Hinter den Kulissen
- Produktion: DC Entertainment, Primrose Hill Prod., Warner Bros.
- Schöpfer: Bruno Heller («Rome», «The Mentalist»)
- Darsteller: Ben McKenzie, Donal Logue, David Mazouz, Erin Richards, Jada Pinkett Smith ua.
- Executive Producers: Danny Cannon, Bruno Heller
- Regisseur (Pilot): Danny Cannon
Man würde vermutlich ungern in diesem Gotham leben. Geschichten aber um den korrupten Moloch, der seit Jahrzehnten die Comicszene anzieht und Heimat des Superhelden Batman ist, sind höchst ansteckend. Die neue TV-Serie «Gotham» schafft Spannung durch eine immersive Darstellung jener Metropole, die im Verbrechen versinkt – und durch die Extreme, von denen das Batman-Universum lebt: Gegen das übermächtig Böse, gegen die Unterwelt und all diejenigen, die auf keiner oder beiden Seiten stehen, gibt es nur ganz wenige Helden. James Gordon ist so einer: ein junger Cop, der mit seinem erfahrenen Kollegen Harvey Bullock auf Verbrecherjagd geht. Gordon findet schnell heraus, dass auch Bullock von der Unterwelt kontrolliert wird. Und dass der ehrliche, kompromisslose Kampf gegen das organisierte Verbrechen scheinbar aussichtslos ist.
«Gotham» spielt zu einer Zeit, bevor Superheld Batman die Stadt beschützt. Die Serie beginnt mit der Ermordung von Thomas und Martha Wayne: Sie werden in einer dunklen Gasse von einem Straßendieb erschossen, ihr kleiner Sohn Bruce erlebt die Tat vor seinen Augen, er wirft sich auf die Knie und schreit seinen Schmerz heraus. Es ist die ikonischste Szene des Batman-Mythos, direkt aus dem Comic übernommen. Und es ist dessen Geburtsstunde; die Geburtsstunde der Wut auf den sinnlosen Tod, welche Bruce Wayne später antreiben wird. Viele Jahre später, wenn er zum Superhelden Batman wird – eine Geschichte, die «Gotham» bewusst nicht erzählt.
- © Warner Bros.1 / 5
David Mazouz spielt Bruce Wayne, den zukünftigen Batman.
Das sind die Figuren der neuen Serie «Gotham»
Die Ermittlungen im Mordfall übernehmen Bullock und Gordon, sie finden bald einen Verdächtigen und strecken ihn nieder. Nur um später zu erfahren, dass dem potenziellen Mörder die Tat nur angehängt wurde – wenig überraschend: Bis heute lebt der Mythos davon, dass der wahre Mörder der Waynes immer unbekannt geblieben ist. «Gotham» schreibt die Geschichte also nicht neu. Und die Ermittlungen des jungen James Gordon in diesem Fall stehen nur stellvertretend für eine Erkenntnis, die sich dem Zuschauer offenbaren soll: Gordon ist der bedingungslose Gerechtigkeitskämpfer, idealistisch und vielleicht zu naiv. Er wendet Gewalt nicht an, wenn sie nicht unbedingt nötig ist. Er schießt nicht, wenn die anderen ihn auffordern. Er füllt das Vakuum, das später Batman schließen wird.
Die Pilotepisode von «Gotham» fühlt sich gut strukturiert an: Während die Geschichte um den Fall Wayne abgeschlossen wird, legt man den Grundstein für das Serienuniversum – mit der Einführung zahlreicher Charaktere, die unter anderem aus der Comicvorlage bekannt sind: „Catwoman“ Selina Kyle, der junge „Pinguin“ Oswald Cobblepot, ein überbehütender Butler Alfred Pennyworth und James Gordons Ehefrau Barbara. Trotz des sehr großen Casts wirkt die Exposition nicht konstruiert oder überladen, selbst die Figurencharakterisierung wird ein wenig vorangetrieben – zumindest für Network-Verhältnisse.
