Die Kino-Kritiker

«SpongeBob Schwammkopf 3D»

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Mit «SpongeBob Schwammkopf 3D» findet eine unterhaltsame, aber schwach erzählte Fortsetzung ihren Weg in die Kinos – erwachsenen Film- und Literaturfreunden werden dennoch einige Höhepunkte geboten.

Filmfacts: «SpongeBob Schwammkopf 3D»

  • Kinostart: 19. Februar 2015
  • Genre: Abenteuer
  • FSK: o. A.
  • Laufzeit: 93 Min.
  • Regie: Paul Tibbitt
  • Drehbuch: Glenn Berger, Jonathan Aibel
  • Musik: John Debney
  • Darsteller: Antonio Banderas als „Burger-Bart“
  • OT: The SpongeBob Movie: Sponge Out of Water (USA 2015)
«SpongeBob Schwammkopf» ist ein globales Phänomen. Seitdem vor 16 Jahren die erste Staffel in den Vereinigten Staaten gezeigt wurde, hat die Zeichentrickserie hunderte Einzelfolgen hervorgebracht – und in ihrem Windschatten einen gewaltigen Vermarktungsfeldzug durch die Kinderzimmer der Welt befeuert. Hierzulande machen die Hauptfigur und ihre Freunde um den Seestern Patrick Star und den Tintenfisch Thaddäus Tentakel sei dem Jahr 2002 die Fernsehprogramme unsicher. Der besondere Status des Formats unter den modernen Zeichentrickserien wird dadurch untermauert, dass die Ausstrahlung nicht nur auf Super RTL (seit 2009: Nickelodeon), sondern auch im Spätprogramm von MTV und VIVA erfolgte. Auch wenn «SpongeBob Schwammkopf» in den vergangenen Jahren mit zunehmend seichteren Serieninhalten um seinen Ruf als auch erwachsenentaugliche Unterhaltung kämpfen musste, hat der Kinostart des zweiten Films das Potential, sein Einspielergebnis mit reiferem Publikum zu maximieren – wie das im Jahr 2004 schon dem Erstling gelang, der mit guten Kritiken und einem Umsatz weit jenseits der Produktionskosten glänzen konnte.

Der Start in den Vereinigten Staaten, wo «SpongeBob Squarepants» seit dem 6. Februar auf den Programmplänen der Lichtspielhäuser steht, verlief für die Produzenten vielversprechend. Am ersten Wochenende wurden über 55 Millionen US-Dollar eingespielt, die «American Sniper» vom Thron der Kinocharts verstießen und deutlich über den Erwartungen lagen. So wurden gleich an den ersten Tagen nach der Premiere Millionen von US-Amerikanern Zeugen von Burger-Barts erfolgreicher Suche nach dem magischen Buch, das seinem Besitzer erlaubt, Änderungen im Text vorzunehmen und so die erzählte Geschichte nach Belieben zu verändern. Der schurkische Pirat nutzt diese Gelegenheit, um in den Besitz der legendären Krabbenburgerformel zu kommen, die dem Besitzer des im Herzen von Bikini Bottom liegenden Fast-Food-Restaurants „Krosse Krabbe“, Mr. Krabs, bis dahin ein beständig hohes Einkommen gesichert hatte. Dass der Täter in diesem Fall nicht Sheldon Plankton ist, glaubt dem Einzeller nur SpongeBob Schwammkopf – nachvollziehbarer Weise, steckt doch immer sonst der grüne Winzling hinter allen Einbruchs- und Diebstahlplänen, stets mit dem Ziel, seinen eigenen gastronomischen Betrieb, den „Abfalleimer“, für Kunden interessant zu machen. Dass mangels Geheimformel nun überhaupt keine Krabbenburger mehr zubereitet werden können, stürzt Bikini Bottom in die größte Krise seiner Existenz, verfallen die verzweifelten Bewohner doch vor lauter Hunger in zerstörerische Anarchie. So ist es wieder einmal an SpongeBob und seinen Freunden, sich an die Fersen des Übels zu heften und mit allen Mitteln zu versuchen, die gesellschaftliche Ordnung wieder herzustellen – ganz gleich ob über oder unter Wasser.

Mehr als neunzig Minuten nimmt dieses Abenteuer in Anspruch – und schafft es dabei nicht, eine kontinuierlich interessante Geschichte zu erzählen. Sind einzelne Szenen – wie die eröffnende Jagd des von Antonio Banderas gespielt Piraten – humoristische Highlights und gespickt mit amüsanten Details, versprühen andere Abschnitte des Werks den Charme eines antarktischen Winters und fallen vor allem dadurch auf, dass sie im Bezug auf inhaltliche Fragen die gähnenden Leere des ewigen Eises scheinbar noch zu toppen versuchen. Das Zusammenspiel von kindgerechtem Slapstick, bei dem der durchschnittliche Erwachsene kaum mit den Mundwinkeln zucken dürfte, und gewitzt-kreativen Einfällen funktioniert vor allem deshalb nicht, weil es den Autoren nicht gelingt, spannende Übergänge zu schaffen. Tatsächlich geht der Streifen oft viel zu weite Wege, um den passenden Anlauf für die nächste relevante Szene zu finden; dabei fällt die Spannung so tief, dass selbst Kinder, die den halben Weg zwischen Fußboden und Erwachsensein noch nicht bewältigt haben, Gefahr laufen, gelangweilt auf ihren Sitzschalen hin- und herzurutschen. Dass die größere Zahl des jungen Publikums dennoch durchgängig Begeisterung empfinden dürfte, liegt dann auch nicht am Inhalt, sondern der großartigen Technik des Films. «SpongeBob Schwammkopf 3D» spielt mit Real-, Zeichentrick- und computeranimiertem Trickfilm gleichermaßen und meistert dabei jede der Kategorien mit Bravour. Es ist nicht zu übersehen, dass die rund 75 Millionen US-Dollar Produktionskosten vor allem in die aufwändige Umsetzung der Effekte gesteckt wurden. Hier brilliert das Werk geradezu und positioniert sich deutlich am oberen Ende dessen, was in Sachen 3D-Technik im Trickfilm bislang seinen Weg in die Kinos gefunden hat.

