«The Voice»-Staffelvergleich
- S1: 4,16 Mio. (13,4% / 24,3%)
- S2: 4,02 Mio. (13,3% / 23,0%)
- S3: 3,67 Mio. (12,2% / 20,7%)
Durchschnittliche Werte aller ausgestrahlten Folgen der jeweiligen Staffeln.
Nun, drei Jahre später, stellt sich allerdings die Frage, wie lange sich das Konzept noch tragen kann. Die Werte des dritten Durchgangs waren zuletzt nicht mehr ganz so stark wie zuvor (siehe Infobox), doch vor allem die Erfahrungen der zweiten «The Voice Kids»-Staffel dürften zu denken geben: Statt 18 Prozent und mehr erreichten fünf der acht zwischen März und Mai ausgestrahlten Folgen nur noch 11,4 bis 14,2 Prozent des jungen Publikums, auch das ähnlich konzipierte «Got to Dance» lag deutlich hinter den Vorjahreswerten zurück. Von einem großen Internet- oder Medienhype um «The Voice» ist aktuell auch noch relativ wenig zu spüren - was im November 2011 noch Millionen Menschen vom Hocker riss, hat sich in der Zwischenzeit ein wenig zur Routine entwickelt. Unschuldig ist ProSiebenSat.1 aufgrund der fast schon inflationären Nutzung seiner Top-Marke an der nachlassenden Magie gewiss nicht.
Ohnehin war es nicht die Mediengruppe, die sich einst mit der Konzeption der Sendung verdient gemacht hatte, sondern das niederländische Produzenten-Genie John de Mol. Nachdem dessen «The Voice of Holland» Ende 2010 in seiner Heimat mit Einschaltquoten von zum Teil über 50 Prozent aufhorchen ließ, interessierten sich auch deutsche Programmplaner für eine Adaption der Sendung. Anders als bei unseren niederländischen Nachbarn bekam allerdings nicht die RTL-Gruppe den Zuschlag, sondern eben ProSiebenSat.1 - wohl auch deshalb, weil RTL mit «DSDS» und «Das Supertalent» für genau die Form von Castings stand (und steht), von der sich de Mols Sendung demonstrativ abhob. Dass der langjährige Hit «Popstars» hier bereits kaum mehr von nennenswerter Relevanz war, erleichterte ProSiebenSat.1 den Schritt hin zu einer Neuausrichtung im Musikcasting-Genre.
Folgen pro Jahr in den USA
- 2011: 12 (Staffel 1)
- 2012: 53 (S. 2 und 3)
- 2013: 55 (S. 4 und 5)
- 2014: 26 (S. 6)
Anmerkung: Die am 22. September gestartete siebte Staffel ist noch nicht Teil dieser Statistik.
Stolz ist sicherlich auch die Liste an großen internationalen Stars, die sich bereit erklären, mindestens eine Staffel lang als Coaches zu fungieren: NBC ersetzt Usher und Shakira mal eben mit Gwen Stefani und Pharrell Williams, Maroon-5-Sänger Adam Levine und (der allerdings eher auf nationaler Ebene bekannte) Country-Star Blake Shelton sind bereits seit der ersten Stunde dabei. In Frankreich sucht Mika nach den größten Gesangstalenten, in Australien zwei Jahre lang Seal und auch hierzulande geben sich mit Nena und Samu Haber Personen mit beträchtlicher internationaler Erfahrung die Ehre. Diesbezüglich sieht es bei Silbermond-Frontfrau Stefanie Kloß ebenso dürftig aus wie bei Smudo und Michi Beck von den Fantastischen Vier, im deutschen Sprachraum sind allerdings auch sie große Namen.
Überhaupt fällt es hierzulande schwer, große internationale Stars für die Coach-Stühle zu gewinnen, möchte man eine nationale Identität wahren und keine allzu großen Sprachbarrieren kreieren, die dann wiederum die so oft gelobte Interaktion zwischen den Jury-Mitgliedern hemmen würden. Hier haben es die Australier deutlich leichter, die mit Ricky Martin und will.i.am große Namen aus dem Ausland verpflichteten. Das ehemalige Mitglied der Black Eyed Peas war zuvor bereits in die britische Version involviert, Martin wiederum ist aktuell in «La voz... Mexiko» zu sehen. Zuletzt angelte man sich mit Kylie Minogue auch einen einheimischen Weltstar, der sein Coaching-Debüt allerdings zuvor in Großbritannien gab. Ob die deutschen Verantwortlichen in diese Tauschbörse einsteigen sollten, um an möglichst große Namen zu gelangen, ist sicher Ansichtssache. Es gibt jedoch einige Argumente, die für die bodenständigere Variante mit vorwiegend nationalen Größen sprechen.
Bei aller berechtigten Lobhudelei hat das «The Voice»-Imperium bislang nicht unter Beweis stellen können, Sprungbrett für große Karrieren zu sein. Während «X Factor» mit Namen wie Leona Lewis oder Olly Murs aufwarten kann und «American Idol» gleich mit seiner ersten Siegerin Kelly Clarkson die Karriere eines Weltstars begründete, lässt sich bei de Mols doch so auf Mehrwert und Qualität ausgelegten Format kein einziger großer Name ausfindig machen. Dabei leidet man gewiss auch an der Casting-Schwemme, aber auch an der kaum an Nachhaltigkeit interessierten Ausrichtung des Fernsehens. In den USA hatte der jüngste Sieger Josh Kaufman zuletzt sagenhafte vier Monate Zeit, an seinem Durchbruch zu arbeiten, bis schon wieder nach einer neuen Stimme der Nation gesucht wurde. Wer dieser Jermaine Paul war, der im Mai 2012 gewann, dürfte auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kaum noch wer wissen.
Und in Deutschland? Hier feierte immerhin Ivy Quainoo einige Erfolge nach ihrem Sieg in Staffel eins, während Nick Howard und Andreas Kümmert schnell wieder aus dem Fokus der breiteren Öffentlichkeit fielen. Vielleicht muss man sich aber auch einfach von dem Gedanken lösen, dass der Sieg eines solchen Formats darauf hinarbeiten soll, einen Mainstream-Star zu etablieren, der über Jahre hinweg die Hitparaden dominiert. Deutschland hat schon zu viele angebliche Superstars gefunden, als dass dahingehend eine Nachfrage bestünde - und Möglichkeiten, auf kleinerer Bühne im Musikbusiness Fuß zu fassen, bietet «The Voice» prinzipiell ebenso wie «DSDS» und «Das Supertalent», nur eben mit einem höheren Anspruch. Daran sollte auch die vierte Staffel nichts ändern, die im gewohnten Ausstrahlungsrhythmus an insgesamt 17 Abenden bei ProSieben und Sat.1 gezeigt wird. Und vor voraussichtlich über drei Millionen Zuschauern und fünf großen Musikern auftreten zu dürfen, wird für viele große Gesangstalente sicher schon Ansporn genug sein, wieder alles zu geben - auch ohne anschließende Großkarriere.
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