Hinter den Kulissen
- Regie: Scott Derrickson
- Produktion: Jerry Bruckheimer
- Drehbuch: Scott Derrickson und Paul Harris Boardman, basierend auf dem Buch "Beware the Night" von Ralph Sarchie und Lisa Collier Cool
- Musik: Christopher Young
- Kamera: Scott Kevan
- Schnitt: Jason Hellmann
Bruckheimer reagierte, zumindest in Pressestatements, gelassen auf das unschöne Ende seiner Kooperation mit Disney. Er habe die Zusammenarbeit sehr genossen, freue sich auf künftige gemeinsame Projekte wie den fünften «Pirates of the Caribbean»-Teil, und wolle diese Zäsur für eine stilistische Umorientierung nutzen. Kommende Kinoproduktionen Bruckheimers sollen wieder die Mentalität seiner früheren Filme wie «The Rock», «Con Air» oder «Beverly Hills Cop» versprühen. Nun, etwas mehr als ein Jahr nach «Lone Ranger» kommt also «Erlöse uns von dem Bösen» daher, so als sei der Film ein überdeutliches Signal: Der familienunverträgliche Jerry Bruckheimer ist zurück – und mit ihm auch die Optik eines gestandenen 90er-Jahre-Thrillers für ältere Jugendliche und junge Erwachsene.
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Die Grundlage für Bruckheimers Ausflug ins Horrorgenre (beziehungsweise Derricksons Ausflug in die Welt der Jerry-Bruckheimer-Ästhetik) ist das in Zusammenarbeit mit Lisa Collier Cool geschriebene Buch „Beware the Night“ des New Yorker Polizisten Ralph Sarchie. Sarchie behauptet, im Laufe seiner Polizeikarriere in Kontakt mit übernatürlichen Phänomenen gekommen zu sein, woraufhin er sich in die Praktiken des Exorzismus einweihen ließ. Lose an diesem vermeintlichen Sachbuch entlanghangelnd erzählt «Erlöse uns von dem Bösen» die Geschichte von Sarchies erstem andersweltlichen Fall, wobei Derrickson zu Gunsten des Thrills jegliche Ambiguität fallen lässt. In seinem Film muss die von Eric Bana verkörperte Leinwandversion Ralph Sarchies schon früh vom unkonventionell agierenden Priester Mendoza (Édgar Ramírez) erlernen, dass es auf der Welt zwei Arten des Bösen gibt: Das durch den Menschen ausgeübte sekundäre Böse und das unbegreifliche primäre Böse.
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Die größte Stärke dieser Genremischung ist die schneidige Optik, die gekonnt die übliche Horrorfilmdüsternis mit der Videoclip-Dynamik eines jugendorientierten 90er-Thrillers vereint. Wer sich gelegentlich dabei erwischt, den Look größerer Actionthriller besagter Dekade zu vermissen, wird das matte Schwarz und die dunkel glänzenden Großstadtlichter in «Erlöse uns von dem Bösen» gewiss genießen. Kameramann Scott Kevan («Underworld: Awakening») und Regisseur Derrickson geben ihrem Film mit dieser Ästhetik durchgehend ein zwar aufpoliertes Äußeres, achten gleichwohl aber darauf, die Atmosphäre von Beginn an sehr beklemmend zu halten. Die dunkle Farbpalette, die bedrohlich fallenden Schatten und der elektronische Akzente setzende Score von Christopher Young («Drag Me to Hell») geben selten Gelegenheit zum Aufatmen – und da die audiovisuelle Komponente von «Erlöse uns von dem Bösen» eben nicht genretypisch dreckig daherkommt, erscheinen auch die üblichen Aufschreckmomente nur in wenigen Fällen klischeehaft.
In der ersten Filmhälfte macht sich Derrickson einen Spaß daraus, an der Spannungsschraube zu drehen und letztlich doch nur Figuren durchs Bild stolpern, Katzen aufschreien oder Stofftiere umfallen zu lassen. Je mehr Glauben der von Eric Bana verbissen gespielte Grobmotoriker Sarchie dem Übernatürlichen schenkt, desto öfter mischt sich jedoch echter Grusel zwischen die falschen Fährten, so dass sich die Spannung des Films zwischenzeitlich daraus generiert, dass man sich als Zuschauer fragt: Legt mich der Streifen nur wieder rein oder passiert gleich tatsächlich etwas Übles?
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Während gerade im ersten Drittel die Versuche, das Dämonische mit dem Irdischen zu verbinden, oftmals flach fallen (so wird der Band 'The Doors' ein fragwürdiger Tribut gezollt), legt Derricksons Regiearbeit gegen Schluss an Treffsicherheit zu. Die Figuren gewinnen an Charakter und sobald Sarchie seinen ersten Exorzismus erlebt, ist Gänsehaut pur garantiert. Die in ausgedehnter Länge gezeigte Teufelsbekämpfung ist für sich betrachtet die wohl beste Dämonenaustreibung seit «Der Exorzist». Nach diesem klang- und effektgewaltigen Höhepunkt spurtet «Erlöse uns von dem Bösen» dann auch rasch zur Ziellinie, so dass die Erinnerungen an die Stärken des Films möglichst präsent bleiben. Es lohnt sich also, nach den vielen ins Leere führenden Schockmomenten zu Beginn nicht den Glauben an Derricksons inszenatorisches Können zu verlieren.
Fazit: Regisseur Scott Derrickson verzockt sich bei seinen Rückgriffen auf Genreklischees zwar anfangs ein bisschen, doch mit voranschreitender Laufzeit wird «Erlöse uns von dem Bösen» trotz ausbaufähiger Subplots immer besser. Schlussendlich ist der Film genau das, was erwartet werden darf, wenn Jerry Bruckheimer mal einen Horrorfilm produziert: Dunkle Edeloptik, rasches Erzähltempo und ein bombastisches Finale.
«Erlöse uns von dem Bösen» ist ab dem 4. September 2014 in vielen deutschen Kino zu sehen.