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Vierschanzentournee: Ist der Boom des Skispringens vorbei?

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Die 63. Auflage der Vierschanzentournee steht an, doch wie läuft es eigentlich seit dem Ausscheiden von Sven Hannawald und Martin Schmitt im Fernsehen?

Die deutschen Springer

  • Severin Freund
  • Marinus Kraus
  • Markus Eisenbichler
  • Michael Neumayer
  • Richard Freitag
Auch in der Wintersportsaison 2014/ 2015 steht wieder das Skisprunghighlight des Jahres an. Die «Vierschanzentournee» gastiert wie bereits seit 1953 wieder in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen. Der 6. Januar 2002 war ein geschichtsträchtiger Tag, denn damals gelang es dem deutschen Springer Sven Hannawald als bislang einzigem Athleten, alle vier Springen der Tournee zu gewinnen. Bereits in den Jahren 1999 und 2000 entschied sein Landsmann Martin Schmitt den Gesamtweltcup zweimal für sich. Auch in den Jahren zuvor war der Skiflug-Weltcup fest in der Hand der beiden Athleten. Bei den Olympischen Winterspielen 2002 folgten noch eine Silbermedaille im Einzel für Hannawald und Gold im Mannschaftswettbewerb. Nach der Saison 2002/ 2003 brachen für das Skispringen in Deutschland allerdings dunklere Zeiten an. Bis zur vergangenen Saison fand sich kein Springer aus Deutschland mehr in den Top 3 der Weltcupwertung statt, Hannawald zog sich 2005 zurück und Martin Schmitt musste sich immer wieder mit ernsthaften Verletzungen auseinandersetzen, die ihn im Weltcup zurückwarfen. Auch er ist heuer nicht mehr mit von der Partie, bleibt dem Weltcupzirkus aber als Experte bei Eurosport treu.

Mit dem Abtreten der Stars verschwand auch der Erfolg. Während dieser Zeit trumpften die ohnehin immer starken Österreicher auf, allen voran Gregor Schlierenzauer, der aktuell so ziemlich alle Rekorde hält, die ein Skispringer halten kann und einen Tag nach dem letzten Springen der Tournee erst 25 Jahre alt wird. Diesen Hype spüren auch die Verantwortlichen vom ORF, die in Österreich alle vier Springen live übertragen. Das finale Springen der vergangenen Tour lockte 1,64 Millionen Zuschauer aus dem Alpenland vor die Fernsehgeräte. Dies bedeutete einen Marktanteil von 62 Prozent bei allen Zuschauern. In den jungen Zuschauergruppen, also bis 49 Jahre, beziehungsweise bis 29 Jahre erreichte man 59 und 48 Prozent Marktanteil, wie ORF-Sendersprecher Michael Krause Quotenmeter.de bestätigte.

Die österreichischen Springer

  • Michael Hayböck
  • Gregor Schlierenzauer
  • Stefan Kraft
  • Andreas Kofler
  • Wolfgang Loitzl
  • Thomas Diethart (Vorjahressieger)
In Deutschland ist die Situation etwas anders. Während die Sportart Skispringen zwischen 2005 und 2012 womöglich etwas an Ansehen verloren hat, stellt die Vierschanzentournee noch immer ein absolutes Highlight im Sportkalender dar. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky bestätigte gegenüber Quotenmeter: „Wenn man beispielhaft für die Skisprung-Quoten die Vierschanzentournee betrachtet, sind die Zuschauerzahlen seit vielen Jahren eher konstant geblieben. Weder das Karriereende von Sven Hannawald 2005 noch der Rücktritt von Martin Schmitt 2014 hat darauf große Auswirkungen gehabt.“ Ein Sendersprecher des ZDF zeigte sich sogar noch euphorischer: „Auch die 43. Auflage des international bedeutendsten Skisprung-Ereignisses dürfte wieder Zehntausende an den Schanzen und Millionen vor den TV-Bildschirmen in ihren Bann ziehen.“

Im Laufe der vergangenen Jahre sorgte gerade das Neujahrsspringen, als prominentestes Springen, immer wieder für sensationelle Quoten. 2010 erreichte das ZDF 4,32 Millionen Zuschauer und 24,8 Prozent aller Zuschauer ab drei Jahren. Im jährlichen Wechsel übertrug das Erste das Springen an Neujahr 2011 und lockte damit 5,92 Millionen Zuschauer vor die Fernsehgeräte, dies entsprach einem Marktanteil von 27,9 Prozent. 2012 zeichnete sich das Zweite Deutsche Fernsehen wieder für die Übertragung verantwortlich und legte gegenüber 2010 um zirka 1,20 Millionen Zuschauer zu. Letztlich standen 5,52 Millionen Skisprungbegeisterte und 26,8 Prozent zu Buche. Den positiven Trend der Vorjahre nutzte auch das Erste 2013 und schaffte es die Gesamtreichweite sogar noch auf 6,55 Millionen Zuschauer auszubauen und damit 30,9 Prozent aller Zuschauer anzusprechen. 2014 musste das ZDF erstmalig einen Rückschlag verkraften, die Übertragung verfolgten nur 4,99 Millionen Zuschauer und somit mehr als 500.000 weniger als zwei Jahre zuvor. Der Marktanteil erreichte dennoch sehr gute 25,0 Prozent. Ein Grund für die abfallende Reichweite war auch das frühe Ausscheiden des Mitfavoriten Severin Freund im ersten Durchgang.

