Themenwoche Anime
Sie senden hierzulande weiterhin in der Nische, haben aber eine ungemein treue Fanbase: Anime-Formate. Quotenmeter.de widmet diesen Sendungen in dieser Woche fünf Themen.Am Montag geht es um das "Disney Japans", das Studio Ghibli, das nun seine Pforten schließt.
Am Dienstag checken wir die Quoten der hierzulande bei ProSieben Maxx laufenden Serie «Naruto Shippuden».
Der Faszination Anime gehen wir am Mittwoch auf den Grund. Worin liegt der Reiz dieser Formate?
Am Donnerstag haben wir zehn wissenswerte Facts zu «One Piece».
Abgeschlossen wird die Themenwoche am Freitag mit der Vorstellung von «Attack on Titan», Japans neuestem Anime-Hit. Was kommt nach, worüber werden Anime-Fans in Deutschland im Jahr 2015 sprechen?
Die erste Animeserie zeigte Das Erste bereits in den 70er Jahren. «Speed Racer» hatte seine Premierenfolge am 18. November 1971. Das heute weniger bekannte Format wurde jedoch aufgrund von Protesten seitens besorgter Eltern und Pädagogen sehr bald wieder abgesetzt. Besser lief es da schon für andere Kinderanimeserien wie «Wickie und die stärken Männer», «Biene Maja» und «Heidi». Die aus Japan stammenden Formate zeigte das ZDF ab 1974 in regelmäßigen Abständen. Doch erst «Sailor Moon», was zunächst ebenfalls im ZDF lief, dann aber zu RTL II wechselte, erregte in der Öffentlichkeit größeres Aufsehen und erlangte binnen kürzester Zeit Kultstatus. Neben einer eigenen Zeitschrift entstanden in ganz Deutschland Fanclubs, die sich mit den Geschichten um die Mondprinzessin auseinandersetzten.
Nachdem immer mehr Serien aus Fernost nach Deutschland schwappten, wurde der Anime als Kinderformat immer mehr akzeptiert. Was die Fernsehsender jedoch anfangs nicht ganz vermittelten, war die Tatsache, dass Animes in Japan, ihrem Ursprungsland, nicht nur für Kinder gedacht waren. Serien wie «One Piece» oder «Dragonball» (Foto) waren für die Jüngeren eindeutig zu brutal und zu gewalttätig und wurden aus diesem Grund geschnitten. Die hierzulande als kindgerechte Animeserien angekündigten Formate waren in Japan ursprünglich für Jugendliche ab 16 Jahren gedacht. Den Protesten der Fans zum Trotz, setzte sich dieser Trend zumindest im Nachmittagsprogramm durch. VIVA und MTV erkannten das Dilemma und zeigten in den späten Abendstunden Animeserien wie «Ghost in the Shell», «Cowboy Bebop» und «Hellsing» in weitestgehend ungeschnittener Fassung.
Was mittlerweile zur Sehgewohnheit gehört, wirkte zu Beginn der Animeausstrahlung in Deutschland eher fremdartig. Die Figuren in den gezeichneten Formaten passen mit ihren vergrößerten Augen und den überproportional großen Köpfen in das Kindchenschema. Die Annahme, dass diese Sendungen an Kinder gerichtet seien, liegt demzufolge nahe. Das zum japanischen Kulturgut zählende Medium bietet jedoch um einiges mehr als nur Kinderfilme und –serien. Wie andere Fernsehformate existieren Filmgenres und Subgenres, wie Krimi, Thriller, Horror, Science-Fiction oder Komödie, die alle Altersklassen abdecken. Daneben existieren zudem noch Anime-spezifische Gattungen wie das im Porno angesiedelte „Hentai“. „Mecha“ beispielsweise bezeichnet Animes und Mangas, in denen riesige Roboter vorkommen wie in «Neon Genesis Evangelion».
Hinter den Film- und Serienproduktionen stehen selbstverständlich Regisseure, Autoren und Zeichner, die wie ein Quentin Tarantino oder ein Walt Disney, geschätzt und geehrt werden. Oscar-Preisträger Hayao Miyazaki beispielweise war vor seiner Karriere beim Ghibli-Studio Zeichner für „Tōei Animation“ («Dragonball Z», «Sailor Moon»). Heute ist der 73-Jährige eine gefeierte und geehrte Person in Japan und wird von westlichen Regisseuren für seine Arbeiten bewundert.
