Die Kino-Kritiker

«22 Jump Street»

von

Jonah Hill und Channing Tatum verballhornen in «22 Jump Street» miese Hollywood-Fortsetzungen.

Hinter den Kulissen

  • Regie: Phil Lord und Christopher Miller
  • Produktion: Neal H. Moritz, Jonah Hill, Channing Tatum
  • Drehbuch: Michael Bacall, Oren Uziel und Rodney Rothman
  • Story: Jonah Hill und Michael Bacall
  • Darsteller: Jonah Hill, Channing Tatum, Peter Stormare und Ice Cube
  • Musik: Mark Mothersbaugh
  • Kamera: Barry Peterson
  • Schnitt: David Rennie
Das Duo Phil Lord & Chris Miller gehört zu den interessantesten Regie-Neuentdeckungen der vergangenen Jahre. Dank des humor- und liebevollen Animationsfilms «Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen», der unerwartet ideenreichen Comedy-Kinoadaption der 80er-Kultserie «21 Jump Street» und dem vor gewollt chaotischer Kreativität platzenden «The LEGO Movie» haben sie sich unter Hollywood-Anhängern längst einen Namen gemacht. Und zwar einen Namen als Spezialistenteam für Leinwandverfilmungen, die auf dem Papier wie lieblose Kinomassenware erscheinen. Lord & Miller nehmen solche Ideen, heben sie mit Selbstironie und einer herzlichen Grundeinstellung auf ein höheres Niveau, und übertreffen so sämtliche Erwartungen.

Auch «22 Jump Street» hätte ohne Weiteres in eine Katastrophe münden können. Unterhaltsame Komödienfortsetzungen, die nicht eilig hingeschludert wirken, sind eh äußerst rar gesät. Und da schon «21 Jump Street» durchaus vom Überraschungsfaktor profitierte, unerwartet gut zu sein, stand die berechtigte Frage im Raum, ob für das Sequel noch genügend Humorpotential gegeben ist. Doch die Autoren Michael Bacall, Oren Uziel & Rodney Rothman sowie das Duo Lord / Miller zünden in «22 Jump Street» so viele Knallergags, dass sämtliche Zweifel des Publikums rasch davongelacht werden.

Schon allein das Story-Grundgerüst dürfte andeuten, in welch komischen Sphären «22 Jump Street» abhebt: Die ehemaligen Fahrradpolizisten Schmidt (Jonah Hill) und Jenko (Channing Tatum) erfahren wenige Jahre nach ihrem Undercovereinsatz an der High School, dass sich ihre Vorgesetzten für eine Fortsetzung entschieden haben. Dieses Mal müssen sie zwar am College den Dealer einer gefährlichen Szenedroge ausfindig machen und zudem steht ihnen ein höheres Budget zur Verfügung, davon abgesehen sollen sie aber einfach ihren früheren Erfolg haargenau wiederholen. Der sensible Schmidt und der stets verpeilte Jenko möchten trotz dieser Vorgabe neue Wege einschlagen, aber ihr Chef (Ice Cube) putzt sie für diesen abwegigen Gedanken immer wieder herunter. „Alles genauso wie beim letzten Mal“, so lautet die erzwungene Devise …

Selbst ein begriffsstutziger Naivling wie der von Channing Tatum mit köstlichem Gespür für Timing verkörperte Jenko dürfte dahinterkommen, dass sich «22 Jump Street» nicht bloß um ein Ermittlergespann dreht, das sich aufgrund seines Innovationsdrangs Ärger mit der Polizei-Chefetage einhandelt. Die Filmemacher schreien in vollster Lautstärke heraus, was sie von den meisten Vertretern der Gattung Film halten, die sie hiermit abliefern. In beeindruckend hoher Frequenz wettert Lords und Millers verspielt inszenierter US-Hit «22 Jump Street» gegen Fortsetzungen, die keine erzählenswerte Geschichte aufweisen. Die Regisseure attackieren darüber hinaus den Glauben, dass Sequels mit aufgewärmten Ideen davonkommen, wenn sie einfach nur das Setting wechseln. Und nicht nur Innovationsangst wird persifliert, auch Fortsetzungen mit absurd hohen Produktionskosten kriegen ihr Fett weg. Lord und Miller wären aber nicht die verschmitzt innerhalb des Systems arbeitenden Querdenker, die sie nun mal sind, wenn sie ihre Hollywood-Persiflage nicht noch kurioser gestalten würden. Und so erlauben sie sich eine Sequenz, die ins Gegenteil umschlägt und darüber herzieht, wenn das Studio, äh, das Polizeipräsidium plötzlich den Geldhahn zudreht.

«22 Jump Street» ist bei all seinen Attacken auf die Filmindustrie jedoch keine reine Parodie. So dient der dünne Kriminalplot auch als Anlass für zahlreiche Reibungspunkte in der Partnerschaft zwischen Jenko und Schmidt. Dieser Subplot wiederum funktioniert einerseits als Ausrede für die Autoren, einige „Sind die Beiden etwa nicht nur im Job Partner?“-Gags im Stile späterer «Sherlock»-Folgen einzuarbeiten. Andererseits geben die geistreichen Wortgefechte zwischen den Undercover-Cops und die spürbar gute Chemie zwischen Tatum und Hill «22 Jump Street» auch einen ehrlichen Kern. Dieser schlussendlich hält die tolldreisten Hollywood-Attacken und die selbstironischen Szenenabfolgen zusammen, formt sie zu einem runden Ganzen. Denn das Drehbuch sowie die Performances der zwei Hauptdarsteller geben dem ungleichen Ermittlerduo ausreichend Profil, um diese Figuren liebenswert zu machen. Jenko und Schmidt werden dank ihrer „Beziehungsprobleme“, die sie in «22 Jump Street» durchmachen, zu zwei der denkwürdigsten Buddy-Cops seit vielen Kinojahren. Selbst viele, die bei «21 Jump Street» noch an Tatums Können als Comedyakteur zweifelten, dürften hier von seiner doppelbödigen Performance als durchtrainierter Hohlkopf bis zum Lachkrampf getrieben werden. Und auch Hill übertrumpft mit Dackelblick und ansteckendem Spaß an Slapstickeinlagen seine Darbietung aus dem Erstling.

Da ist es ein Leichtes, die vereinzelten Schwächen dieser turbulenten Komödie zu verzeihen. Denn unterm Strich zählen die Argumente auf der Habenseite einfach mehr: Denn so uninteressant dieses Mal die Kriminalhandlung ist, so pointiert sind die Metakommentare über Erzählkonventionen wie bewusste Irreführungen des Publikums. So schmierig der Gastauftritt zweier «21 Jump Street»-Filmdarsteller sein mag, so faszinierend übertrieben ist der von ihnen konsequent durchgezogene Running Gag. Und wer am Setting dieses Films keinen Gefallen findet, dürfte im Abspann auf seine Kosten kommen. Der allein erzeugt mehr Lacher, als die letzte Comedy-Fortsetzung dieser Größenordnung («Hangover 3») in ihrer Gesamtheit!

Fazit: «22 Jump Street» ist frecher und verrückter als der Vorgänger – und Channing Tatum ist hier so lustig wie nie zuvor!

«22 Jump Street» ist ab dem 31. Juli 2014 in vielen deutschen Kinos zu sehen.

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