Die Termine der Tour

  • Oberstdorf 28. Dezember (Das Erste/ORF)
  • Garmisch-Partenkirchen 01. Januar (Das Erste/ORF)
  • Innsbruck 04. Januar (ZDF/ORF)
  • Bischofshofen 06. Januar(ZDF/ORF)
Auch bei den jungen Zuschauern schnitt die Übertragung des Großevents am 1. Januar für gewöhnlich sehr gut ab. 2013 erreichte das Erste sogar einen Marktanteil von 20,4 Prozent bei den Zuschauern im Alter zwischen 14 und 49 Jahren. Lediglich zwei der vergangenen fünf Springen schafften es nicht mehr als eine Million Zuschauer an Neujahr vor die Fernsehgeräte zu locken. Dies betrifft zum Einen das Springen 2010, welches ohnehin die niedrigste Reichweite generierte und so nur rund 700.000 junge Zuschauer anlockte und zum Anderen das Springen 2014, welches erstmalig einen Rückgang verzeichnen musste.

Auch wenn Springer aus Deutschland nach und nach wieder in die Weltspitze stoßen, bleibt das Team der Star. Bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi gewann das Team um Severin Freund und Andreas Wellinger sogar die Goldmedaille und führt die Teamwertung in der aktuellen Weltcupsaison an. Um das Skispringen auch für die Zuschauer wieder spannender zu gestalten, führte der internationale Skiverband in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Regeln ein: Dazu zählen zusätzliche Punkte für Windverhältnis oder einen verkürzten Anlauf. Doch auch die Fernsehübertragung hat sich verändert.

Besonders die Österreicher stechen hier hervor. Für die beiden Heimspringen baut man 22 Kameras auf, unter anderem eine sogenannte Antilopen-Kamera, die den Moment des Absprungs perfekt einfängt und dies dem Zuschauer noch näher bringt. Um das Gesamtereignis, also auch das Panorama, die Stimmung im Stadion, sowie die Reaktion der Springer und ihrer Familien perfekt zu inszenieren, tritt der ORF mit drei Regisseuren auf, einer national und zwei international. Die ARD konzentriert laut sich laut Axel Balkausky vorerst nicht auf technische Neuerungen der Übertragung, sondern möchte noch mehr Hintergrundberichte liefern. Ebenso plane man einen Ausbau der Übertragungen des Frauen-Skispringens. Auch das ZDF fokussiert sich vorerst auf die richtige Inszenierung der Springen und legt dabei Wert auf den Panoramablick der Bergisl-Schanze sowie die Stimmung der 26.000 Fans an Paul-Außenleiter-Schanze.

Doch nicht nur während des Springens fahren die übertragenen Sender große Geschütze auf, das Zweite Deutsche Fernsehen setzt mit Moderator Sven Voss auf einen alten Bekannten, als Experte vor und während der Springen steht Toni Innauer zur Verfügung. Als Kommentator wird erneut Stefan Bier arbeiten. Für die Übertragung im Ersten ist das eingespielte Trio aus Moderator Matthias Opdenhövel, Experte Dieter Thoma und Reporter Tom Bartels wieder vereint. Die Nachbarn in Österreich dürfen sich unterdessen auf eine neue Stimme freuen. An der Seite von Michael Roscher wird der frühere Ausnahmeskispringer Martin Koch (rechts) fungieren. Als Moderator ist erneut Boris Kastner-Jirka zu sehen, als Experte an seiner Seite steht Andreas Goldberger.

Doch so sehr sich die Sender auf neue Techniken, gute Stimmung und routinierte Moderatoren konzentrieren, wollen die Zuschauer vor allen Dingen Siege ihrer Athleten sehen. Die Österreicher hatten davon in den vergangenen Jahren Zahlreiche, neben Schlierenzauer fiel im vergangenen Winter vor allen Dingen Thomas Diethart auf, der als Neuling direkt mal die Vierschanzentournee für sich entschied. Zu diesen Zeitpunkten schaffte es das Skispringen locker mit den Quoten der alpinen Wettbewerbe mitzuhalten. In Deutschland ist dies bei Großereignissen auch immer wieder möglich. Allmählich kommen immer mehr Springer, angeführt von Severin Freund, aus Deutschland in der Weltspitze an. Die Experten der Sender sind sich sicher, dass Deutschland auf dem richtigen Weg und einen hoffnungsvollen Nachwuchs hat, der sich mittelfristig in der Elite festbeißen wird.

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