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Die «RTL II News» und der Krieg

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Themenwoche Krieg: Wie die viel gescholtene Nachrichtensendung beim Privatsender RTL II mit brisanten Themen umgeht.

Die «RTL II News» ziehen um

Ab Anfang 2015 kommen die Nachrichten von RTL II aus Berlin. Der Umzug soll auch inhaltliche Neuerungen mit sich bringen. Laut Senderangaben wird angestrebt, sich noch stärker auf die Informationsbedürfnisse der jungen Zielgruppe zu konzentrieren. Redaktionsleiter Matthias Walter wünscht sich daher einen größeren Einsatz von Reportern und eine konsequentere Integration von Social-Media-Elementen.
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So manch ein Korrespondent dürfte sich dieser Tage wünschen, dass es das viel zitierte Sommerloch auch im gerade beginnenden Winter geben würde. Doch die Realität sieht anders aus: Egal ob man in Richtung Syrien, Israel oder Ukraine blickt, beinah täglich könnte man mit den Ereignissen vor Ort ganze Nachrichtensendungen füllen. Gerade in einer solchen Zeit ist es umso interessanter zu betrachten, wie inhaltlich vermeintlich weniger anspruchsvolle Nachrichtensendungen wie die «RTL II News» mit solch komplexen Sachverhalten umgehen. Denn einerseits muss sich das Format – mehr noch als beispielsweise «RTL Aktuell» – an der jungen Zielgruppe orientieren. Und andererseits passen in die kürzere Sendezeit ganz pragmatisch betrachtet schlicht viel weniger Informationen.

Zwischen zehn und elf Minuten beträgt derzeit die Nettosendezeit der «RTL II News» in der Regel. Bei Betrachtung des gesamten Kalenderjahres lag die Sendezeit auch schon bei 14 oder gar 15 Minuten. Damit liegt der zeitliche Umfang der Nachrichten unter dem von «Tagesschau», «heute», «RTL Aktuell» oder den «Sat.1 Nachrichten», aber über der Dauer der «Newstime» bei ProSieben oder den Nachrichten von VOX oder kabel eins, die über die reine Erfüllung des Pflichtprogramms (um den Status eines Vollprogramms zu halten ist das Ausstrahlen von Nachrichten notwendig) allerdings kaum hinausgehen. Betrachtet man aber die Tatsache, dass innerhalb dieser aktuell rund elf Minuten ein großer Anteil auf Promi-News, Klatsch, Game-Checks und sonstige eher seichte Themen entfällt, bleibt nur wenig Sendezeit übrig: Nicht mehr als vier Minuten sind es in der Regel, die ernste Themen von Politik über Wirtschaft bis Krieg behandeln.

Marginalitäten am laufenden Band


Allein am inhaltlichen Umfang lässt sich selbstredend kaum festmachen, wie gut oder schlecht die Berichterstattung ausfällt. Gerade was allerdings die politischen Nachrichten anbelangt, sucht man an vielen Tagen vergeblich nach oftmals relevanten Ereignissen. Wichtige Entscheidungen oder interessante Debatten innerhalb der Bundesregierung fehlen beispielsweise oft gänzlich oder werden nur auf Marginalitäten heruntergebrochen und zu dürftigem Bild-Material aus dem Off kommentiert. Bei Großereignissen wie dem G20-Gipfel wird dann aber doch auf eine breiter angelegte Berichterstattung gesetzt – was in diesem Fall bedeutet, der Veranstaltung etwa zwei Minuten der Sendezeit zu widmen. Selbst dann aber wird der seichte Einstieg gewählt und Kanzlerin Merkel beim Streicheln eines Pandas gezeigt. Zu sehr will man den Zuschauer eben doch nicht fordern. Was verwundert: Um das eigentliche Thema des Gipfels geht es kaum, die Debatte um den Ukraine-Konflikt wird bei RTL II eher wenig behandelt. Viel mehr geht es um die Wirtschaftspolitik, die die zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer zwar ursprünglich als Hauptthema des Gipfels vereinbart hatten, die aber im Angesicht der akuten Krise de facto nur am Rande diskutiert wurde. Verwunderlich ist das insofern als normalerweise eher die kriegsnahen Themen – wie es die Ukraine-Krise nun einmal ist – berücksichtigt werden. Zumindest die übliche Themensetzung erscheint dabei folgerichtig, insbesondere ob des in diesem Bereich höheren Zielgruppeninteresses.

