Hinter den Kulissen
- Regie: Sven Nagel
- Drehbuch: Sven Nagel und Torsten Fraundorf
- Produzenten: Sabine de Mardt und Rainer Marquass
- Darsteller: David Scheller (als Michael), Steffen Will (als Bernd), Nick Hein (als Marco), Kimberly Michel (als Sandy), Christina Beyerhaus (als Silvia) und Hans Holzbecher (als Vermieter Keifert)
- Kamera: Sebastian Pruß
- Schnitt:Marc Limbach, Peter Hassmann und Torsten Fraundorf
- Musik: Hermann Skibbe
- Produktionsfirma: Eyeworks
Was sucht solcher Dokusoapschund auf dem öffentlich-rechtlichen Digitalkanal ZDFneo? Sind die Mainzer mittlerweile derart verzweifelt, dass sie auf die üblichen Methoden und Konzepte der Privaten zurückgreifen? Eine wenige Filmminuten später folgende, alberne Bildmanipulation im besten RTL-Stil scheint diesen Eindruck zu bestätigen. Aber weit gefehlt: «Diese Kaminskis – Wir legen Sie tiefer» ist kein Reality-Müll, sondern eines der wunderbaren Projekte, die sich beim «TVlab 2013» leider dem uninspirierten „Promiwettstreit im Kinderhüten“ namens «Tohuwabohu» geschlagen geben mussten. Die ebenso beißende wie launige Dokusoap-Parodie erhielt aber so gutes Kritikerfeedback und so euphorische Zuschauerreaktionen, dass ZDFneo dennoch eine komplette Staffel in Auftrag gab. Und diese beweist, dass sich die spaßige Idee der Autoren Torsten Fraundorf & Sven Nagel nach der tollen Pilotfolge noch längst nicht ausgereizt hat.
Allein schon in der Premiere der sechsteiligen Season baut «Diese Kaminskis – Wir legen Sie tiefer» die Stärken der Pilotfolge aus. Prägnanter, gewollt klischeehafter Einsatz längst überreizter Popsongs, ein Erzählerkommentar, der sich in bierernsten Tonfall von einem herben Wortspiel zum nächsten hangelt (einer der Protagonisten stolpert auf einer Wiese: „Hat Michael etwa ins Gras gebissen?“) und Einzelinterviews der Hauptfiguren, die sie möglichst dumm aussehen lassen: Da Dokusoaps eine reine Parade an Klischees und Stereotypen darstellen, haben die «Diese Kaminskis»-Macher genügend Material, das sie abarbeiten können.
Und dennoch verlassen sich die Autoren nicht allein darauf, sondern mischen diese formbezogene Fernsehsatire mit illustren Karikaturen auf. Das am Rande des Ruins stehende Bestattungsunternehmen wird von einem Quartett geleitet, das ungleicher nicht sein könnte – und gerade das Zusammenspiel dieser ironisch geschriebenen und gespielten Stereotypen sorgt für zahllose Lacher. Während Bernd ein neurotischer, von Phobien geplagter Nervösling ist und sich als einziger auf die Auftraggeber einlässt, ist Marco ein aggressiver, partyversessener Dummkopf. Seine Freundin Sandy passt zu ihm wie die Faust aufs Auge: Sie ist ein Paradebeispiel für oberflächliche, sonnenbankgebräunte Blondchen. Als schüchterner Mittelsmann dient unterdessen der verboten naive Michael. Alle Darsteller agieren mit spürbarer Freude an dem Projekt und retten daher sogar die, sehr rar gesäten, schwächeren Gags.
Als sitcomartig gehaltene Persiflage auf Dokusoaps mit einem unfähigen Bestattungsunternehmen als Schauplatz übt sich «Diese Kaminskis» wenig überraschend, jedoch umso effektiver auch in gelegentlichem Zynismus. Etwa in Form des Hauptplots der Staffelpremiere, in der sich die Kaminskis in die Haare kriegen, weil sie sich uneinig sind, ob sie einen Selbstmörder aufhalten oder sich über den mit seinem Tod einhergehenden Auftrag freuen sollen. Für Freunde schneidend-morbiden Humors ist in diesem brillanten Format also auch abseits der Dokusoap-Seitenhiebe ausgesorgt.
Fazit: Urkomische Dialoge, verrückt-spritzige Situationen und ebenso bitterböse wie pointierte Seitenhiebe auf ein TV-Genre, mit dem bereits viel zu viel Schindluder getrieben wurde. Mehr davon!
«Diese Kaminskis» ist ab dem 5. November immer mittwochs ab 21.45 Uhr bei ZDFneo zu sehen.