Zur Person: Quirin Berg
Wiedemann & Berg Film wurde 2003 von Quirin Berg und Max Wiedemann gegründet und steht für die Produktion erfolgreicher Kinofilme. Quirin Berg und Max Wiedemann haben schon in der 5. Klasse die Schulbank geteilt – und ihre Begeisterung für Film. Die beiden Freunde gingen nach dem Abitur zusammen an die Hochschule für Fernsehen und Film und gründeten noch während des Studiums die Wiedemann & Berg Film, deren alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer sie seitdem sind. Sie produzierten mit der Firma unter anderem «Männerherzen» und «Friendship», den Mega-Erfolg «Tannbach» oder die ZDF-Telenovela «Lena».Tatsächlich habe ich mich sehr darüber gefreut und ich war natürlich auch über die gleich dreifache Berücksichtigung glücklich. Man weiß im Vorfeld zwar wer vorgeschlagen ist, aber alles andere liegt in den Händen der Jury. Nun, die eigentliche Entscheidung steht ja noch aus.
Wir wollen ein bisschen über den «Tatort» sprechen: Sie machen ja nicht nur den «Tatort» aus Weimar, sondern bald auch den neuen aus Dresden. Stehen Sie ein bisschen für den neuen ARD-Krimi?
Es gab in den letzten Jahren insgesamt viele gute Impulse für den Tatort. Dass wir dazu einen Beitrag leisten und sogar zwei neue Teams initiieren dürfen, ist großartig und vor allem auch unserer Produzentin Nanni Erben zu verdanken, die beide Formate maßgeblich betreut. Wir versuchen als Firma in allen Bereichen nach Vorne zu denken. Deshalb haben wir mit «Add a friend» die erste deutsche Pay-TV Serie gemacht oder aktuell mit «Who am I» einen sehr zeitgeistigen deutschen Kino-Thriller. Wir können uns nicht nur auf dem bereits Bestehenden ausruhen. Insofern stehen wir hoffentlich auch weiterhin immer ein bisschen für progressive Ideen. Mit dem «Tatort» Weimar haben wir jedenfalls erfolgreich einen frischen Akzent gesetzt und bei Dresden haben wir nun die Ausschreibung gewonnen. Drücken wir die Daumen, dass sich auch die Zuschauer begeistern lassen.
Was macht den neuen «Tatort» in Dresden so besonders?
Drei Engel für Dresden, das sind Alwara Höfels und Karin Hanczewski als Kommissarinnen, Jella Haase als Auszubildende und der gebürtige Dresdner Martin Brambach als Chef. Drei Frauen als Team – das gab es so noch nicht. Die Besetzung ist in jeglicher Hinsicht fantastisch und mit Ralf Husmann konnten wir zudem eine echte Ikone als Autor und kreativen Kopf gewinnen. Seiner Feder entsprechend wir auch der Ton natürlich humorvoll sein. Aber dabei wird sich der «Tatort» aus Dresden nicht mit dem aus Weimar überschneiden. Weimar lebt von der Chemie zwischen Christian Ulmen und Nora Tschirner – die das zuweilen absurde Geschehen um sie herum, den „Weimarer Wahnsinn“ ganz normal, lässig und trocken betrachten. In Dresden geht es mehr ums Team und das private der einzelnen Figuren bekommt mehr Raum. Drei Frauen zwischen Alltag und Beruf - das liefert für den etwas geerdeteren Humor ideales Potential.
Gibt es schon genaue Pläne, wann das Duo Ulmen und Tschirner wieder ermittelt?
Wie werden im August drehen, einen Ausstrahlungstermin gibt es aber noch nicht.
Der «Tatort» aus Weimar wurde von manchen schon als bester des Jahres gefeiert. Im Gegenzug bekamen die Kollegen aus Erfurt die volle Breitseite ab. "Schlechtester «Tatort» des Jahres", hieß es dort. Wie nimmt man als Produzent solche Kritiken wahr?
Man kann bekanntlich große Quoten-Erfolge oder große Zuschauerzahlen an der Kinokasse feiern ohne von Kritikern geliebt zu werden. Trotzdem hofft man immer auf gute Resonanz bei Presse und Kritik. Nur sind positive oder negative Reaktionen nicht immer nachvollziehbar und objektiv, manchmal potenziert sich ein Trend, gerät aus dem rationalen Rahmen. Insofern lässt sich mit jeglicher Kritik zumindest grundsätzlich besser umgehen wenn man sie selbst für den eigenen Film als fair empfindet.
