Die Kino-Kritiker

«The Drop – Bargeld»

von

Dieses Kriminaldrama ist zwar der letzte Film des famosen James Gandolfini, vor allem jedoch steht und fällt es mit dem begnadeten Tom Hardy.

Cast und Crew

  • Regie: Michaël R. Roskam
  • Produktion: Peter Chernin, Dylan Clark, Mike Larocca
  • Drehbuch: Dennis Lehane, basierend auf seiner Kurzgeschichte "Animal Rescue"
  • Mit: Tom Hardy, Noomi Rapace, James Gandolfini, Michael Schoenaerts, Jon Ortiz
  • Musik: Marco Beltrami
  • Kamera: Nicolas Karakatsanis
  • Schnitt: Christopher Tellefsen
Autor Dennis Lehane beeinflusste dass US-amerikanische Spannungskino bereits enorm, und dies, obwohl er erst mit dem jetzt startenden «The Drop – Bargeld» sein erstes Kino-Drehbuch ablieferte. Wie kann das sein? Ganz einfach: Der Schriftsteller verfasste die Romanvorlagen der angesehenen Suspense-Produktionen «Mystic River», «Gone Baby Gone» und «Shutter Island». Statt die Adaption seines Schaffens anderen Autoren zu überlassen, formte der 49-Jährige dieses Mal ganz allein aus einer Kurzgeschichte das Drehbuch zu einem wenig optimistischen Kinofilm. Und obwohl «The Drop – Bargeld» nicht an an die Höhen früherer Lehane-Verfilmungen heranreicht, verdient sich auch dieses Kriminalstück den Respekt des geneigten Publikums.

Im Gegensatz zu den meisten Romanen Lehanes spielt «The Drop – Bargeld» nicht im von Verbrechen geplagten Boston, sondern im nicht minder unterm Joch organisierter Ganoven stehenden New Yorker Stadtteil Brooklyn. Dort führen Bob Saginowski (Tom Hardy) und sein Cousin Marv (James Gandolfini) eine urige Bar, die von Verbrechern gelegentlich als Umschlagplatz für ihr Schwarz- und Blutgeld genutzt wird. Während Marv das Treiben der Gangsterbosse nur mit Murren erträgt und seinen Frust unter anderem kompensiert, indem er sich in der Kneipe gelegentlich aufspielt, ist Bob ein stiller Einzelgänger. Und zudem ein lieber Kerl, wie er im Buche steht: Er gibt Besuchern häufig Gratisdrinks, besucht regelmäßig den Gottesdienst in seiner Gemeinde und versinkt völlig in Mitleid, als er einen schwer verletzten Hundewelpen entdeckt.

Weil der simple, friedliebende Barkeeper von der Vorstellung, einen Hund großzuziehen, zunächst überfordert ist, bittet er seine Nachbarin Nadia (Noomi Rapace) um Hilfe. Während sich Bob und die tierliebe Kellnerin allmählich näher kommen, bekommt es der frisch gebackene Hundebesitzer gleich zweifach die Schattenseiten des Lebens in Brooklyn vorgeführt: Der impulsive, gefürchtete Raufbold Eric Deeds (Matthias Schoenaerts) bedroht Bob, weil er seinen Welpen haben will. Und die tschetschenische Mafia macht Bob sowie Marv die Hölle heiß, da aus ihrer Bar ein Haufen Geld entwendet wurde, den die schmierigen Halbweltler dort zurückgelegt haben …

Zu Beginn lässt es Regisseur Michaël R. Roskam, der mit «The Drop – Bargeld» sein Hollywooddebüt ablegt, sehr gemächlich angehen. Mit großer Exaktheit blickt er auf die Lebenssituation und vor allem auf die Manierismen der Figuren, während er die Handlungsfäden vorsichtig – und bloß mit behutsamen Auswirkungen aufeinander – einführt. Der Verzicht auf überreizte, den Erzählvorgang beschleunigende Gemeinplätze ist löblich. Der Reiz des Dramas, das in kargen Bildern des verlassen wirkenden, wenig einladenden Brooklyn erzählt wird, bleibt im ersten Akt trotzdem gering. Dies liegt vor allem daran, dass der Handlungsstrang um das verschwundene Geld der Tschetschenen schnell an Dringlichkeit verliert, ohne dass sich einer der anderen Plots anschickt, als Motor des Films zu fungieren.

Sobald der Film aber seinen Rhythmus gefunden hat und sich die undurchschaubaren Interaktionen der Figuren dramatisch zuspitzen, ohne effekthascherische Formen anzunehmen, entwickelt «The Drop – Bargeld» eine große Sogwirkung. Dabei steht und fällt dieses trockene Drama mit seinem Hauptdarsteller Tom Hardy. Dieser brilliert als behäbiger Stoiker, der gegenüber Fremden schnell den Eindruck erweckt, ein sanftmütiger Naivling zu sein, der schlicht in den Tag hineinlebt. Und diesem Auftreten wohnt auch ein wahrer Kern inne, was sich etwa dann zeigt, wenn Barkeeper Bob wie ein Reh im Scheinwerferlicht reagiert, sobald ihn seine Nachbarin fragt, ob er den verletzten Pitbull-Welpen bei sich aufnehmen will. Trotzdem machen Hardys strenger Blick und sein Selbstbewusstsein markierender, ruhiger Gestus selbst in größten Notsituationen deutlich, dass Bob schon längst durchschaut hat, in welchem Schicksal er als echter Bewohner Brooklyns gefangen ist. Er kommt gut mit der ständigen Gefahr zurecht, und ist deutlich smarter als er vorgibt – was ihn zu einer fesselnden Leinwandpersönlichkeit macht und weite Teile des Films tragen lässt.

Der legendäre James Gandolfini, der im Juni 2013 verstorben ist und mit «The Drop – Bargeld» sein letztes Projekt bestritt, wird vom Drehbuch leider deutlich weniger herausgefordert. Als Bobs Gegenstück ist Cousin Marv zwar nicht unspannend, allerdings fehlen dieser Rolle wirklich prägende Momente. «Verblendung»-Star Noomi Rapace bekommt da als geknickte Nadia schon mehr zu tun, ebenso wie Matthias Schoenaerts, der als impulsiver Ganove zwar dann und wann an der Grenze zur Karikatur vorbeischrammt, in den entscheidenden Momenten aber einzuschüchtern weiß.

Gestützt durch einen prägnanten, zurückhaltenden Score aus der Feder des «World War Z»-Komponisten Marco Beltrami formiert sich «The Drop – Bargeld» dann letztlich trotz Startschwierigkeiten zu einem respektablen Genrevertreter. Inklusive cleverem, bewusst leisem Schluss. Passend zur Devise: Weniger Gewalt, mehr Psychogramm.

«The Drop – Bargeld» ist ab dem 4. Dezember 2014 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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