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Ihre Weggefährten Jenke von Wilmsdorff und Günter Wallraff sind mit eigenen Formaten durchgestartet und widmen sich, besonders Wallraff, darin ähnlichen Themen wie «Extra»? Wieso ist «Extra» trotzdem nicht redundant?
Ich bin ganz stolz, wir sind ganz stolz, dass aus unserer Sendung diese eigenständigen Formate entstanden sind. Gerade Jenke von Wilmsdorff habe ich sehr bewundert, was er alles auf die Beine gestellt hat. Den Mut zu haben, sich auf ein Flüchtlingsschiff zu schmuggeln… Er hat wirklich tolle Sachen gemacht und ist bis an seine Grenzen gegangen. Da ziehe ich wirklich den Hut vor. Ich kenne ihn schon seit 20 Jahren. Als ich anfing, hatte ich ja die Sendung «Extra» und dann kam schnell «Life! – Die Lust zu leben» dazu und «Life! – total verrückt», auch ein Format mit versteckter Kamera. Da habe ich schon mit Jenke von Wilmsdorff zusammengearbeitet, er war unser Lockvogel, da er ja eigentlich Schauspieler ist. Er ist dann zum Journalismus gekommen und hat bei «Extra» angefangen. Das hat mich sehr gefreut und er ist natürlich auch hervorragend vor der Kamera, weil er es einfach kann. Ein toller Typ.
Insbesondere Jenke von Wilmsdorff geht in seinen Experimenten immer wieder an seine Grenzen, auch andere «Extra»-Reporter begeben sich immer wieder in Gefahr. Was muss ein «Extra»-Reporter mitbringen um beim Format zu bestehen und Erfolg zu haben?
Man muss ein guter Journalist sein und eine gute Ausbildung haben. Keine Scheu haben, auch mal dran zu bleiben, wenn es unbequem wird. Unsere Reporter gehen ja auch raus, gerade Ralf Herrmann, der ja auch schon selbst Experimente gemacht hat. Neugierig und offen sollte man sein, ausdauernd und ideenreich und ein Gespür für Themen haben. Mein Redaktionsleiter Jan Rasmus hat auch einfach ein Gespür für Leute, die zu uns passen.
Gab es Beiträge, bei denen Sie regelrecht Angst um ihr Team hatten?
Jenke von Wilmsdorff ist so ein Beispiel. Als er auf dem Flüchtlingsschiff war, hatte ich wirklich Angst, das muss ich ehrlich zugeben. Das war nicht so ohne. Auch meine Kollegin Düzen Tekkal, die sich auch schon in brenzlige Situationen gebracht hat, gerade bei Themen rund um die Integration. Sie hat sich dabei unter anderem mit Satanisten beschäftigt oder dem Thema Terror. Da hat man natürlich auch Angst, sie hat bereits diverse Drohungen bekommen, etc. Sie war vor Kurzem im Irak, das sind natürlich auch Themen, wo man ein bisschen vorsichtig sein muss. Ich erinnere mich an einen Bericht von Burkhard Kress, der eine Prostituierte gerettet hat im Rahmen einer Recherche zum Thema Zwangsprostitution. Es gab da immer wieder brenzlige Situationen. Ich muss ganz ehrlich sagen, Hut ab, meine Kollegen sind sehr mutig. Auch Jenke von Wilmsdorff, der vor kurzem erst beim Atomkraftwerk in Fukushima war, da weiß ich nicht, ob ich mich das getraut hätte. Die gehen trotz allem ein kalkuliertes Risiko ein, das sind keine Harakiri-Manöver. Die Kollegen sind sehr erfahren und wissen was sie tun. Es besteht aber bei allem, was die Kollegen machen ein gewisses Restrisiko.
Wie eng arbeiten Sie mit den Reportern zusammen?
Also gerade Burkhard Kress und Jenke von Wilmsdorff kenne ich schon sehr lange und freue mich immer, wenn ich mich mit ihnen austauschen kann. Ich werde dann immer eingeweiht, was sie vorhaben und finde das auch sehr interessant. Auch wenn etwas schief gelaufen ist oder besonders gut, wir stehen immer in Kontakt und rufen uns an. Auch im Privatleben kommen wir gut miteinander zurecht. Burkhard Kress hat mich zum Beispiel schon zu meinem Geburtstag überrascht und einen Film gedreht. Ich finde das immer ganz großartig zu sehen, dass wir noch Leute haben, die mit mir gemeinsam angefangen haben, da ist Burkhard Kress wirklich einer meiner Lieblingskollegen. Wir haben uns nach all der Zeit noch wahnsinnig viel zu erzählen und sind uns sehr vertraut. Das macht natürlich wahnsinnig viel Spaß. Ich sage dann immer, so ein wenig im Scherz, „Wir sind die Urgesteine von «Extra».“ Wir sind die Älteren und sinnieren dann gerne über die Vergangenheit.
