Die Kritiker

Wenn das Hausmädchen Aufgewärmtes serviert

von

Marc Cherrys «Desperate Housewives»-Nachfolgeserie «Devious Maids» enthält die bekannten und beliebten Zutaten, mundet aber nicht so gut wie das Original.

Zur Serie: «Devious Maids»

  • Serienschöpfer: Marc Cherry
  • Basiert auf: "Ellas son...la Alegría del Hogar" (Mexiko)
  • Darsteller: Ana Ortiz, Dania Ramirez, Roselyn Sánchez, Judy Reyes, Edy Ganem u.v.m.
  • Genre: Dramedy / Soap
  • Episodenzahl: 26 (zwei Staffeln, dritte ist angekündigt)
  • Executive Producers: Eva Longoria, David Lonner, John Mass u.v.m.
  • Premiere: 23. Juni 2013 (Lifetime)
  • Produktionsstudios: ABC Studios, Cherry/Wind Productions & Televisa Internacional
Die Gelegenheitsköche unter den Fernsehjunkies werden diese Situation sicherlich kennen: Da steht man in der Küche, um sich mit einem seiner flott zusammengeköchelten Standardgerichte über eine kleine Hungerattacke hinwegzuhelfen. Mit den Gedanken ganz woanders greift man zu den altbekannten Zutaten, die stets für diese Speise herhalten müssen. Dieses Mal aber mundet das fertige Gericht besser denn je. Beim Würzen nach Gefühl und unkonzentriertem Abschmecken entstand etwas, das mehr ist als nur eine Zwischenmahlzeit. Es kam ein Mahl von Ausnahmequalität zustande.

2004 verursachte der Produzent und Autor Marc Cherry ein solches TV-Mahl. Es hörte auf den Titel «Desperate Housewives» und schubste das Genre der Dramedy in eine neue Ära. Dabei hätte die Produktion der ABC Studios genauso gut eine Serie wie jede andere werden können. Noch eine Primetime-Sendung, die in die Grauzone zwischen Soap und Drama gehört und für den Sender kaum mehr ist, als das Füllmaterial zwischen zwei Werbeblöcken.

Aber bei «Desperate Housewives» stimmte die Zutatenzusammenstellung einfach, das Format hatte ein gewisses je ne sais quoi. War es der extra Schuss an Zynismus in der Darstellung des US-Kleinbürgertums? Die zusätzliche Schärfe, mit der Bigotterie demaskiert wurde? Der Spagat zwischen Harmonie und stetem Wetteifern, den das Ensemble vollführte? Die Spannung des zentralen, geheimnisvollen Kriminalfalls? Oder die Leichtigkeit der Soap-Elemente? Niemand weiß es so genau, auch die Autoren konnten nur raten und versuchten acht Staffeln lang, diesen glücklichen Zufall zu rekreieren. Mal gelang es makellos, mal mäßig – aber nahezu durchgehend war man nah genug am Original-Zufallsrezept, dass der Zuschauer erkannte, dass ihm ein ansehnlicher «Desperate Housewives»-Schmaus serviert wurde.

2013 wanderte Marc Cherry erneut in die televisionäre Serienküche, um für die ABC Studios seine Erfolgsformel aus dem Ärmel zu schütteln. Und da sind sie wieder, die üblichen Zutaten. Schöne Menschen, die auch in Stresssituationen so aussehen, als wären sie bereit für ein Hochglanz-Fotoshooting. Viel, viel sittsam gefilmter Sex (gerne außerehelich). Ein Überschuss an Lügen, Intrigen und Geheimnissen. Daraus entstehende Dramatik, teils mit einem Überzug aus Seifenoper-Melodramatik. Ein gerüttelt Maß an Frauenpower, zur Not auch in geheuchelter Form, wenn es hilft, den faden (und dennoch süchtig machenden) Soap-Beigeschmack zu übertünchen. Für den Nachgeschmack kommt noch eine penetrant-eintönige Hintergrundmusik dazu. Und natürlich eine helle, kontrastarme Bildästhetik.

Angerichtet wird all dies aber nicht im Milieu entnervter, verzweifelter Hausfrauen aus dem Vorort. Sondern in der Schickimickiwelt der Schönen und Reichen – wenngleich mit Hausmädchen als Hauptelement. Und dennoch: Weg sind die feinen „So jemanden kenne ich!“-Nuancen, stattdessen knallen fade „Ach, sind die Reichen doch alle mies!“-Variationen auf uns herein. Und da Marc Cherry so großzügig in die Dose mit „Sexy! Jung! Und obendrein wohlartikuliert!“-Würze griff, geht auch die eventuell reizvolle Klassenkampf-Beinote verloren. Ja, dann und wann jammern die gerissenen Haushälterinnen von der armen Familie oder niedrigen Aufstiegschancen. Sie stylen und gehaben sich jedoch wie die Hausfrauen aus der Wisteria Lane. Sie teilen sich sogar mit ihnen ihre Hauptsorgen: Geheime Liebschaften, zu vertuschende (oder klärende) Morde und der ewige Geltungsdrang – ob nun die biestige Chefin oder die idiotische Ehemann dem eigenen Ego schadet, ist da irrelevant.

Dass «Devious Maids» nicht mehr so erstaunen kann wie «Desperate Housewives» sollte daher fast schon selbstverständlich sein. Aber auch für ein Imitat der legendären Dramedy-Satire-Soap ist die von Eva Longoria mitproduzierte Serie außerordentlich laff. Was genau fehlt, ist ähnlich rätselhaft wie der Glücksgriff, der beim „Original“ gelang. Vielleicht ist der Cast (unter anderem mit dabei: Judy Reyes alias Carla aus «Scrubs – Die Anfänger») einfach nicht knallig genug. Womöglich fehlen die einzelnen genialen inszenatorischen Einfälle. Und wieso bitte brennt die Crime-Komponente nicht nach?

Eventuell ist «Devious Maids» aber einfach nur halbgar. Oder hat Marc Cherry dieses Mal auf Frisches verzichtet und uns stattdessen lieblos ein „Fix für Dramedy nach «Desperate Housewives»-Art“ aufgetischt? Leider konnte niemand während der Zubereitung in die Küche sehen, um diese Frage zu klären. Sicher ist dennoch: In Beverly Hills hätte man das Hausmädchen nach so einer kulinarischen Leistung abgemahnt.

«Devious Maids» ist bei ProSieben jeden Mittwoch ab 21.15 Uhr in Doppelfolgen zu sehen.

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