Schauspielerisch befindet sich die Serie auf hohem Niveau: Ben McKenzie («O.C., California», «Southland») sticht als junger Gordon heraus, der eigentlich nicht ins verruchte Gotham passt – und den Antipol wunderbar porträtiert. Auch Donal Logue (Harvey Bullock) und Robin Lord Taylor (Oswald Cobblepot) spielen groß auf, letzterer schafft es, die kranke Psyche des „Pinguin“ erschreckend anzudeuten. Meisterlich inszeniert man zudem das Setting: Gotham ist verdreckt, verregnet, verloren. Neon-Reklamen flackern über umgestoßenen Mülleimern, im Hintergrund sind Polizeisirenen zu hören. Es gibt zahlreiche Außenszenen, kalte Farbfilter legen sich über das Bild. Helligkeit will kaum an diesen Ort zu dringen. Der Tag erscheint nicht weniger bedrohlich als die Nacht.
Wo also verortet sich dieses atmosphärisch beeindruckende «Gotham»? Nicht bei den Filmen Christopher Nolans, wo die Verbrecher noch skrupelloser und brutaler erscheinen als in der bisherigen Serie. Und wo der Storyfokus auf dem fast übermenschlichen Batman liegt, der mit seinen Gadgets die Welt rettet. «Gotham» dagegen erzählt die Geschichte von der Straße; von einer vergleichsweise gezügelten Unterwelt, die einem Mafiaboss untersteht. Als Gordon und Bullock in eine tödliche Falle geraten, kommt dieser zur Hilfe: „Es gibt Regeln“, sagt Falcone, und lässt die Polizisten laufen.
Die Serie könnte also ein unkonventioneller Crime-Stoff sein, wüsste man nicht um den Hintergrund des Batman-Universums. Positiv daran ist, dass auch jene einschalten können, die die Comicvorlage nicht kennen. Negativ ist, dass Zuschauer damit zurechtkommen müssen, den vielleicht wichtigsten Charakter des Franchises nie zu sehen: Batman selbst. Die große Stärke der Serie ist gleichzeitig ihre große Schwäche. Wer sich damit abfinden kann, bekommt ein sehenswertes Gotham geliefert. Ein Gotham, das – so die Vorahnung – im kollektiven Chaos versinken wird: „Es gibt kein organisiertes Verbrechen ohne Recht und Ordnung. Ich liebe diese Stadt, und ich sehe, wie sie zur Hölle fährt. Aber ich werde sie nicht kampflos fallen lassen. Gotham steht auf Messers Schneide.“ Das sagt kein Polizist, das sagen nicht Bullock oder Gordon. Diese Worte stammen von Mafiaboss Carmine Falcone. Dem Mann, der Gothams Unterwelt kontrolliert – noch.
ProSieben startet «Gotham» am 10. Februar um etwa 21.45 Uhr.
Dieser Artikel erschien erstmals nach US-Start bei FOX im September 2014.
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
26.09.2014 08:51 Uhr 1
und wer weiß, vielleicht gibts ja im Serienfinale die "Verwandlung" zum Batman inkl kurzer Sichtung mit dem Klassischen Batmantheme als letzte Szene !?!
Und es gibt genügent Anspielmöglichkeiten um den zuschauer wissen zu lassen um wen es sich handelt
26.09.2014 16:54 Uhr 2
Wer nicht weiß, dass Bruce Wayne Batman ist, lebt auf einen anderen Planeten.
27.09.2014 01:55 Uhr 3
Ja aber bei Smallville war es auch "nur" Clark Kent so wie es nun halt Bruce Wayne ist, und mit Anhaltpunkten meine ich nicht die Nennung des Namen, weder Bruce noch Batman, außerdem denke ich das eine Serie mehr Story verbauen kann als ein Film oder eine Reihe, und grade die DC Serien(Arrow, nun bald auch The Flash oder eben Smallville, zumindest in Teilen) haben mehr Stärke als das Marvel Pendant um Shield und wer weiß vielleicht sehen wir ja auch in gewisser weise schon die Vorreiter der Justice League nur eben als Kids