Sicher schaffen es viele Beiträge aufgrund zu kleiner oder gar keiner Befunde erst gar nicht in die Sendung? Wissen Sie, welchen Prozentanteil diese fehlgeschlagenen Themen einnehmen und wie groß der Frust bei Ihren Reportern ist, wenn dies passiert?
Ich glaube, das sind gar nicht so viele, gerade da sich die Redaktion so intensiv vorbereitet und über sehr viel Erfahrung verfügt. Wir sind aber gerade bei Handwerkertests immer wieder erstaunt, wenn sich negative Testergebnisse wiederholen. Dass sich dann oft nichts verändert hat, ist immer wieder überraschend. Inzwischen wächst aber der Druck auf die Betriebe durch die schnellen und massiven öffentlichen Reaktionen in den Sozialen Netzwerken. Wir sind da sozusagen nur der Impulsgeber.
Wie wichtig ist Redaktionsleiter Jan Rasmus für das Format?
Total wichtig! Ein guter Kopf und Steuermann ist immer wichtig und gerade Jan Rasmus ist einfach ein sehr guter Fernsehmacher. Er hat das richtige Gespür für die Themen. Gerade bei der Abnahme zeigt sich immer wieder, wie er noch eine Wendung einbaut und noch einen Gedanken einbringt und die Redakteure dann auch ein wenig „guided“ und ihnen immer wieder den nötigen Input gibt. Ich glaube, das ist eine Begabung, die hat man oder die hat man nicht.
Gibt es Pannen im Rahmen ihrer Tätigkeit bei «Extra», die Sie heute noch ärgern oder Angelegenheiten, die Sie bereuen?
Eigentlich nein. Pannen gibt es in dem Sinne auch nicht, natürlich verspricht man sich mal oder so. An eine Sache kann ich mich erinnern, da ist mir die Hose hinten aufgegangen, da habe ich Blut und Wasser geschwitzt, Gott sei Dank ist das Ganze dennoch gut über die Bühne gegangen und die Maskenbildnerin hat sie mir dann hinten zugetackert. (lacht)
Haben Sie das Gefühl, dass Sie es als Frau in ihrem Beruf schwerer hatten Fuß zu fassen als ihre männlichen Kollegen und wenn ja inwiefern?
Da hat sich ja mittlerweile einiges geändert. Als ich vor 35 Jahren zum Fernsehen gekommen bin, war ich beim WDR als Sekretärin, Redaktionsassistentin, etc. und dann habe ich das Schulfernsehprogramm moderiert und später die «Aktuelle Stunde». Dann war ich Fernsehansagerin beim ZDF und in dieser Zeit waren die Frauen doch eher Beiwerk. Ich weiß noch, die erste weibliche «Tagesthemen»-Moderatorin, Barbara Diekmann: Als die auf Sendung ging, gab‘s einen kleinen Aufschrei. „Eine Frau in den «Tagesthemen» – oh Gott oh Gott“. Damals gab es aber auch nicht so toughe Journalistinnen wie heute, wie Maybritt Illner, Anne Will oder Sandra Maischberger. Damals war das eher eine Männerdomäne, doch zum Glück hat sich einiges verändert und Frauen haben heute auch Führungspositionen. Eine Frau ist Bundeskanzlerin, eine Frau war lange Zeit Chefin von RTL. Das ist großartig, dass die Frauen heute so nach vorne gehen und nicht in der Rolle der Assistentin gehalten werden und auf eine ‚Büromaus‘ reduziert werden. Bei Frauen wurde immer mehr auf das Aussehen geachtet. Mit 40 wurden die im Prinzip von Schirm genommen, während die Männer alt sein durften, dick waren, unter Haarausfall litten und schlechte Zähne hatten. Die Frauen waren alle der gleiche Typ, zierliches und nettes Auftreten mit blonden Haaren und blauen Augen. Als ich angefangen habe, war ich schon ein ganz anderer Typ mit meinen dunklen Haaren und meiner damals strengen Art. Man orientiert sich heute stärker an Amerika, wo die Moderatorinnen auch deutlich älter und gestandener sind. Auch entgegen der Unkenrufe hat man bei RTL nie gesagt, dass ich zu alt sei. Wenn ich mir meine Kolleginnen anschaue wie Ulrike von der Groeben oder Frauke Ludowig, haben die alle schon die große Fünf davor oder stehen wie Katja Burkard im nächsten Jahr unmittelbar davor. RTL hält an seinen Gesichtern fest, setzt auf Kontinuität– und das mit Erfolg.
Vielen Dank für das Interview, Birgit Schrowange.
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