Die Kritiker

«Monsoon Baby»

von

Der in Kinooptik daherkommende TV-Film «Monsoon Baby» packt das Reizthema Leihmutterschaft unaufgeregt und einsichtig an.

Cast und Crew

Vor der Kamera:


Julia Jentsch («Marthaler») als Nina,
Robert Kuchenbuch («Over the Rainbow») als Mark,
Hanna Scheibe («Zappelphilipp») als Doro,
Loni von Friedl («Spion unter der Haube») als Greta,
Thomas Limpinsel («Die Muse») als Dominik Volkert,
Susanne Schroeder («Hirngespinster») als Anne Volkert,
Pradip Mitra als Dr. Banerjee,
Tillotama Shome («Tasger Desh») als Shanti



Hinter der Kamera:

Regie: Andreas Kleinert, Drehbuch: Florian Hanig & Andreas Kleinert, Produktion: Annie Brunner, Andreas Richter & Ursula Woerner, Kamera: Andreas Höfer, Schnitt: Gisela Zick, Musik: Daniel Dickmeis, Szenenbild: Oliver Hoese
Nachdem «Monsoon Baby» im Juli 2014 bereits im Rahmen des Festivals des deutschen Films aufgeführt wurde, findet diese fürs Fernsehen gedachte Produktion aus dem Hause Roxy Film nun auch ihren Weg in die ARD-Primetime. Dass Regisseur Andreas Kleinert («Freischwimmer») mit diesem Drama einen Fernsehfilm ablieferte, ist dem Neunzigminüter allerdings nicht anzusehen. Kleinert und Kameramann Andreas Höfer («Der Kriminalist») verfrachten das Publikum in farbenprächtiger, gleichzeitig ungeschönter Kinooptik mitten ins wahre Kalkutta. Dort herrscht trotz aller Unaufgeräumtheit ein faszinierendes Farbenwirrwarr, das die Kamera in all seiner Pracht einfängt und gekonnt mit den emotionalen Schattenseiten dieser Geschichte eines Paares kontrastiert, das nach Indien fährt, um eine Leihmutter zu suchen.

Übereilt ist die Entscheidung von Nina (Julia Jentsch) und Mark (Robert Kuchenbuch) wirklich nicht. Seit Jahren versuchen sie, ein Kind zu bekommen. Aber nachdem es auf natürlichem Wege nur zu Fehlgeburten kam und auch die künstliche Befruchtung nichts brachte, musste eine neue Idee her. Eine Adoption kommt für das Paar nicht in Frage, und die Leihmutterschaften in den europäischen Ländern zu genehmigen, kostet es einfach zu viel. Also wagen sie die Reise nach Indien, die sie sogleich als Anlass für das Nachholen der Flitterwochen nehmen. In einer erfahrenen indischen Ärztin, die sogar mehrere Jahre in Deutschland studierte, finden sie eine Vertrauensperson, die ihnen drei junge Damen vorstellt, aus denen sie ihre Leihmutter auswählen. Es soll die zurückhaltende, freundliche Shanti sein – und damit hoffen Mark und Nina die Sache auch schon hinter sich gebracht zu haben.

In Deutschland angekommen, nimmt das Ganze aber sehr wohl eine unerwartete Wende. Mark bringt es nicht übers Herz, seiner gestrengen Familie die Wahrheit einzuschenken und tischt ihnen daher die Lüge auf, Nina sei endlich ohne Komplikationen schwanger geworden. Um die Lüge aufrecht zu erhalten, besorgt er seiner Angetrauten sogar mehrere Plastikbäuche. Doch Mark ist nicht der Einzige, der auf seltsame Ideen kommt, denn Nina macht ihren Gatten mit haarsträubenden Theorien fertig, was alles gerade ihrem Kind passieren könnte. Die Liebenden geraten aneinander – bis sich zeigt, dass Ninas Bauchgefühl sehr wohl richtig lag. Ein folgt ein zweiter, dramatischer Indienabstecher …

Im Gegensatz zu vielen öffentlich-rechtlichen Fernsehfilmen, die sich mit brisanten Themen beschäftigen, kommt «Monsoon Baby» ohne belehrenden Zeigefinger aus. Auch die bemüht-informativen Diskurse, die solche Produktionen oft plagen, bleiben hier aus. Stattdessen lassen die Filmemacher den Zuschauer daran teilhaben, wie zwei intelligent geschriebene, sympathische Figuren mit diesem Thema umgehen. So werden die grundlegenden Informationen über diese brisante Sache ganz nebenher verdeutlicht und zugleich die moralischen und emotionalen Fragen stärker ins Zentrum der Story gerückt. Obwohl Nina und Mark mit großem Bücherwissen an die Leihmutterschaft herangehen, sind sie nicht darauf vorbereitet, wie das Reizthema sie selbst beeinflusst. Und ebenso wenig können sie ahnen, welche Probleme auf Shanti zukommen.

Obgleich es etwas dick aufgetragen ist, wie lange die Protagonisten am Plan festhalten, ihrem Umfeld eine „normale“ Schwangerschaft vorzugaukeln, sorgen das Drehbuch und die natürlichen, ungekünstelten Darbietungen der Hauptdarsteller dafür, dass sich «Monsoon Baby» wie aus dem wahren Leben gegriffen fühlt. Jentsch und Kuchenbuch erwecken mit kleinen Gesten und vielsagenden Blicken den Eindruck, dass der Zuschauer einem langjährigen, problemerprobten Paar zuschaut, das nun in eine Ausnahmesituation gerät. Auch die indischen Schauspieler wissen zu begeistern und helfen, dieses Drama ohne Pathos oder Sensationsgier zu einem emotionalen und aussagekräftigen TV-Film zu machen – würden Fernsehproduktionen Problemthemen doch nur öfter so anpacken wie «Monsoon Baby»!

«Monsoon Baby» ist am 17. September 2014 um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/73145
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