Kein noch so schöner 3D-Effekt kann darüber hinwegtäuschen, dass mit dem zweiten «SpongeBob Schwammkopf»-Film im deutschsprachigen Raum ein künstlerisch wie menschlich sehr bedauernswerter Verlust verbunden ist. Eberhard Prüter, Sprecher des Tintenfischs Thaddäus Tentakel und ganz generell eine der markantesten Stimmen im Synchrongewerbe, verstarb Ende vergangenen Jahres nach schwerer Krankheit. Zwar sprach Prüter seine Rolle noch im ersten Trailer, den Abschluss der Arbeiten am eigentlichen Film erlebte er aber nicht mehr. Kommt Fritz Rott, der Patrick Star spricht, seit sich Marco Kröger mit den Produzenten in finanziellen Fragen überwarf, seinem Vorgänger im Stimmklang immerhin nah, wirkt Thaddäus in «SpongeBob Schwammkopf 3D» fast schon deplatziert. Das ist mit Blick auf die unvermeidbare Kurzfristigkeit weder den verantwortlichen Entscheidungsträgern noch Tobias Lelle anzulasten, der dazu berufen wurde, Prüter zu ersetzen. Dennoch wird die Neubesetzung, bei jung wie alt, für Verwunderung sorgen und das Filmvergnügen trüben – das spiegelt sich bereits jetzt im Netz wieder, wo jeder animierte Schnipsel aus dem Werk mit kritischen Kommentaren über die veränderte Tonlage des griesgrämigen Weichtiers überschwemmt wird. Das eiserne bis ignorante Schweigen Nickelodeons zu diesem Thema tut sein Übriges, um zur maximalen Verwirrung unter den Freunden der Serie beizutragen. Gewidmet ist der Film einem anderen kürzlich verstorbenen Synchronsprecher; Oscar-Preisträger Ernest Borgnine, der im Jahr 2012 95-jährig verstarb, sprach in «SpongeBob Schwammkopf» die Nebenfigur Meerjungfraumann.

Die Intention, vor allem junge Zuschauer mit erstaunlichen Bildern in Verzückung zu versetzen, macht sich selbst in der Einstufung der Altersfreigabe bemerkbar. Musste sich der Vorgänger im Jahr 2004 mit einem Rating „ab 6 Jahren“ begnügen, hatte die Fortsetzung keine Mühen, dahingehend alle Hürden zu umschiffen. Dabei darf die Kritik an der Erzählung nicht missverstanden werden: Natürlich sind an Filme, die sich vor allem an ein erwachsenes Publikum richten, andere Ansprüche zu richten, als an eine Produktion für Kinder. Dass die inhaltliche Qualität unter diesem Umstand jedoch nicht zwangsweise zu leiden hat, beweisen viele Streifen von Pixar und einzelne Ausreißer anderer Studios. Die vergebliche Hoffnung, nach vielen Jahren erzählerisch schwacher Fernsehstaffeln wieder eine SpongeBob-Produktion alter Garde verfolgen zu können, die sowohl Erwachsenen, als auch Kindern in jedem Sinne Freude bereitet, nährte auch die angekündigte Rückkehr kreativer Köpfe, die die Sendung Jahre zuvor verlassen hatten. Allen voran ist hier der studierte Meeresbiologe Stephen Hillenburg zu nennen, der sich als Schöpfer der Serie im Jahr 2004 zurückzog. Dass es sich, abseits von erholsamen eineinhalb Stunden, in der das eigene Kind alle Quengeleien einstellt, für Erwachsene dennoch lohnen kann, eine Eintrittskarte zu lösen, ist vor allem den zahlreichen kulturellen Anspielungen zu verdanken, die sich dicht gepackt ausmachen lassen. Von «Die Simpsons» über «Moby Dick» bis «Fluch der Karibik» entdecken Film- und Literaturfreunde zahlreiche visuelle und gesprochene Verweise auf Klassiker der Unterhaltung. Am Schönsten und ausführlichst umgesetzt ist dabei der Fingerzeig auf Douglas Adams satirische Science-Ficiton-Komödie „Per Anhalter durch die Galaxis“.

Alles in allem erweist sich «SpongeBob Schwammkopf 3D» als Film, der Kindern Freude bereiten und der nur den kleineren Teil der Erwachsenen bereuen lassen wird, den beschäftigten Nachwuchs nicht für einen ungestörten Wocheneinkauf im Supermarkt genutzt zu haben.

«SpongeBob Schwammkopf 3D» ist ab dem 19. Februar in den deutschen Kinos zu sehen.

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