Hinter den Kulissen
- Regie: Jorge Gutierrez
- Deutsche Sprecher: Ron Williams, Abelardo Decamilli, Daniel Fehlow, Carolina Vera-Squella, Giovanni Zarrella, Pegah Ferydoni, Katrin Fröhlich, Oliver Stritzel
- Produktion: Aaron Berger, Brad Booker, Guillermo del Toro, Carina Schulze
- Drehbuch: Jorge Gutierrez, Doug Langdale
- Musik: Gustavo Santaolalla
- Schnitt: Ahren Shaw
- Länge: 95 Minuten
- FSK: ab 6 Jahren
Selten zuvor ließ sich mit den geistreichen Worten eines Trickfilms die formidable Leistung eines anderen besser beschreiben, als im Fall von «Manolo und das Buch des Lebens». Denn eine bescheidenere Herkunft ist schwer vorstellbar, als die eben dieses entzückenden Geniestreiches, der quer durch ein quirliges Mexiko und ein in dieser Form bislang ungesehenes Reich der Toten führt. Hauptverantwortlich sind nämlich die Reel FX Creative Studios, die sich bislang keineswegs mit Ruhm bekleckerten. So wirkten sie unter anderem an den mechanisch animierten «Jagdfieber»-Fortsetzungen, dem viel gescholtenen 3D-Kuriosum «Cirque Du Soleil: Traumwelten» und der unausgereiften Trickkomödie «Free Birds – Esst uns an einem anderen Tag» mit.
Doch nun ist es an der Zeit, die Entdeckung unverhoffter Welten zu vermelden – genauer gesagt die Entdeckung bezaubernder Welten, geschaffen von den zuvor enttäuschenden Reel FX Creative Studios. Es gilt lediglich, einen Prolog hinzunehmen: Unbändige Kinder erhalten eine private Museumsführung und werden in mexikanische Mythen eingeweiht. Diese Rahmenhandlung ist pointiert erzählt und stimmt das junge Publikum sachte auf die folgende, fantasievolle Geschichte ein – ist aber aufgrund der undetaillierten Figuren und klinischen Lichtgebung visuell unbeeindruckend. Aber dies macht die Kernhandlung mühelos wett:

Dargestellt wird das bunte Treiben Manolos, Marías und Joaquíns, das sich nicht lang auf das Reich der Lebenden beschränkt, in einer hinreißenden Optik, die sich an mexikanischer Handwerkskunst orientiert. Die Lebenden sind gestaltet und animiert, als seien sie liebevoll bearbeitete Marionetten, die liebreizende La Muerte dagegen scheint eine zerbrechliche Zuckerpuppe zu sein. Die Hintergründe derweil wirken, als seien sie mit Hingabe aus Holzschnitzereien, kraftvoll gefärbten Stoffen und sonstigen Fundstücken folkloristischem Handwerk erbaut. Regisseur Jorge Gutierrez und seine Crew haben – bildlich gesprochen – einen provinziell-traditionellen Kunstmarkt geplündert und ihre Beute mit kindlicher Freude neu zusammengesteckt: Dies führt zu einer andersartigen, impulsiven und überbordenden Ästhetik. Es wäre nur zu leicht, «Manolo und das Buch des Lebens» für seine stürmische Kreativität zu kritisieren, sie als cineastischen Tumult abzutun.

Zweifelsfrei: Nicht jede Einzelheit ist rundum gelungen. Obwohl es sich bei «Manolo und das Buch des Lebens» um ein warmherziges Gagfeuerwerk handelt und die Figuren durch die Bank weg liebenswürdig sind, verpuffen manche Pointen auf Anhieb ins Nichts. Und bei allem bildlichen sowie klanglichen Innovationsdrang führt der Handlungslauf gelegentlich durch ausgetretenes Territorium. Nur wieso sollte dies den Gesamteindruck schmälern, wenn die Grundstimmung dieses feurigen Fantasy-Trips ebenso mitreißend wie außergewöhnlich ist? Die Reel FX Creative Studios haben durch dieses Abenteuer den Weg aus dem Reich der Vergessenswerten gefunden – und jeder Trickfilmliebhaber sollte ihnen daher Aufmerksamkeit schenken. Aber Vorsicht: Nach «Manolo und das Buch des Lebens» ist man womöglich mit einer zerreißenden Vorfreude erfüllt. Mit Freude auf Mehr!
«Manolo und das Buch des Lebens» ist ab dem 12. Februar 2015 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D!