Bemerkenswert ist, dass von der Vorgehensweise ein Thema nicht länger als circa zwei Minuten zu behandeln, nicht einmal in Sonderfällen abgewichen wird. An dem Tag beispielsweise, an dem ein palästinensischer Attentäter nach offiziellen Angaben vier Betende und einen Polizisten in Israel tötete, setzte das Erste neben intensiver Berichterstattung innerhalb der «Tagesschau» auf einen zusätzlichen «Brennpunkt», während RTL II nur knapp über die genannten 120 Sekunden hinaus kam. Bei solch komplexen Konflikten allerdings ist es so kaum mehr möglich genauere Zusammenhänge zu erläutern – die Auseinandersetzung in seiner Gänze erklären kann ferner nicht einmal tief angelegter Magazinjournalismus. Wo Israel aber zumindest eine Rolle spielte, fanden Themen wie Syrien oder die Ukraine in den vergangenen Wochen bei den «RTL II News» kaum mehr statt.

Für die Herangehensweise bei RTL II lässt sich hier leicht die große Crux erkennen: Selbst wenn ambitionierte Reporter es wollten, es wäre ihnen nicht möglich, Themen wirklich zu erläutern. Die Frage nach dem „Was?“ mag in eingeschränkter Art von dieser Form des Nachrichtenjournalismus darzulegen sein, auf das „Warum?“ allerdings kommt man gar nicht erst. Hintergründe bleiben im Hintergrund, Einordnungen sind schlicht unmöglich. An dieser Stelle darf dann aber zumindest eine Frage nicht ausbleiben: Wäre es für die Zielgruppe überhaupt sinnstiftend, so man sich beim Sender an Einordnungen versuchen würde? Denn es bestünde nicht nur die Gefahr, dass der entsprechende Zuschauer den Weg zu den «RTL II News» gar nicht mehr findet, viel mehr ist auch offen, ob diejenigen vor den Schirmen tatsächlich in der Lage wären, diese Einordnungen für sich zu bewerten oder sie einfach ohne Weiteres hinnehmen würden. Wie groß die Fallzahlen hier wären, lässt sich jedoch kaum feststellen. Nebst wirtschaftlicher Betrachtungen steht für die Senderverantwortlichen bei RTL II in jedem Fall fest, dass der eingeschlagene Weg einer der wenigen ist, durch den das Klientel überhaupt zum Schauen von Nachrichten bewegt wird. Von daher gilt an dieser Stelle die Devise wenig Information ist besser als gar keine – zumal man RTL II in den behandelten Themen keine Desinformation vorwerfen kann. Das, was gesagt wird, ist in der Regel korrekt, wenngleich oft stark vereinfacht.

Gute Nachrichtenbeiträge existieren durchaus auch bei RTL II


Natürlich lässt sich nicht pauschal sagen, dass jeder Beitrag wenig informativ ist. Sachlich und relevant gemacht stechen immer wieder Berichte hervor, in den zurückliegenden Wochen zum Beispiel einer von Frank-Walter Steinmeiers Besuchen im Nahen Osten oder der Enthauptung eines US-Bürgers durch die Terrorgruppe Islamischer Staat. Aber RTL II schreckt eben auch nicht davor zurück, einen Ebola-Beitrag mit allzu pathetischer Musik zu untermalen und währenddessen wahrlich drastische Bilder zu zeigen. Medial in Erscheinung tritt die Sendung zudem vor allem dann, wenn Pannen passieren: Ob nun fälschlicherweise Deutschlands WM-Aus gegen Frankreich bekannt gegeben wird oder, ob man so tut als seien die Figuren von «Berlin – Tag & Nacht» echte Menschen. Kleinere inhaltliche Fehler, die Verlobte von Wladimir Klitschko, Hayden Panettiere, wurde beispielsweise in einer der letzten Ausgaben Hailey genannt, tun zwar an sich weniger weh, sind aber doch symptomatisch für die existierenden Probleme.

Eine Chance auf Besserung tut sich jedoch in naher Zukunft auf. Ab kommendem Jahr senden die «RTL II News» aus Berlin (Quotenmeter.de berichtete). Ab dann soll auch verstärkt auf Reporter gesetzt werden – bisher findet das zumindest On-Screen nur in absoluten Ausnahmefällen statt. Möglicherweise ist dies ein Rädchen an dem sich drehen lässt, um die eigene Zielgruppe nicht zu verschrecken und zugleich einen ungleich höheren Nachrichtenwert zu schaffen. Solange aber bleibt es schwierig sich bei RTL II in Umfang und Qualität angemessen über die aktuelle Nachrichtenlage zu informieren. Gerade bei internationalen Konflikten und der dazugehörigen Diplomatie ist das Ergebnis dürftig. Die basalsten Informationen aber bekommt man in der Regel eben doch. Schon alleine das mag so manchen Kritiker überraschen.

Edit: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass die «RTL II News» stets nur elf Minuten dauern. Nach entsprechendem Hinweis wurde dies angepasst.

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