Hinter den Kulissen
- Regie und Drehbuch: David Ayer
- Produktion: Bill Block, John Lesher, Alex Ott, Ethan Smith, David Ayer
- Musik: Steven Price
- Kamera: Roman Vasyanov
- Schnitt: Dody Dorn
Der Drehbuchautor und Regisseur David Ayer ist allerdings wenig an klaren Rollenverteilungen interessiert, wie er bereits mit dem Skript zu «Training Day» oder mit dem von ihm geschriebenen sowie inszenierten Found-Footage-Actiondrama «End of Watch» vorführte. Eben jener Linie bleibt Ayer auch in «Herz aus Stahl» treu. Es lässt sich sogar das Argument machen, dass er sich nach dem gemeinhin verrissenen «Sabotage» selber übertrifft. Trotz Superstar Brad Pitt in der Hauptrolle und endlos scheinenden Passagen reiner Zerstörungswut ist diese Weltkriegs-Geschichte desolater, intensiver und ambivalenter als Ayers bisheriges Schaffen.

Sobald Ayer, vermeintlich, der Anspannung eine Möglichkeit gibt, Luft zu machen, konterkarieren die trostlose Ausstattung, das Fehlen entsprechend positiver Filmmusik und die distanziert-kühle Kameraarbeit Roman Vasyanovs diesen Handlungsschritt. Norman und die jüngere der beiden Frauen bandeln miteinander an. Aber die übliche Bild- und Klangästhetik, die im US-Historienkino markiert, dass so eben ein Moment des Trosts in tristen Zeiten eingefangen wird, bleibt aus. Ebenso das andere Extrem. Keine sinistren Orchesterklänge. Keine grimmen Schatten, die verbildlichen, wie sehr ein unschuldiger Bube zum Schurken verkommt, der seine Machtposition gegenüber verängstigten Frauen ausnutzt. Ayer lässt das Geschehen stehen. Romantik fehlt, es wird jedoch auch keine explizite Anklage erhoben. Nur zwischen den Zeilen wird das diskutiert, was parallel dazu in den Köpfen wohl vieler Zuschauer vorgeht. Ist es eine Vergewaltigung? Die etwas ältere Cousine blickt gestreng in Richtung Schlafzimmer, Wardaddy entlockt seiner steinernen Miene ein entschuldigendes Lächeln: „Sie sind jung“, so als sei es zweifelsfrei auf Beidseitigkeit beruhender Leichtsinn.

Im Anschluss an diesen Vorfall dreht Ayer die Schraube der Anspannung sogar noch fester zu. Während eines improvisierten, kärglichen Mahls ruft er in Erinnerung, dass Wardaddys Truppe noch aus weiteren Männern besteht. Wurden diese zuvor nur flüchtig eingeführt, zeigen sie nun nicht etwa im Kampf, sondern ausgerechnet in einem Moment der Stille ihre wahren Gesichter. Jon Bernthal, Michael Peña und vor allem Shia LaBeouf dürfen nun weitere Facetten ihrer Rollen zeigen, verstören, Mitleid erregen, verwirren. Und dann endet dieser Film im Film, der mit seinen starken Dialogen in ähnlicher Form problemlos auch aus «Inglourious Basterds» stammen könnte, schlagartig. Betrachter wie auch die handelnden Figuren befinden sich erneut im schwarz-matschbraunen, ohrenbetäubenden Kriegsalltag, der knapp zwei Drittel von «Herz aus Stahl» ausfüllt.
Die Schlachten reichen zwar nicht an die Komplexität, emotionale Zerrissenheit und resolute Regieführung des Mittelteils heran. Trotzdem sind sie überaus intensiv und machen durch gekonnt in Szene gesetztes Chaos und verstörende Momentaufnahmen spürbar, wieso innerhalb weniger Tage aus dem naiven, unverbrauchten Norman ein völlig ausgebrannter Recke werden kann. Ayers Gewaltspitzen und Ekeleskapaden verkommen dadurch nie zum Selbstzweck, sondern dienen stets der Erzählung und brennen sich somit langfristig in Erinnerung. Die Panzerkämpfe zeigen zudem die Wucht, mit der diese Gerätschaften durchs Land bretterten, ohne den Film zu entschleunigen. Die ersten Feldzüge sind daher mitreißender und visuell ungewöhnlicher als das sich auf einen Ort beschränkende Finale. Obwohl hier der aufkeimende Heroismus der Figuren als selbsteingeredet unterstrichen wird, überreizt die letzte Schlacht ihren Spannungsbogen minimal. Umso stärker präsentiert sich dafür der Gänsehaut-Score aus der Feder des «Gravity»-Komponisten Steven Price, durch den die aussichtslose Stimmung des Films auch in den unsicherer gespielten Augenblicken aufrecht gehalten wird.
«Herz aus Stahl» ist ab dem 1. Januar 2015 in vielen deutschen Kinos zu sehen.