Die Kritiker

Es wird Britisch in der Todeszone

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Seit Neuestem versucht sich das Erste am Vorabend an einer Sitcom aus Großbritannien. Warum «Cuckoo» kein Befreiungsschlag wird.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Andy Samberg («Brooklyn Nine-Nine») als Cuckoo, Tamla Kari als Rachel Thompson, Greg Davies («Inbetweeners») als Ken Thompson, Helen Baxendale («Gemeinsam stirbt sich's besser») als Lorna Thompson, Tyger Drew-Honey als Dylan Thompson, Selina Griffiths als Connie Chance, Holly Earl («Doctor Who – The Doctor, the Widow and the Wardrobe») als Zoe Chance, Kenneth Collard als Steve Chance, außerdem in Staffel zwei: Taylor Lautner («Twilight») als Cuckoos Sohn Dale, Esther Smith als Rachel und Matt Lacey als Ben


Hinter den Kulissen:
Regie: Ben Taylor, Buch: Robin French, Kieron Quirke, Musik: Oli Julian, Kamera: Jamie Cairney, Schnitt: Iain Erskine, Nigel Williams, Produktion: Roughcut Television für BBC Three

Es ist so eine Sache mit dem Vorabend im Ersten. Seit Jahren tun sich Produktionen auf dem klassischen 18.50 Uhr Sendeplatz schwer. Was haben die ARD-Verantwortlichen nicht alles probiert, um endlich Erfolg zu haben. Und was ist dort nicht alles gescheitert. Wollte man es positiv formulieren, so könnte man fast sagen, der Vorabend ist eine Spielwiese. Nur wirklich innovatives Material wird an dieser Stelle leider nur allzu selten gesendet. So brachten die Senderverantwortlichen jüngst «Türkisch für Anfänger» wieder zurück, außerdem die WDR-Serie «Die LottoKönige». Wie so viel zuvor, waren auch diese Versuche nicht von Quotenerfolg gekrönt. Seit vergangenen Freitag nun schmückt den ARD-Vorabend ein neues Format, dem humoristischen Fach bleibt der Sender dabei treu: «Cuckoo» heißt die Produktion aus Großbritannien, die in ihrem Heimatland bei der BBC Three zu sehen war. Zwanzig Minuten später als üblich geht sie über den Äther, nämlich jeweils ab 19.10 Uhr, zuvor zeigt man das wenig rühmliche «Dating Daisy».

Ganz realistisch betrachtet muss konstatiert werden: Hier bekommen die Zuschauer eher ein Reförmchen als eine Revolution serviert. Für so manchen mag es schon per se ein Qualitätsurteil sein, wenn eine Serie im Vereinigten Königreich hergestellt wird – und zumindest auf diesem Sendeplatz darf eine anglophone Produktion für das Erste schon als Novum gesehen werden. Doch zumindest verwunderlich ist es eben doch, wenn am Vorabend weiter auf die Humorschiene gesetzt wird, auf der man zuletzt (wie zugegebenermaßen auf jeder anderen Schiene auch) eher Richtung Abstellgleis fuhr.

Was aber ist es denn genau, das da nun gesendet wird? Betrachtet man allein die Fakten, so dürften zumindest keine Begeisterungsstürme folgen. Zwölf Folgen in zwei Staffeln stehen zur Verfügung, teilweise ganz frische Ware. Wirklich viel ist das nicht, zumal beim Schicksal der BBC Three zumindest sehr fraglich ist, ob es noch neue Folgen geben wird. Außerdem fördert es nicht gerade die Zuschauerbindung, wenn der Darsteller des namensgebenden Protagonisten (Andy Samberg als Cuckoo), nach der ersten Season zusammen mit einer weiteren Schauspielerin aus dem Main Cast die Segel streicht. Immerhin: Mit Taylor Lautner kommt dann ein Name nach, der zumindest bei der jüngeren weiblichen Bevölkerung Freude auslösen dürfte. Aber auch er wird die übliche Zielgruppe des Senders nicht vom Hocker reißen.

