First Look

Es ist nicht alles schlecht...

von

«Stalker» wurde von den amerikanischen Kritikern einstimmig verrissen. Julian Miller begs to differ.

Cast & Crew

  • Produktion: Warner Bros. Television, Outerbanks Entertainment
  • Schöpfer und Executive Producer: Kevin Williamson
  • Darsteller: Maggie Q, Dylan McDermott, Mariana Klaveno, Viktor Rasuk, Elisabeth Röhm u.v.a.
Kritikerurteile fallen selten so eindeutig und einträchtig aus wie bei «Stalker». Glaubt man den amerikanischen Rezensenten, ist die Serie der letzte Rotz, das große Fiasko der neuen Season, ekelhaft, zynisch, hässlich, eine Schande für CBS.

Etwas Ähnliches werden Sie an dieser Stelle nicht lesen. Dieser Autor wird hier sogar für seine Verhältnisse richtig gegen den Strom schwimmen. Deswegen: Wenn Sie «Stalker» ganz furchtbar fanden, sind Sie in äußerst guter Gesellschaft, aber nicht in meiner. Da müssen wir jetzt durch.

Einen der Hauptkritikpunkte, den man in den niederschmetternden Besprechungen lesen konnte, bilden die exzessiven Gewaltdarstellungen. Diese Beobachtung ist vollumfänglich zutreffend, und um keine falschen Erwartungshaltungen zu schüren, geht es beim Piloten auch gleich entsprechend los:

Es ist schon dunkel draußen: Eine attraktive Frau ist gerade mit dem Auto vor ihrem Haus vorgefahren und telefoniert mit dem Nachbarn, den sie gleich treffen will. Als sie auflegt, klingelt ihr Handy: Am Telefon ist ihr Stalker, der ihr schon seit geraumer Zeit das Leben zur Hölle macht. Kurz darauf erblickt sie einen maskierten Mann vor ihrer Haustür. Es kommt zum Kampf, sie kann sich befreien und flüchtet in ihr Auto. Dort bemerkt sie, dass der Maskenmann ihr die Schlüssel abgenommen hat. Er fängt an, Benzin auf ihren Wagen zu schütten, und als er noch ein angezündetes Streichholz nachwirft, beginnt das Auto lichterloh zu brennen, bevor es schließlich explodiert und die Insassin umbringt.

Diese Sequenz ist, wie zahlreiche andere, sehr intensiv und verstörend inszeniert – so wie man das von Kevin Williamson, immerhin dem Schöpfer der «Scream»-Filme und der Massenmörderserie «The Following», kennt. Die angelsächsischen Kritiker störte hier das (vermeintlich?) Sensationshaschende, das Fehlen eines positiven Kontrapunktes zur exzessiven Gewaltdarstellung und die Abwesenheit einer tiefergehenden Motivsuche jenseits der Erklärung, dass der durchgeknallte Psychopath eben ein durchgeknallter Psychopath ist. Auch soweit kann ich folgen – ich teile jedoch nicht die Meinung, dass das Format dadurch gleich zur Katastrophe wird.

Sicher: Tiefenpsychologisch sonderlich gehaltvoll ist zumindest der Pilot nicht gewesen. Das kann man kritisieren, schließlich lässt sich an dieser Stelle ziemlich viel Luft nach oben ausmachen. Allein: Auch «CSI» und «NCIS» sind nun nicht gerade vielschichtige Charakterstudien, sondern für das einundzwanzigste Jahrhundert modernisierte Whodunnits, die hin und wieder mit den Erzählgewohnheiten brechen. In eine ähnliche Kerbe schlägt bei diesem Punkt auch «Stalker», das schneller, düsterer und näher an seinen beiden Hauptfiguren erzählt, als man das bei den 08/15-Produktionen aus dem Crime-Genre im Regelfall erkennen kann.

Im Zentrum steht die Leiterin der Threat Assessment Unit Beth Davis vom LAPD, die – das lässt die erste Folge bereits durchblicken – auch höchst persönliche Erfahrungen als Stalkingopfer gesammelt hat. Ihr neuer Kollege, frisch von der Ostküste eingetroffen, ist Jack Larsen. Ein smarter Typ mit ziemlich guten deductive reasoning skills, die er unter anderem deswegen hat, weil er seit einiger Zeit seine Ex-Frau stalkt.

Jaja, das wirkt alles ein bisschen platt, ein bisschen überemotionalisiert. Geschenkt.

Und trotzdem: Die recht hohe Spannungsdichte, die gut gesetzten Plot-Twists, die schnelle Erzählweise lassen die gut vierzig Minuten Rohsendezeit schnell vorbeigehen. Von psychologischer Vielschichtigkeit ist «Stalker» freilich weit entfernt. Als dynamisch erzähltes Procedural kann es dagegen durchaus unterhalten, wenn man gewillt ist, entsprechende Abstriche zu machen.

«Stalker» startet in Sat.1 am Donnerstag, 5. Februar 2015, um 22.15 Uhr.

Dieser Artikel erschien bei Quotenmeter.de erstmals im Oktober 2014, kurz nach dem US-Start der Serie.

Kurz-URL: qmde.de/73564
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