Mälzers TV-Anfänge
Einen Großteil seiner Popularität hat Tim Mälzer dem Sender VOX zu verdanken, der zwischen 2003 und 2007 seine tägliche Kochshow am Vorabend ausstrahlte. Ab Dezember 2004 war er dann mehrfach in der ZDF-Kochshow «Kochen bei Kerner» zu sehen.Der kulinarische Wettstreit zwischen den beiden Spitzenköchen verläuft so, dass zunächst jeder zwei Länder bestimmt, in die der jeweils Andere zu reisen hat. Die eigentliche Challenge, welcher man sich zu stellen hat, wird den beiden Kontrahenten jedoch erst vor Ort mitgeteilt. Prinzipiell geht es jedes Mal darum, das Lieblingsgericht eines einheimischen Profi-Kochs nachzukochen, ohne die konkrete Zutatenliste oder die Art und Weise der Zubereitung zu kennen. Die beiden Tims müssen also rein auf Grundlage ihrer Geschmacksknospen (und ihrer Augen) erkennen, wie die ihnen präsentierten Köstlichkeiten zustande gekommen sind. Eine Jury aus Stammgästen des jeweiligen Lokals bewertet abschließend die neu kredenzte Kopie.
Die beträchtlichen Parallelen zu «Joko gegen Klaas» fallen so richtig ins Auge, sobald man die ersten Minuten gesehen hat. Zwei Freunde reisen quer durch die Weltgeschichte, um sich einer möglichst harten Herausforderung zu stellen, die zumindest offiziellen Angaben zufolge vom Kontrahenten erdacht wurde. Die Präsentation der Geschehnisse erfolgt in einem mühsam zusammengeschnittenen und sehr langen Clip, in denen jeweils nur der Hauptprotagonist zu sehen ist. Er kommentiert die eigenen Erfahrungen aus dem Off, einen zusätzlichen Sprecher gibt es nicht. Für eine größere Dramaturgie nutzen die Macher eine oftmals sehr pathetische und bombastische musikalische Untermalung, während Mälzer und Raue einander zum Teil recht martialische Kampfansagen machen. Nicht zu überhören ist hüben wie drüben der ironische Unterton, der gesamte Wettkampf-Gedanke findet also eher auf einer freundschaftlichen, augenzwinkernden Ebene statt.
Was die beiden Formate am meisten voneinander unterscheidet, ist sicher, dass die Bandbreite an möglichen Mutproben und Aufgaben bei «Mälzer vs. Raue» deutlich enger gefasst ist. Während sich Joko und Klaas alle möglichen Gemeinheiten für den Kompagnon einfallen lassen können, beschränkt man sich hier bewusst auf Koch-Herausforderungen - was gar kein so dummer Gedanke ist, schließlich ist das Genre auch nach Jahrzehnten noch immer ein Dauerbrenner, in dem vor allem Mälzer eines der bekanntesten Gesichter ist. Somit ist man sichtlich darum bemüht, möglichst außergewöhnliche Situationen an speziellen Schauplätzen zu kreieren und nebenbei natürlich auch Gerichte auszuwählen, die vom 08/15-Einheitsbrei abweichen.
Auffällig ist ferner, dass man beiden Köchen ein Image auferlegt, das von ihnen sogar weiter gefestigt wird. Während Mälzer eher für die bodenständige, spontane Küche steht, in die auch gerne mal das eine oder andere Fertigprodukt darf, wird Raue als Perfektionist dargestellt, der es lieber etwas feiner mag. Entsprechend ihrer jeweiligen Schwächen muss Ersterer dann zunächst zum Sternekoch Andreas Caminada in die Schweiz reisen, um für eine sehr feine Gesellschaft zu kochen, während Raue in ein tatarisches Dorf in Polen geschickt wird, wo weniger die Optik und der schöne Schein zählt als der tatsächliche Geschmack. Später verschlägt es die beiden noch nach Irland zum Innereien-Kochen und nach Spanien zur traditionellen Paella-Zubereitung - wobei Tim Raue vor allem mit der sehr, sehr traditionellen Art, ein Feuer zum Lodern zu bringen, sichtlich überfordert ist.
Die insgesamt zweieinhalb Stunden Brutto-Sendezeit vergehen dabei sehr schnell, da der Schnitt und überhaupt die gesamte Produktion hervorragend gelungen ist und jeder der vier Reiseberichte seine ganz eigene, interessante Geschichte erzählt. Die lockeren, stets selbstironischen Protagonisten tragen selbstredend ebenfalls dazu bei, dass man vor dem Fernseher mit Interesse am Ball bleibt. Zudem kommt dem Format an einigen Stellen zugute, dass es auf ein Voice-over verzichtet und somit die vor allem in Spanien und Polen erheblichen Sprachbarrieren sowie die daraus entstehenden Dynamiken voll zur Geltung kommen. Somit gibt es zwar sehr viele Strecken, in denen der Zuschauer auf die Untertitel zurückgreifen muss, doch dafür wirkt alles umso authentischer.
Die Verkündung des Duell-Gewinners am Ende ist zwar sehr lieblos und unspektakulär geraten, vermittelt damit allerdings auch die klare Botschaft, dass der Wettstreit an sich doch eher Mittel zum Zweck ist, als ein ernstzunehmender Bestandteil der Sendung. Und so dürfte es auch letztlich sein: Das Engagement von Mälzer und Raue, mit vollem Herzen bei der Sache gewesen zu sein, nimmt man ihnen ab, ihre martialischen Kampfansagen sind jedoch eher als freundschaftliche Kabbeleien zu verstehen. «Kitchen Impossible» überzeugt viel mehr durch das Zusammenspiel der Protagonisten, der liebevollen und sehr hochwertig wirkenden Produktion und der schönen Einfälle, wie man die Spitzenköche so richtig ins Schwitzen bringen kann. Ob das unbedingt der Stoff ist, mit dem man den letzten Abend vor den Weihnachtstagen füllen möchte, ist dennoch etwas fraglich - hinsichtlich einer möglichen Fortsetzung wäre es der Sendung allerdings zu wünschen.
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