Als Grundlage vieler Animeserien und –filme dienen die Mangas. Die aus Japan stammenden Comics fanden ihre Ursprünge bereits im achten Jahrhundert nach Christi Geburt und sind heute eine der Haupteinnahmequellen des japanischen Verlagswesens. Ein Blick auf die Verkaufszahlen verdeutlicht die Reichweite des speziellen Druckerzeugnisses. Die Mangareihe „One Piece“ von Eiichiro Oda steht auf Platz eins der meistverkauften Mangas mit um die 345 Millionen Exemplaren, die seit 1997 auf dem Markt sind. Danach folgen „Dragon Ball“ mit 230 Millionen und „Golgo 13“ mit 200 Millionen verkauften Büchern. Bei der Verfilmung der Mangas ist der Zeichner und Autor meist mitverantwortlich, sodass die daraus entstehenden Animes den Stil und den Ausdruck eins zu eins übernehmen. Der wirtschaftliche Erfolg einer Mangaserie verspricht somit auch einen kommerziellen Erfolg der animierten Serie. Die Erfolgsgeschichte des vergangenen Jahres war «Shingeki no Kyojin» oder «Attack on Titan», ein Mangareihe des Zeichners Hajime Isayama, die 2009 veröffentlicht wurde und innerhalb weniger Monate sich zum Bestseller in Japan entwickelte. 2012 wurden bereits insgesamt 10 Millionen Exemplare verkauft. Der Erfolg erregte Aufsehen und WIT Studio erwarb die Rechte an der Animeverfilmung. Mittlerweile sind bereits zwei Realfilme in Planung. Das Medium Manga und der Anime, der sich daraus entwickelte, gelten seit 2000 in Japan offiziell als eigenständige und förderungswürdige Kunstformen.
Ein Phänomen, das mit dem Manga und Animeboom einherging, ist das Cosplay. Das Wort „Cosplay“ ist eine Zusammensetzung aus den Begriffen costume und play . Dabei geht es darum sich als eine Figur zu verkleiden. Die sogenannten Cosplayer finden Inspiration für die Kostüme aus Manga, Anime, Spiel oder Filmen. Auf Anime-Conventions, Buchmessen oder Comicmessen treffen sich die Verkleideten und zeigen sich gegenseitig ihre meist selbstgenähten Bekleidungen. Eine der ursprünglichen Ziele war der Ausdruck der Verehrung gegenüber dem dargestellten Charakter. Die Präsentation und das Aufeinandertreffen mit anderen Figuren spielen daneben auch eine Rolle, sowie auch der kreative Prozess beim Zusammenstellen des Kostüms.
Mit dem Erfolg der Animes im Westen entschieden sich viele Produktionsfirmen in Europa und den USA dazu Formate zu entwickeln, deren Äußeres von japanischen Animes beeinflusst ist. «Avatar – der Herr der Elemente» nutzt beispielsweise eindeutig den Stil asiatischer Zeichentrickserien. In einem Interview mit dem „Nick Magazin“ gaben die Schöpfer Bryan Konientzko und Michael Dante DiMartino zu, sich an dem Stil der Filme «Chihiros Reise ins Zauberland», «Prinzessin Mononoke» und «Mein Nachbar Totoro» von Miyazaki orientiert zu haben. Aber auch Animeserien wie «Cowboy Bebop» oder «Samurai Champloo» waren Vorbild für die zwei Amerikaner. In Europa wurde die französische Serie «Code Lyoko» ebenfalls als eine nicht-japanische Animeserie bezeichnet.
Daneben finden auch immer mehr westliche Regisseure Gefallen an der Machart der Animes. Quentin Tarantino griff für den ersten Teil von Kill Bill auf das Animationsteam Production IG zurück und ließ für Kapitel drei „Die Herkunft von O-Ren“, in Animeoptik zeichnen. Aber auch der Science-Fiction-Film «Matrix» von den Wachowski-Geschwistern zeigt inhaltliche und optische Anleihen an den Manga und den daraus entstandenen Anime «Ghost in the Shell».
Im 21. Jahrhundert angekommen bleibt der Anime im deutschen Fernsehen immer noch eher bedeckt. Die gängigen, beliebten Serien werden auf Sendern wie ProSieben Maxx gezeigt. Neue Formate kommen nur langsam ins TV-Programm. KAZÉ, ein deutschsprachiges Anime-DVD-Label aus der Schweiz, veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Perlen der Animefilme und –serien auf DVD und Blu-Ray, aber auch neue Produktionen sind dabei. Größte Konkurrenz des Labels sind jedoch inzwischen die Video-on-Demand-Portale, die kurze Zeit nach dem Release der originalen Animeepisoden bereits eine untertitelte Version online zur Verfügung stellen. MyVideo, Amazon Instant Video und Netflix setzen vermehrt auf Animes aus Japan. Serien, die im Ursprungsland eine große und aktive Fangemeinschaft haben, werden eingekauft und den Internetnutzern zeitnah angeboten. Für Animefans und für diejenige die es noch werden, sind die neuen Angebote eine positive Entwicklung. So kann man hoffen, dass nicht nur die neusten US-Serien hierzulande mit Vorfreude erwartet werden, sondern in Zukunft auch neue Animeserien und –filme aus Japan.