Filmfacts: «Heute bin ich Samba»
- Kinostart: 05. März 2015
- Genre: Tragikomödie
- FSK: 6
- Laufzeit: 120 Min.
- Kamera: Stéphane Fontaine
- Musik: Ludovico Einaudi
- Buch und Regie: Olivier Nakache, Eric Toledano
- Darsteller: Omar Sy, Charlotte Gainsbourg, Tahar Rahim, Izïa Higelin, Isaka Sawadogo, Hélène Vincent, Hélène Vincent
- OT: Samba (FR 2014)
Denn auch 2014 tummelte sich mit der Integrationssatire «Monsieur Claude und seine Töchter» ein französischer Film in den Top vier der Jahresbestenliste. Erneut ist es eine Tragikomödie, in der innerkulturelle Kommunikation zu einem wichtigen Bestandteil des daraus resultierenden Entertainmentfaktors wird. Doch ganz gleich, ob ein Film wie «Ziemlich beste Freunde» Vorurteile feinfühlig abzubauen versucht, oder man es wie im Falle von «Monsieur Claude» lieber auf die harte Weise angeht, das Publikum zu mehr Toleranz aufzufordern: Die Aktualität des Rassismusthemas ist heute aktueller denn je. Da kommt «Heute bin ich Samba», der neue Film von Olivier Nakache und Eric Toledano erstaunlich gelegen; in einer Zeit, in der sich 2015 mehr Flüchtlinge denn je ankündigen, in Deutschland Unterschlupf zu finden und in der die AfD mit über 6 Prozent gerade erst in die Hamburger Bürgerschaft gewählt wurde.

Neben den Regisseuren, für die «Heute bin ich Samba» ihr direktes Folgewerk zu «Ziemlich beste Freunde» darstellt, gibt es in deren neuestem Streifen noch ein weiteres Wiedersehen mit einem alten Bekannten. Omar Sy, dem als schwer zugänglicher aber gutherziger Driss der internationale Durchbruch gelang, schlüpft in «Heute bin ich Samba» in eine ziemlich identische Rolle und gibt einmal mehr den charismatischen, wenn auch nicht wirklich organisierten Einwanderer zum Besten. Doch entgegen «Ziemlich beste Freunde», wo Omar Sy mit François Cluzet einen männlichen Gegenspieler hatte, tritt diesmal die französische Charakterdarstellerin Charlotte Gainsbourg an die Seite ihres dunkelhäutigen Kollegen. Nach ihrer Mammutleistung in Lars von Triers fünfeinhalb Stunden dauernden Psychodrama «Nymph()maniac» beweist die Aktrice in «Heute bin ich Samba» nicht nur einmal mehr ihre Wandlungsfähigkeit, sondern legt obendrein eine ansteckende Spielfreude an den Tag, die zu einem Großteil dazu beiträgt, dass die Tragikomödie einen durchgehend optimistischen Tonfall erhält.

So stört diese Befangenheit vor allem deshalb nicht, weil auch «Heute bin ich Samba» die ernsthaften Töne in der Inszenierung nicht ausspart und im Vergleich zu «Ziemlich beste Freunde» auch nicht davor zurückschreckt, einen starken Kontrast zwischen der so unbefangenen Liebelei von Samba und Alice auf der einen, sowie der Bürokratie der europäischen Einwanderungspolitik auf der anderen Seite aufzubauen. Stark geraten dabei vor allem die Momente, in welchen sowohl Hauptdarsteller als auch Publikum die teilweise irren Staatsauflagen vor Augen geführt bekommen und aktiv dazu aufgefordert werden, über den Sinn derartiger politischer Entscheidungen nachzudenken. Das ist zwar nicht sonderlich subtil, ist in der Aussage jedoch fokussierter als die weichgespülten Toleranzappelle in «Ziemlich beste Freunde» und feinfühliger als die stereotypisierten Macho-Attitüde aus «Monsieur Claude und seine Töchter».
Gleichzeitig macht «Heute bin ich Samba» jedoch auch viele Schauplätze auf, die sich allesamt nicht vollends schlüssig in die Handlung integrieren. Trotz seiner zweistündigen Laufzeit versuchen Olivier Nakache und Eric Toledano versiert, eine von bedrohlicher Dynamik getriebene Charakterstudie zu erzählen, in der Samba nicht nur von Alice verzaubert, sondern auch von einem Nebenbuhler gejagt, den Behörden ins Visier genommen und seinem Onkel verachtet wird. Reichlich viel Stoff für eine inhaltlich einfach gestrickte (Tragik-)Komödie, durch welche die Ambitionen der Filmemacher mehrmals fast im Keim erstickt werden.

Fazit: Mit «Heute bin ich Samba» gelingt den Machern von «Ziemlich beste Freunde» eine Tragikomödie desselben Schlages mit positiver Grundeinstellung und einem lobenswerten Toleranzgedanken. Dabei statten die Macher ihr Werk jedoch ähnlich berechenbar aus wie den Vorgänger, was dem Aufkommen eines ernsthaften Interesses am Schicksal der Leinwandfiguren immer wieder einen Strich durch die kalkulierende Rechnung macht. Doch insbesondere die ungezwungene Chemie zwischen Omar Sy und Charlotte Gainsbourg verhilft «Heute bin ich Samba» zu dem Schlussfazit, der bislang beste, da insgesamt doch mutigste und darüber hinaus facettenreichste Film zu sein, den der moderne Franzosen-Hype in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Da scheint die nächste Besuchermillion gar nicht so weit entfernt…
«Heute bin ich Samba» ist ab dem 26. Februar in den deutschen Kinos zu sehen.