Sie haben neben den neuen «Tatorten» auch einen Film mit dem ehemaligen Berliner Duo Dominic Raacke und Boris Aljinovic gemacht und kürzlich auch mit den Münchenern gearbeitet. Was macht mehr Spaß? Ein neues Team kreieren oder mit bestehenden Figurenkonstellationen hantieren?
Ein neues Team zu kreieren, das ist ein wirklich spannender Findungsprozess. Einer, der auch seine Zeit braucht. Das Ergebnis entsteht nicht nur auf dem Papier sondern wächst im Dialog mit allen Beteiligten, mit der Redaktion, mit den Schauspielern. Das Neue ist normalerweise die größere Herausforderung und man bleibt dabei auf alle Zeiten „Geburtshelfer“, das ist einfach schön. Die Münchener Wachtveitl und Nemec hingegen sind bereits längst eine Institution. Da setzt die Arbeit bzw. das Vergnügen an einem ganz anderen Punkt an. Da macht z.B. das Ausreizen kleiner Charakterdetails Freude. Und bei so starken Schauspielern gibt es trotzdem immer wieder Neues zu entdecken und auszuprobieren. Also, wir haben es durchaus als Ehre empfunden, auch in München einmal an den Tatort zu dürfen. Wir haben ein fulminantes Setting und auf dem Oktoberfest gedreht, gezeigt wird der Fall „Die letzte Wiesn“ im kommenden Herbst.
Wird zu viel «Tatort» nicht langweilig?
Absolut nicht. Es ist zudem ein Zufall, dass es bei uns nun gerade mehrere Projekte sind. Den Anstoß für unseren Münchener «Tatort» gab es schon vor einigen Jahren. Man braucht manchmal etwas Geduld.
Was ist das Erfolgsrezept vom «Tatort»?
Er ist Institution und doch Zeitgeist. Er ist regional und doch ganz Deutschland. „Wir sind Tatort“ schafft jeden Sonntag ein Gemeinschaftsgefühl, einen Konsens. Es gibt Sehgemeinschaften, die ausgiebig über die Fälle diskutieren. Die Presse begleitet die Ausstrahlungen der «Tatorte» breit. Das macht einfach Spaß, weil man so etwas sonst ja eigentlich nur hat, wenn die Nationalmannschaft spielt. Und das gelingt vor allem weil der Tatort ein einfaches, geniales Grundkonzept hat und sich über die Jahre immer wieder erneuert.
Steht der «Polizeiruf 110» Ihrer Meinung nach zu Unrecht ein bisschen im Schatten des «Tatort»?
„
Der «Polizeiruf» hat eine ganz eigene Qualität und ist im Ton zudem einen Tick weniger gefällig. Dafür hat er vielleicht nicht ganz so viele Zuschauer, aber auf sehr hohem Niveau.
”
«Tatort»-Macher Quirin Berg über «Polizeiruf 110»
Zum Abschluss, Herr Berg, noch zwei Fragen zu «Tannbach», dem Fiction-Highlight des ZDF im Januar. Waren Sie von den Zuschauerzahlen überrascht?
Die Produzentin Gabriela Sperl und alle Beteiligten haben Großes geleistet und wir haben mit viel Energie auf einen Erfolg hingearbeitet. Wir haben also sehr gehofft, dass der Zuschauer das Programm annimmt und von «Tannbach» gepackt wird. Insofern war es dann eine – nennen wir es – Erleichterung, als wir die Ergebnisse gesehen haben. Das Thema war kein Selbstläufer, die Geschichte komplex. Der Name „Tannbach“ ist fiktiv und keine bekannte Marke, anders als bei «Adlon». Da hatte man direkt ganz andere Assoziationen. Bemerkenswert fand ich vor allem, dass wir sowohl innerhalb aller Teile als auch von Ausstrahlung zu Ausstrahlung Zuschauer hinzugewonnen haben.
Jetzt soll es eine Fortsetzung geben.
Das ist das schönste Kompliment: Wenn von Zuschauern Zuschriften kommen, die sich wünschen, dass die Geschichte weitererzählt wird. Das will man als Geschichtenerzähler natürlich auch. Wir haben immer daran gedacht, dass wir einen größeren Bogen erzählen könnten, durch weitere Jahrzehnte deutsch-deutscher Geschichte. In den nächsten Wochen und Monaten werden wir nun daran arbeiten und die Möglichkeiten mit dem ZDF diskutieren.
Vielen Dank für das Gespräch.
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