Cast und Crew
Vor der Kamera:Matthias Brandt («Polizeiruf 110») als Georg Sahl, Suzanne von Borsody («Schimanski») als Franziska Sahl, Maxim Mehmet («Tatort») als Thomas Sahl, Lisa Hagmeister («Foal») als Judith Sahl, Margarita Broich («Fack ju Göhte») als Hildegard Becker, Claudia Michelsen («Flemming») als Helen, Peri Baumeister («Irre sind männlich») als Nina
Hinter der Kamera:
Regie: Hermine Huntgeburth, Drehbuch: Thea Dorn, Produktion: Lili Kobbe, Musik: Biber Gullatz und Andreas Schäfer, Schnitt: Silke Franken, Kamera: Sebastian Edschmid
Aber der von einem unaufgeregten Matthias Brandt mit einprägsamer Contenance verkörperte letzte Verteidiger der journalistischen Integrität hat selber ein Geheimnis. Er, der seine jungen, wilden Redakteure ermahnt, wann immer sie das Privatleben eines Politikers ins Rampenlicht zerren wollen, genießt einen Lebensstil, der schlagzeilentauglich ist. Denn der Publizist aus Leidenschaft hintergeht seine Ehefrau, die schlagfertige Anwältin Franziska (eine engagierte Suzanne von Borsody in ihrer facettenreichsten Rolle seit Jahren) seit Jahren mit jüngeren Frauen. Georgs aktuelle Gespielin, die Volontärin Nina (verbissen und sinnlich: Peri Baumeister), macht den grau melierten Herren im Bett so glücklich wie schon lange nicht mehr – jedoch erweist sie sich allmählich als Problem. Wussten frühere Affären ihren Platz als Betthäschen zu achten, versteht sich Nina als seine neue große Liebe und lässt so nach und nach die Tarnung fallen, spricht sogar bei Georgs Gattin Franziska vor. Dies bringt Franziskas und Georgs erwachsenen Sohn Thomas zur Weißglut – und dies ausgerechnet, während erste Gespräche beginnen, den Publizisten als Bundespräsidenten vorzuschlagen …
Machte Sat.1 um seine von Schlagzeilen inspirierten Fernsehfilmen «Der Minister» und «Der Rücktritt» einen gewaltigen Tumult und feierte sie bereits vorab als televisionäre Events, lässt es Das Erste mit dieser zwar überspitzten, dennoch plausiblen Spekulation ruhiger angehen. Und wird so der Geschichte gerecht. Regisseurin Hermine Huntgeburth («Neue Vahr Süd») schert sich herzlich wenig darum, einen laut tönenden Film zu erschaffen, der so reißerisch von seinem polygamen Protagonisten erzählt, wie Boulevardblätter von einem Vorfall wie dem hier geschilderten berichten würden. Stattdessen schafft sie in ruhig inszenierten Szenen, die sich auf die mimische Gewalt der Darsteller konzentrieren, viel Raum für gesellschaftskritische Zwischentöne und die emotionale Nachwirkung der raffinierten Dialoge.
«Männertreu» versteht sich daher nicht nur als fiktionale Verarbeitung einer Reihe von politisch-medialen Skandalen, sondern auch als intelligent konstruiertes Charakterstück und Familiendrama. Die Perspektiven der Figuren, wie scharf Politik und Privates getrennt werden können, sind ebenso vielschichtig und relevant wie die vertrackte Konstellation innerhalb von Georg Sahls Familie. Autorin Thea Dorn («Tatort: Der schwarze Troll») nimmt keine ihrer Figuren in Schutz, genauso wenig macht sie sich über ihre tragischen Charaktere lustig. Die tragikomische Grundstimmung wird über die Laufzeit von rund 90 Minuten zwar zwischenzeitlich mangels Ausbrüche in jegliche Richtung gegen Schluss leicht ermüdend, ist gleichwohl aber beeindruckend konsequent. Die über die Handlung verteilten, zitierfähigen Monologe und der löblich unprätentiöse Schluss mildern jedoch den Ärger über die tonale wie visuelle Monotonie dieses furios besetzten Einschalttipps.
«Männertreu» ist am 30. Juli 2014 um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.