Nun wäre es selbstverständlich unfair, der Serie alleine deshalb keine Chance mehr zu geben, weil ihre Voraussetzungen – nun ja – nicht optimal sind. Aber auch die Produktion selbst hat so ihre Schwierigkeiten Das Erste, was dem Zuschauer an der Serie auffällt, ist die Synchronisation. Die Lizenzen an sich scheinen offenbar recht teuer gewesen zu sein, so dass man in die deutsche Bearbeitung nicht mehr allzu viel Geld investieren wollte. Ist dies der Fall, so haben die Verantwortlichen aber am falschen Ende gespart, denn dieser Aspekt wirkt fast durchweg störend.

Und inhaltlich? Da läuft es nicht ganz so mies, auch wenn die Autoren nicht die großen Schreibergüsse über sich kommen ließen. Erzählt wird die Geschichte von Rachel, die während einer längeren Reise Cuckoo kennen gelernt hat. Mit bürgerlichem Namen heißt Cuckoo Dale Ashbrick, kann sich aber mit diesem Namen nicht identifizieren. Ohnehin ist Cuckoo ein Freigeist. Er ist fest überzeugt von seinem großen Durchbruch als Buchautor, will die Welt erklären, nimmt psychedelische Drogen und arbeitet nicht. Rachels Eltern, Ken und Lorna, freuen sich eigentlich sehr auf die Rückkehr ihrer Tochter – und fallen aus allen Wolken, als diese erklärt, dass sie Cuckoo geheiratet hat und der kurzerhand auch im Elternhaus einziehen wird. Hätten sie doch nur ihre Facebook-Nachrichten gecheckt. Doch wie es nun einmal so ist – langsam erkennt die Familie, dass Cuckoo gar kein so schlechter Kerl ist. Schwierigkeiten gibt es aber natürlich trotzdem permanent.

Was aber passiert bekanntermaßen, wenn Darsteller aus einer Serie ausscheiden? Sie werden auf die eine oder andere Art aus der Produktion geschrieben. Cuckoo, in diesem Fall, kommt in Season zwei nicht mehr von einer Himalaya-Reise zurück. Und als das Leben der Familie eigentlich wieder in weitestgehend normalen Bahnen verläuft, taucht plötzlich ein junger Fremder (Taylor Lautner) auf, der seinen Vater sucht – Cuckoo. Alles in allem also nicht wirklich innovativ. Ehrlicherweise muss aber auch gesagt werden: Starker Inhalt und besonderes Entwicklungspotenzial waren seit jeher nicht die Pfunde, mit denen Sitcoms wucherten. Das alleine ist auch nicht weiter schlimm. Das Problem: Die meisten Pointen sind platt und nur mäßig witzig. Ab und an wird es aber schon lustig, vor allem dann, wenn Cuckoo die Skurrilität an die Spitze treibt. Aber selbst dann bleiben die wirklichen Knallergags aus.

Um es nett auszudrücken: Mieser als die meisten Vorgänger auf dem Sendeplatz ist «Cuckoo» nicht. Wirklich viel besser aber auch nicht. Nur weil Großbritannien drauf steht, muss noch lange keine überragende Qualität drin sein. Weder die Zielgruppe wird besonders gut getroffen noch die schwierigen Grundvoraussetzungen bereinigt. Die Marktanteile zum Auftakt zeigen: Auch die neue Serie wird wohl den Vorabend-Tod sterben. 0,53 Millionen Zuschauer reichten bei Folge eins zu gerade einmal 2,4 Prozent Marktanteil. In der Zielgruppe sah es mit rund 130.000 Zuschauern und 1,9 Prozent noch mieser aus. Falls das wirklich der Versuch eines Befreiungsschlages sein sollte, darf wohl jetzt schon gesagt werden: Versuch missglückt.

«Cuckoo» ist jeweils freitags um 19.10 Uhr im Ersten zu sehen.

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