Die Kritiker

«Kommissarin Heller – Der Beutegänger»

von

Kommissarin Heller muss diesmal einen Stalker aufspüren und spielt bald nach eigenen Regeln. Warum ihr zweiter Fall kaum Überraschungen bietet, aber trotzdem sehenswert ist.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Lisa Wagner als Winnie Heller
Hans-Jochen Wagner als Hendrik Verhoeven
Peter Benedict als Burkhard Hinnrichs
Lena Stolze als Dr. Jacobi
Nina Kronjäger als Silvie Verhoeven
Franziska Neiding als Nina Verhoeven
Annika Blendl als Hannah Lorenz
Godehard Giese als Robert Jansen
Hermann Beyer als Ludwig Martin

Hinter der Kamera:
Produktion: Ziegler Film GmbH
Drehbuch: Mathias Klaschka
Romanvorlage: Silvia Roth
Regie: Christine Balthasar
Kamera: Hannes Hubach
Musik: Johannes Kobilke
„Wir kriegen dieses Arschloch, aber so, dass er für immer hinter Gittern bleibt und nicht von seinem Anwalt wieder rausgehauen wird, weil Sie sich nicht an die Vorschriften gehalten haben.“

„Und wie?“

„Durch altmodische Polizeiarbeit. Sollten Sie auch mal versuchen.“

Altmodisch trifft es ganz gut bei dieser Samstagabendunterhaltung: Die Ermittlungsmethoden von Kommissarin Heller mögen zwar unkonventionell sein – der Krimi selbst ist es für den Zuschauer nicht. Dem vom ZDF festgestellten Innovationsbedarf im Genre wird man, ähnlich wie beim ersten Mal, nicht gerecht, zu gewöhnlich und oberflächlich sind Charaktere und Story. Unterhaltsam ist der Fall trotzdem.

Als innerhalb kurzer Zeit zwei junge Frauen tot aufgefunden werden, glauben die Wiesbadener Ermittler schon fast an einen Serienkiller. Eine Spur führt zu Hannah Lorenz, die glaubt, das dritte Opfer zu werden: Sie sieht sich als Stalking-Opfer, jahrelang bereits verfolgt von einem Mann, den sie aus Kindestagen kennt. Lorenz führt kein normales Leben mehr, sperrt sich ein, fühlt sich auf der Straße permanent verfolgt, gibt Selbstverteidigungs-Kurse für Frauen, vielleicht auch deswegen, um dem Psychoterror gedanklich etwas entgegen zu setzen. Zuerst leugnet sie den Stalker gegenüber der Polizei, doch als die Angst zu groß wird, sucht sie Halt bei Kommissarin Heller. Lorenz glaubt, dass die beiden Morde auch auf das Konto ihres Stalkers gehen – um Macht zu demonstrieren, um zu zeigen, dass er wieder da ist. Heller ist eigentlich auf der Seite des Opfers. Allein, der gesuchte Mann ist offiziell vor zehn Jahren verstorben.

Der Zuschauer weiß mehr als die Kommissarin: Er weiß schnell, wer der Täter ist, dass es nur ein Täter ist und nicht mehrere. Und dass Hannah keine Wahnsinnige ist, die sich ihren Stalker nur einbildet. Dort liegt aber genau ein dramaturgisches Problem, warum dieser Krimi Potenzial verschenkt: Das Spiel um irrationale Einbildung wird nur kurz gespielt und schnell zugunsten einer schnellen Fallentwicklung abgeschlossen, dabei hätte gerade dieser Aspekt im Sinne einer ambivalenten Charakterzeichnung mehr Aufmerksamkeit verdient: Bildet sich Hannah Lorenz ihren Stalker nur ein oder gibt es ihn wirklich? Ist sie das wirkliche Opfer? Wie sollte sich Winnie Heller gegenüber ihr verhalten? All diese Fragen stellen sich kaum oder nur kurz, leider. Man bietet keine Überraschungen, keine dramaturgischen Wendungen, keine Twists an. Der Fall entwickelt sich linear und büßt so auch an Spannungspotenzial ein.

Der fallübergreifende Handlungsfaden um Hellers Schwester, die seit Jahren im Koma liegt, wird zwar weitergesponnen, wirkt aber – bis dato – unausgereift. Einen emotionalen Mehrwert bietet die Geschichte deswegen nicht, weil sie bisher so wenig Platz im Krimi einnahm. Vermutlich aber werden diese Versatzstücke einmal aufgegriffen und mit einem Fall verknüpft, der – wie es gern zitiert wird – Kommissarin Heller „mit ihrer eigene Vergangenheit konfrontiert“. Auch das wäre freilich wenig innovativ.

Drei Dinge machen diesen Samstagabend-Krimi dennoch sehenswert. Zunächst sind es die glaubwürdigen Figuren, unter anderem Hannah Lorenz, die das innerlich gebrochene Stalking-Opfer stark spielt. Lisa Wagner als Winnie Heller gibt, wie im Auftaktfall, die toughe Kommissarin, der man gern beim Ermitteln zuschaut. Ihre anfangs beschriebenen unkonventionellen Methoden prägen den Charakter: Als Heller im Stalking-Fall an einem toten Punkt angekommen ist, versucht sie alles, um den vermeintlichen Täter aus der Reserve zu locken – unter anderem tauscht sie die Rollen und wird selbst zu dessen Stalker. Gut ist die Reihe auch wegen der krimitypischen Aspekte, die man vernachlässigt: Heller hat keine allzu schrulligen Macken, den oft peinlich plakativen Lokalkolorit spart man sich.

Zweitens überzeugt die audiovisuelle Inszenierung: Rückblenden im sepiagetönten Super8-Stil oder Sequenzen mit kaltem Filter, ganz wie bei «Cold Case», wechseln sich ab mit toller musikalischer Untermalung. Der Stalker erhält sein eigenes Stück: Wenn er auftaucht, ertönt ein alter Schlager. Schließlich ist «Kommissarin Heller – Beutegänger» insgesamt ein grundsolides Fernsehspiel, das durchaus für Spannung sorgt. Diese wird zum Großteil von der Frage getrieben: Wie schaffen es die Ermittler, den Stalker zu überführen? Dass auch diese Frage eher durch Zufall und Intuition aufgelöst wird, passt zum Gesamtbild. Ein guter Krimi eben, der Potenzial verschenkt.

«Kommissarin Heller - Der Beutegänger» läuft am Samstag, 15. November 2014, um 20.15 Uhr im ZDF.

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