fantasy sonst gern auf die Kinoleinwände bringt: Er zeichnet verantwortlich für die Regie der beiden «Hellboy»-Filme, schrieb am Drehbuch der «Hobbit»-Reihe und brachte zuletzt das Sommer-Spektakel «Pacific Rim» in die Kinos.

Die Serie «The Strain» ist seine erste regelmäßige Fernseharbeit; del Toro ist damit ein weiterer Hollywood-Star, der den Schritt zum Quality TV macht, um längere Geschichten zu erzählen – und um mehr kreative Freiheiten zu haben. „Ich mache Filme, und ich weiß, dass wir in vielerlei Dingen bei «The Strain» sehr eingeschränkt wären, wenn wir die Geschichte mit großem Budget ins Kino bringen würden“, sagt der Regisseur gegenüber „metro.us“. Und führt als Beispiel an, dass er vor dem Dreh der Pilotepisode von FX-Chef John Landgraf angerufen wurde. „Er sagte ‚Ich will dich wissen lassen, dass wir Creators dazu ermutigen, so wild und so frei und so wagemutig zu sein, wie sie wollen‘.“ In Hollywood habe del Toro einen solchen Anruf nie bekommen, sagt er selbst.

Ohnehin passt der Vampir-Horror nicht auf die Kinoleinwand: «The Strain» ist blutig und brutal, man will weg vom jüngst modernen Romantik-Image der Blutsauger. Für del Toro sind seine Vampire „teuflische Parasiten“, die ihr Virus grausam über die Welt verbreiten. Man denkt zunächst – auch aufgrund der jüngsten Interpretationen wie «Twilight» – gar nicht an Blutsauger, eher verhalten sich seine Kreaturen wie Zombies. Dabei wirkt der rahmengebende Mythos, der sich in der Serie entfaltet, durchaus etwas trashig: Ein Ober-Vampir, genannt „The Master“ und eingehüllt in eine braune Kutte, führt die Invasion an und kommt über das benannte Flugzeug nach New York. Es gibt einen Nationalsozialisten namens Thomas Eichorst, der diese Operation begleitet. Es gibt den Antiquitätenhändler Abraham Setrakian, der Holocaust-Überlebender ist und von Eichorst nur „Jude“ genannt wird.

Schon in den ersten beiden Folgen wird mit diesen Figuren ein uralter Kampf angedeutet, der in «The Strain» eine zentrale Rolle spielen soll. Offenbar hat Setrakian die Welt schon einmal vor der Vampir-Invasion bewahrt, aber als alter Mann hat er nicht mehr die Kraft, um diesen Kampf erneut zu führen. Dass seine Warnungen an die jungen CDC-Ermittler wie die Worte eines Wahnsinnigen klingen, verwundert nicht. Dr. „Eph“ Goodweather glaubt zunächst nicht an einen paranormalen Spuk. Der Zuschauer weiß zu diesem Zeitpunkt bereits mehr – und erkennt, dass «The Strain» nicht ein simples Vampirschauspiel ist: Es soll der Auftakt einer großen Geschichte sein, der ein jahrhundertealter Mythos zugrunde liegt. Dabei basiert die Serie auf einer bereits erschienenen Buchtrilogie von Guillermo del Toro und Chuck Hogan, die ihre Idee ursprünglich dem Sender FOX verkaufen wollten. Nachdem dieser 2006 abgelehnt hatte, veröffentlichten sie ihre Geschichte in Schriftform; nun, acht Jahre später, kommt «The Strain» doch noch ins Fernsehen.

Quoten von «The Strain»

Die Premiere holte bei ihrer Erstausstrahlung 2,99 Millionen Zuschauer, bei den Jüngeren liegt man leicht unter den Ergebnissen der damaligen Premiere von «American Horror Story» (das ebenfalls beim Sender FX läuft). Allerdings muss «The Strain» am umkämpften Sonntag um 22 Uhr ran, u.a. läuft eine Stunde zuvor bei Konkurrent HBO «True Blood». Inklusive Wiederholungen und DVR-Aufnahmen (+3) kam die Episode auf über acht Millionen Zuseher, ist zudem erfolgreichster Kabelfernseh-Neustart 2014 und mit «The Americans» erfolgreichster FX-Neustart überhaupt. Die zweite Folge verlor in ihrer Erstausstrahlung rund ein Drittel Zuschauer.
Fans von «Fringe» und jenen Mystery-Storys, die von epischer Breite sind und langsam immer mehr ihrer Geheimnisse offenbaren, werden an dieser Serie wohl ihre Freude haben. Und vielleicht hinwegsehen über die Schwächen, die sie doch ganz offensichtlich zeigt: Neben einem gewissen Trash-Faktor fehlt eine vernünftige Charakterisierung der Hauptfiguren, die bisher nicht besser ist als im Network-Fernsehen. Die Tiefgründigkeit bei Ermittler Eph Goodweather besteht bisher allein in seiner zerrütteten Ehe und der Tatsache, dass er ein Workaholic ist. Der alte Setrakian wird oberflächlich als verschrobener Einzelgänger dargestellt. Darüber trösten die schauspielerischen Leistungen hinweg, die aus dem mäßigen Drehbuch das Beste machen. Hauptdarsteller sind unter anderem David Bradley («Harry Potter»-Filme) und Corey Stroll («House of Cards»), mit Richard Sammel ist auch ein deutscher Schauspieler im Cast.

Demgegenüber steht eine starke visuelle Inszenierung und eine gespannte Atmosphäre, die durch düster-kalte Bilder hervorragend transportiert wird. Blutige Splatter-Einlagen gehören dabei zum guten Ton des Filmemachers. Del Toro, der beim Piloten selbst Regie führte, bringt insgesamt ein kinoreifes Spektakel auf die Fernsehbildschirme. Für eine Tatsache muss man ihn ohnehin feiern: Er macht aus den Vampiren endlich wieder wirklich furchterregende, böse Monster, vor denen selbst die «True Blood»-Gestalten fliehen würden.

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