Die internationalen Titel der Show
Das japanische Original heißt übersetzt "Tiger des Geldes", während die Show in Großbritannien «Dragon's Den» betitelt ist und die US-Variante auf den Namen «Shark Tank» hört. In Finnland dagegen war die bereits eingestellte Adaption als «Leijonan kita» bekannt, was übersetzt "Das Maul des Löwen" bedeutet.In der deutschen Adaption des US-Formats «Shark Tank» präsentiert Moderator Amiaz Habtu diverse Menschen, die mit einer spannenden Geschäftsidee oder Erfindung aufwarten, allerdings dringend nach einem Investor suchen, der bereit ist, ihrem Projekt finanziell und bestenfalls auch noch hinsichtlich Vermarktung und Know-How unter die Arme zu greifen. Hier kommen die "Löwen" ins Spiel: Vural Öger, Judith Williams (Foto), Jochen Schweizer, Frank Thelen und Lencke Wischhusen suchen nach lukrativen Investitionsmöglichkeiten. Sie erhalten keine Gage für ihr Engagement und stellen den Teilnehmern der Show ihre eigenen finanziellen Mittel zur Verfügung, sofern sie an der Profitabilität der Idee glauben.
Gleich durch die sehr knackig gehaltene Exposition und das aggressive, leicht martialisch anmutende Intro bekommt der Zuschauer signalisiert, dass er hier keine Wohlfühl-Unterhaltung als temporäre Nebenbeschäftigung beim Bügeln erwarten darf. Statt hohler Floskeln und Schmeicheleien, die in vielen der bekannten Casting-Shows vorherrschend sind, verwickeln die fünf Investoren die Jungunternehmer konsequent in sehr ernste und gehaltvolle Diskussionen, die zum Teil beinahe Ausmaße eines Kreuzverhörs annehmen. Das darf man sich jetzt nicht als bohleske Selbstinszenierung vorstellen, bei der permanent plumpe Beleidigungen und Schenkelklopfer zum Besten gegeben werden, aber der Ton ist dennoch rau. Aber genau das schafft bei beinahe jedem vorgestellten Produkt eine spannende Interaktion und Eigendynamik, die man niemals in der hohen Qualität hätte scripten können.
Interessant im Vergleich mit bekannten Casting-Shows ist auch die nicht in diesem Ausmaß vorhandene Bipolarität des Entscheidungsprozesses: Während es bei «The Voice», «DSDS», «Got to Dance» und weiteren typischen Genre-Vertretern stets nur die Optionen "Einzug in die nächste Runde" oder "Scheitern" gibt, ist die Welt hier nicht ganz so schwarz-weiß: In einigen Fällen loben die Investoren beispielsweise die ihnen zugetragenen Ideen, lehnen sie für eine Investition ihrerseits aber deshalb ab, weil sie diese im konkreten Fall nicht für sinnvoll halten - aus Eigeninteresse, aber auch aus Sicht des Gründers, dem sie mit auf den Weg geben, sich anderweitigen Umsetzungsplänen zu öffnen. Hier wird dem Publikum ein Grundmaß an ökonomischem Wissen abverlangt, gleichzeitig macht es aus den Investoren mehr als Marionetten eines starren TV-Konzepts.
Überhaupt muss der Begriff Authentizität bei der Sendung groß geschrieben und fett unterstrichen werden: Man verzichtet beinahe komplett auf inszenatorische Mittel, wenn man von der dezenten musikalischen Untermalung einmal absieht, die Dialoge wirken ausnahmslos frei und "echt", einigen Gründern merkt man bei der Präsentation ihre Nervosität deutlich an - was sympathisch ist, da man es hier mit echten Charakteren zu tun hat und nicht das Gefühl hat, hier werden glatte und medienerfahrene Halbprofis vor der Kamera bevorzugt behandelt. Für jede Produktvorstellung wird gut und gerne zehn Minuten Sendezeit bereit gestellt, woran man gut tut, denn sie ist das Herzstück des Formats. Hier entstehen schließlich die besonderen und prägnanten Momente.
Ermias 'Amiaz' Habtu
- Familie stammt aus Eritrea
- Studierter Diplom-Kaufmann
- Moderierte bei NBC Europe, iM1 und ZDFneo
- Erste VOX-Sendung: «Wer weiß es, wer weiß es nicht»
- Zuletzt Teil des hochgelobten ZDFneo-Projekts «Der Rassist in uns»
Ansonsten stellt sich dann schlussendlich eben doch wieder die Frage, ob das Massenpublikum ein derart dialoglastiges, ehrliches und direktes Format ohne große Gefühlsduselei sehen möchte. Hierfür ist die Programmierung der Premiere in direkter Konkurrenz zum Champions-League-Qualifikationsspiel von Bayer Leverkusen sicherlich etwas unglücklich ausgefallen und wird wohl einige potenzielle Interessenten vom Einschalten abgehalten haben. Immer wieder wurde im Vorfeld auch die Frage aufgeworfen, ob die wenig karrierezentrierte deutsche Mentalität auch erfolgshemmend sein könne - immerhin habe ja unternehmerischer Erfolg und Karriere unter anderem in den Vereinigten Staaten einen ganz anderen, mit weniger negativen Untertönen behafteten Stellenwert als hierzulande. In den USA startet «Shark Tank» Ende September tatsächlich bereits in seine sechste Staffel und konnte bislang seine Reichweiten kontinuierlich ausbauen.
Ob ein ähnlicher Erfolg auch mit «Die Höhle der Löwen» denkbar ist, wird die Zukunft zeigen müssen. Konzeptionell lehnt man sich ein wenig an Casting-Formaten an, auch Assoziationen zu den eher enttäuschend aufgenommenen Sendungen «Big Boss» und «Fashion Hero» - die jedoch inhaltlich auch weitaus weniger hergaben - kommen gewiss auf. Doch letztlich hat VOX sich hier ein Unikat im deutschen Fernsehen sichern können, das qualitativ herausragt und einen Erfolg schlicht und einfach verdient hätte. Die Sendezeit mag mit zwei Stunden etwas lang ausgefallen sein, der Moderator kann sich nicht wirklich in Szene setzen und allzu große inhaltliche Abwechslung kann man zumindest in der ersten Ausgabe nicht bieten, doch das sind allesamt eher schüchterne Versuche von Seiten des Rezensenten, zumindest einige kritische Töne anzuschlagen. Alles in allem gibt es hier nämlich kaum etwas zu bemängeln. Bis Anfang Oktober muss sich nun herausstellen, ob die Zuschauer ein Konzept wie dieses hier annehmen.
«Die Höhle der Löwen» läuft acht Wochen lang dienstags um 20:15 Uhr auf VOX. Gegen neun Uhr erfahren Sie morgen Früh bei Quotenmeter.de, wie die Einschaltquoten der Auftaktfolge ausgefallen sind.