Hinter den Kulissen
- Regie: Jason Reitman
- Produktion: Jason Reitman, Helen Estabrook, Jason Blumenfeld, Michael Beugg, Mason Novick
- Drehbuch: Jason Reitman, Erin Cressida Wilson; basierend auf dem Roman „Men, Women & Children“ von Chad Kultgen
- Musik: Bibio
- Kamera: Eric Steelberg
- Schnitt: Dana E. Glauberman
Ähnlich wie das Drama «Disconnect» erzählt Reitmans Leinwandadaption des Romans „Men, Women & Children“ in mehreren lose verknüpfen Handlungsfäden von diversen zwischenmenschlichen Problemen. So herrscht bei den Eheleuten Helen und Don (Rosemarie DeWitt und Adam Sandler) sexuelle Flaute, während ihr pubertierender Sohn Chris (Travis Tope) von seinen Trieben beherrscht wird. Dons Verehrerin Hannah (Olivia Crocicchia) sehnt sich nach einer Schauspielkarriere und lässt sich von ihrer Mutter Joan (Judy Greer) managen, verliert ihr gegenüber aber kaum Worte, sofern es nicht um ihre verblendeten Zukunftsträume geht. Allison (Elena Kampouris), eine Cheerleader-Kollegin Hannahs, hungert sich derweil auf ungesunde Maße herunter, um ihrem älteren Schwarm Brandon (Will Peltz) zu gefallen. Er und viele andere seiner Mitschüler hegen einen ungeheuerlichen Groll gegen Tim (Ansel Elgort), der lange Zeit als fähiger Football-Spieler gefeiert wurde, sich aber von einem Tag auf den anderen aus dem Schulteam zurückzog. Auch sein Vater Kent (Dean Norris) zeigt kein Verständnis dafür, dass Tim eine grüblerische Phase hat. Dass Tim sich mit der zurückhaltenden Brandy (Kaitlyn Dever) trifft, bekommt Kent unterdessen gar nicht mit. Brandys Mutter Patricia (Jennifer Garner) hingegen schon – und sie ist ausgesprochen dagegen, dass sich ihre Tochter mit Jungs einlässt.
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Doppelt mag zwar besser halten, wie oft Reitman in «#Zeitgeist» dem Zuschauer entgegen brüllt „Leute, redet offen miteinander und hört auch genau zu, wenn sich euch jemand anvertraut!“ lässt sich aber kaum noch zählen. Erschwerend kommt hinzu, dass diese als weltbewegende Erkenntnis verkaufte Botschaft in äußerst bemühten Dialogen übermittelt wird: Während sich die Textnachrichten in diesem Melodram zumeist wie unpräzise Parodien lesen, sind die von Angesicht zu Angesicht getätigten Dialoge fast ausnahmslos gestelzt und dick aufgetragen. Und dies ist nahezu fatal: Ein mit Satire gewürztes Drama, welches die gegenwärtigen Kommunikationsgepflogenheiten anklagt, verliert massiv an Wirkung, wenn es kein Auge und kein Ohr für reale Zwiegespräche hat.
Im Falle von «#Zeitgeist» ist dies besonders bedauerlich, da vereinzelte Sequenzen das Potential hervorheben, das in diesem Projekt steckt. So zeigt eine Szene, wie Cheerleader Hannah und ihre Mutter Joan durch ein Einkaufszentrum spazieren – beide schweigen sich an, nutzen aber ihre Smartphones, um über Distanz mit anderen Leuten zu chatten. Hannah zeigt dabei keinerlei Scheu, direkt neben ihrer Mutter hergehend explizite Sex-Botschaften an ihren Verehrer zu senden. Eine konzeptuell starke und plausible Sequenz, die bloß durch die Formulierungen der Textnachrichten ein Stück hinter ihren Möglichkeiten bleibt.
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Zwischendurch versucht Reitman, die gebotene Trübseligkeit mittels bewusst spritziger Satire aufzulockern, aber selbst dies verläuft schnell im Sande: Jennifer Garner etwa mag als manische Mutter mit irrationalem Hass gegenüber digitalen Medien für manches Schmunzeln gut sein, jedoch ist ihre Figur in ihrer Begriffsstutzigkeit derart unplausibel gezeichnet, dass sie spätestens nach der ersten Filmhälfte jegliche Wirkungskraft verliert.
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Fazit: Ungefähr so subtil wie eine Pop-Up-Reklame und genauso denkwürdig: Der eigentlich so talentierte Regisseur Jason Reitman macht in «#Zeitgeist» nahezu alles falsch, was er in früheren Projekten meisterte.
«#Zeitgeist» ist ab dem 11. Dezember 2014 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.