Hinter den Kulissen
- Regie: Ute Wieland
- Drehbuch: Peer Klehmet, Ute Wieland und Nina Pourlak
- Produktion: Edda Sonneman, Alexander Thies und Stefan Thies
- Musik: Oliver Biehler
- Kamera: Peter Przybylski
- Schnitt: Tobias Haas und Heike Parplies
Unter der Regie der 1957 geborenen Ute Wieland kommt der Bestseller, der über 350 Wochen in den 'Spiegel'-Verkaufscharts vorzufinden war, nun ins Kino. Wie bei jeder Verfilmung eines in Tagebuchform geschriebenen Buchs musste auch die «Freche Mädchen»-Regisseurin einige Kompromisse machen, um diese Geschichte ins Filmformat zu bringen. Entgegen der landläufig gern propagierten Meinung, Bücher seien immer besser als Filme, kann dieser Prozess zu herausragenden Kinoproduktionen führen. «Besser als Nix» aber ist ein Beispiel für lausige Literaturverfilmungen – unabhängig davon, ob man die Vorlage kennt oder nicht.
Die Ausgangslage von Ute Wielands «Besser als Nix» ist durchaus reizvoll: Halbwaise Tom (François Goeske) scheitert in der Schule, ist das schwächste Glied in der von seinem Vater Carsten (Wotan Wilke Möhring) trainierten Dorffußballmannschaft und hat keinerlei Zukunftsperspektiven. Die Berufsberaterin empfiehlt ihm, allein aufgrund seiner wortkargen Natur und seiner schwarzen Kleidung, es als Bestattungsfachkraft zu versuchen. Dieser Vorschlag bringt ihm reichliche Häme bei seinen Mitschülern ein – selbst sein bester Freund Mike (Jannis Niewöhner) findet es zum Schießen, dass Tom es nun tagein und tagaus mit Toten zu tun bekommt. Allein seine Oma (Hannelore Elstner) und die Referendarin Sarah (Anna Fischer) ermutigen den sentimentalen Jungen, der dauernd bei der Führerscheinprüfung versagt. An seinem ersten Arbeitstag fällt Tom dann aus allen Wolken: Mit der aufdringlichen Ukrainerin Olga (Nicolette Krebitz), dem verschrobenen Herrn Hiller (Martin Brambach) und dem unheimlich versierten Hans (Clemens Schick) hat er im Bestattungsinstitut Heimkehr drei äußerst exzentrische Kollegen erwischt …
Obwohl «Besser als Nix» innerhalb von 96 Filmminuten zahlreiche Baustellen aufmacht und viele davon unbefriedigenderweise rasch vergisst, manövriert sich Hauptdarsteller François Goeske behände durch das unausgegorene Skript. Der 25-Jährige verschmilzt geradezu mit seiner Rolle und macht all ihre Stationen in dieser Coming-of-Age-Geschichte greifbar. Seine verträumten Radtouren, seine aus tiefster Verzweiflung herrührenden Streitereien mit seinem Vater und seine verschüchterten Flirts mit Referendarin Sarah: In sämtlichen Gefühlslagen, die Tom durchlebt, ist Goeskes Darbietung intensiv, ohne dick aufgetragen zu sein. Die kleinen Gesten, mit denen der aus «Französisch für Anfänger» bekannte Mime seine komplexe Leinwandfigur erschafft, sind stets überzeugend – selbst wenn über das Drehbuch und dessen Umsetzung nicht das Gleiche gesagt werden kann.
Ute Wieland verzettelt sich vor allem beim Versuch, die dramatische Schwere der orientierungslosen Hauptfigur mit skurrilem Humor aufzuwiegen. Die Präsenz eines Raben im Bestattungsinstitut sowie die makabere Mehrzweckeinrichtung des Trauerhauses haben bei aller Überzeichnung Charme und fügen sich nahtlos in die Grundstimmung. Andere Gags dagegen reißen die eingangs dichte Atmosphäre dieser Tragikomödie auseinander und lassen sie zeitweise zur Farce verkommen: Wenn Tom während der Fahrprüfung hilflos im Kreisverkehr herum eiert oder die lange Zeit authentisch gezeichnete Dorfjugend (irgendwo zwischen selbstverliebt-prollig und resigniert-aussichtslos) eine Gedenkfeier in einen Rave verwandelt, erinnert «Besser als Nix» eher an eine Sat.1-Sketchshow. Trauriger Höhepunkt ist eine inhaltlich ins Nichts laufende Slapstick-Vertauschaktion während einer Beerdigung, die unterstreicht, wie sehr der Film hinter seinen Themen zurückbleibt.
«Besser als Nix» handelt davon, wie Tom durch komische und tragische Ereignisse lernt, eine gesunde Position zum Tod einzunehmen. Tonal bleibt der erlösende „Aha!“-Moment jedoch aus: Wann immer es darum geht, sich profund mit seinem zentralen Thema auseinanderzusetzen, fliehen sich Skript und Inszenierung in lärmende Scherze oder in eines der zahllosen Subthemen. Diese werden ebenfalls mehr schlecht als recht angerissen: Anders als im Buch ist der Flirt zwischen Tom und Sarah trotz Anna Fischers charmanter Performance bloß Hintergrundrauschen, der ewige Zwist mit Toms Vater findet derweil eine hastige Lösung, die Wotan Wilke Möhrings engagiertem Spiel nicht gerecht wird.
Diese Inkonsequenz von «Besser als Nix» ist angesichts der starken Szenen, in denen allein Toms Innenleben beleuchtet wird, überaus frustrierend. Vor allem, wenn Tom ein emotionales Extrem durchmacht und sich Musik- wie Bildgestaltung ganz diesem Hoch- oder Tiefgefühl anpassen, zeigt sich, welch großes Kino aus diesem Stoff hätte gesponnen werden können. Aber die Kluften zwischen dem dramatischen und dem grotesken Herzen dieser Tragikomödie sind zu groß, um ein kohärentes Ganzes zu ergeben.
«Besser als Nix» ist ab dem 21. August 2014 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.