"Nur eine Komödie?" Ein Kurzkommentar ...
So viel Wirbel nur um eine Komödie? Ist es nicht egal, ob «The Interview» nun ins Kino kommt oder für immer im Giftschrank landet? Nein, es ist nicht unbedeutend, was mit dem Film geschieht! Ganz egal, wie politisch oder unpolitisch, wie gut oder mies er ist: Sobald sich Unterhaltungskunst dem Druck von außen beugen muss, stirbt ein Stück Redefreiheit. Wenn schon der zumeist nerdig-launige Humor eines Seth Rogen unter den Teppich gekehrt wird, wer garantiert, dass nicht bald auch Filme gekippt werden, die sich durch ihre politkritischen Inhalte voll und ganz ihren kontroversen Status erarbeitet haben? Sony, bringt «The Interview» raus! Zur Not als Gratisdownload oder DVD-Extra bei einer «Das ist das Ende»-Neuauflage ...Sidney Schering
Der Filmemacher Judd Apatow, Mentor des «Interview»-Co-Regisseurs und -Hauptdarstellers Seth Rogen, beurteilt den Entschluss auf Twitter als „beschämend“. Rhetorisch stellt er die Frage „Wird nun jeder Film zurückgezogen, gegen den anonym gedroht wird?“ Als Fazit mutmaßt er: „Das garantiert nur, dass dieser Film von mehr Menschen gesehen wird, als vorher der Fall gewesen wäre. Ob nun legal oder illegal, bliebt abzuwarten.“ Auch Comedian Patton Oswalt glaubt, «The Interview» habe somit den „Weltrekord im 'Aus Trotz gucken'“ sicher. Latenight-Talker Jimmy Kimmel antwortet Apatow auf dem Kurznachrichtendienst und bringt eine politische Ebene ins Gespräch: „Ich stimme aus ganzem Herzen zu. Es ist ein unamerikanischer, feiger Schritt, der das Handeln der Terroristen nur bestärkt und einen schlimmen Musterfall setzt.“
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Schauspieler Rob Lowe zeigt sich bei Twitter sprachlos: „Wow, alle haben den Schwanz eingezogen. Die Hacker haben gewonnen. Ein absolut vollkommener Sieg für sie.“ Comedian Bill Maher wiederum ist wütend, dass der Film mit Seth Rogen und James Franco (Foto oben, Szenenbild aus ihrer Sony-Komödie «Das ist das Ende»), gekippt wurde. Er tweetet: „Mehr braucht es nicht, bloß eine anonyme Drohung und die Zahlen 9/11, und schon schmeißen wir die Redefreiheit über Bord?“ In der Nachricht der Hacker hieß es, auf «The Interview»-Spielstätten seien Attacken geplant, die Erinnerungen an den 11. September 2001 wachrufen würden.
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Schauspieler und Regisseur Zach Braff befürchtet: „«The Interview» zu canceln wirkt auf mich wie ein grausamer Präzedenzfall.“ Autor Neil Gaiman sieht es ähnlich: „Sony schlägt also zurück, indem sie «The Interview» zurückziehen und so allen Hackern beweisen, dass Cyberangriffe und Drohungen makellos funktionieren? Das könnte sich als Fehler herausstellen.“ Dokumentarfilmer Michael Moore dagegen nimmt es mit Galgenhumor und scherzt: „Liebe Sony-Hacker: Da ihr ja nun Hollywood lenkt, wünsche ich mir weniger Romantikkomödien und Michael-Bay-Filme. Und bitte keine «Transformers» mehr.“
Ungeklärt bleibt unterdessen, was international mit «The Interview» geschieht. Zwar wurden schon vor wenigen Tagen sämtliche Kinoauswertungen der Komödie im asiatischen Raum abgesagt, entgegen zahlreichen Medienberichten wurde für Europa aber noch keine Entscheidung getroffen. Sony-Pictures-Pressebetreuer Kai Mickley erläutert Quotenmeter.de auf Anfrage: „Beschlossen wurde noch nichts, daher steht der Kinostart theoretisch noch.“ Er selbst schätzt die Lage allerdings so ein, dass Sony Pictures in den kommenden Tagen «The Interview» auch auf dem hiesigen Markt sperren wird. Abwarten ist also angesagt. Momentan steht der Film noch für den 5. Februar 2015 auf dem Plan.
Update: Das Gefühl Mickleys trügte nicht. Wie 'Deadline Hollywood' am Vorabend von Sony Pictures US erfuhr, wird die «The Interview»-Veröffentlichung vorerst auf sämtlichen Märkten gestoppt.
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