Siehe auch ...
An letztere Produktion knüpft Dittrich mit «Das TalkGespräch» nun nahtlos an. Erneut schlüpft er in mehrere Rollen, Komikerin Cordula Stratmann ist ebenfalls mit von der Partie und wieder befindet sich ein öffentlich-rechtliches Sendungskonzept im satirischen Visier. Dieses Mal trifft es die abendlichen Gesellschafts-Gesprächsrunden, in denen diverse mehr oder minder prominente Gäste verschiedener Berufsgruppen für ihre neuen Produkte werben können. Äh, Verzeihung. Natürlich erlauben sie es der Moderatorin oder dem Moderator, einen Einblick in ihr berufliches und privates Leben zu erhaschen. Und weisen bloß ganz, gaaaanz beiläufig auf ihre aktuelle CD, Fernsehsendung, Printpublikation, Kosmetiklinie oder DVD hin.
Wie nach «Frühstücksfernsehen» zu erwarten war, gestaltet sich also auch «Das TalkGespräch» als intelligente, einfallsreiche Persiflage einer gesamten Gattung an Fernsehshows. Dank der Dialoge, die mit scharfer Beobachtungsgabe die üblichen Floskeln seichter Abendtalkshows auf die Spitze treiben, werden Fans von Dittrichs Humor in den besten Phasen des Specials im Sekundentakt mit Lachern belohnt. Etwa, wenn die von Stratmann verkörperte Gastgeberin Simone Rabe ihre Gäste vorstellt und dabei auf absurde Fakten zurückgreift, die als bunt und auflockernd gedacht sind. Über die ehemalige Schlagersängerin Trixie Dörfel, die nun als Schauspielerin tätig ist, erfahren wir dann so ungeheuerlich relevante Dinge wie „Tony Curtis soll ihr mal Spaghetti gekocht haben“, und Tierforscher Andreas Baesecke wird als Schöpfer des offenbar vielsagenden Zitats „Die Gelbnatter ist nicht tot, sie schläft nur“ beschrieben.
Sabine Rabes Talkshow hat insgesamt fünf Gäste im Studio. Neben den bereits erwähnten Kunstfiguren Dittrichs nehmen auch die ebenfalls vom Comedian gespielten Hauke Roche-Baron (wenig lebensfroher Politjournalist) und Sandro Zahlemann (verschlafener Außenreporter) an der Debatte teil, zudem gibt es Musik vom Singer/Songwriter Platzhirsch (ebenfalls Dittrich). Wie es beim Aufeinandertreffen fünf neuer Kunstfiguren in einem halbstündigen Comedyspecial wohl unvermeidlich ist, sind nicht alle Protagonisten gleichermaßen überzeugend. Der begriffsstutzige Sandro Zahlemann ist mit seinem schlechten Hochdeutsch und seinem gemächlichen Sprechtempo zwar eine typische Dittrich-Schöpfung, für eine solche aber auch extrem einfallslos geraten.
Mit Trixie Dörfel macht die beste Figur des Specials gleich den Anfang: Hier bekommen gewisse ältere Schauspielerinnen ihr Fett weg, die von einem ARD-Betroffenheitsschmachtfetzen zum nächsten tingeln. Großartig auch der Ausschnitt aus ihrem fiktiven Eventzweiteiler, der alle Degetos-Klischees vereint: Getragene Dialoge, ach-so-mitleidserregende reiche Charaktere, die sich leider, leider nicht ihren Herzenswunsch erfüllen können (aber sonst alles kaufen, was nicht niet- und nagelfest ist) und die in ihrer Freizeit den armen Leutchen in Afrika helfen.
Selbst wenn nach diesem furiosen Auftakt nicht mehr jeder Gag sitzt, ist «Das TalkGespräch» eine echte Ausnahmeproduktion im ARD-Comedysegment. Kompakt, voller gewitzter Beobachtungen über Promi-Gesprächsrunden und technisch rund. Hinzu kommen diverse namhafte Gastauftritte, und schon macht sich der Wunsch auf eine dritte TV-Parodie des Verwandlungskünstlers Dittrich breit. Wie wäre es mit einem Dittrich-Schmunzelkrimi?
«Das TalkGespräch» ist am 27. Dezember 2014 ab 23.15 Uhr im Ersten zu sehen.