Cast und Crew
- Regie: Christian von Castelberg
- Drehbuch: Florian Oeller
- Darsteller: Anneke Kim Sarnau, Charly Hübner, Christian Friedel, Andreas Guenther, Josef Heynert, Uwe Preuss, Fanny Staffa, Hilmar Eichhorn, Ole Schloßhauer, Pheline Roggan, Marie Leuenberger, Hansjürgen Hürrig
- Kamera: Martin Farkas
- Schnitt: Dagmar Lichius, Antja Zynga
- Musik: Eckart Gadow
Der elfte «Polizeiruf 110» mit dem Rostocker Team lässt Charly Hübners Figur weiter die soziale Leiter hinunterfallen: Nachdem er während seines vorherigen Einsatzes seinen Kollegen Thiesler (vermeintlich aus Versehen) anschoss, fällt er in ein emotionales Loch, trudelt orientierungslos zurück zu seinem Vater und fühlt sich nahezu ununterbrochen missverstanden. Einzig Katrin König zeigt einen Funken Verständnis für Bukows Lage, der vor dem fraglichen Unfall erfahren hat, dass Thiesler eine Affäre mit Bukows Gattin hat. Vielleicht ist König daher so nachsichtig, weil auch ihre Karriere dunkle Passagen aufweist, an die sie neuerdings mit Nachdruck erinnert wird. Diese Subplots über die Sorgen des zentralen Ermittlerduos sind gut konstruiert – und vertiefen nicht allein die Charaktere Königs und Bukows, sondern fließen auch thematisch clever in den eigentlichen Kriminalfall ein, wodurch sie den Gesamteindruck dieser Episode verstärken.
Regisseur Christian von Castelberg und Drehbuchautor Florian Oeller denken in diesem Neunzigminüter außerhalb der «Polizeiruf 110»-Norm und entfalten eine Kriminalgeschichte, die gleichermaßen mit psychologischen Elementen spielt wie auch mit – wenngleich nicht all zu spitzen – Seitenhieben auf die unerhörte Macht, die Politiker und Wirtschaftsbosse haben. Dem allein schon aufgrund der Spannungen im Revier und der privaten Probleme unkonzentrierten Team werden im Laufe des Falls durch Intrigen und Korruption mehr und mehr die Hände gebunden. Doch daher brodeln auch (teils schlecht) versteckte Aggressionen hoch, bis sich im intensiven Finale alle Gefühle entladen.
Der verwirrte Unbekannte, der sich für einen Mörder hält, wird derweil durch den titelgebenden Orkan in seinem Kopf gehemmt. Christian Friedel, bereits bestens aus Michael Hanekes «Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte» bekannt und demnächst im Kinofilm «Elser – Er hätte die Welt verändert» brillierend, schafft es, zugleich verletztlich und geheimnisvoll zu sein, und so der Täter- beziehungsweise Motivsuche eine emotionale Seite zu geben. Dass von Castelberg die Verwirrtheit des Musikanten ebenso wie den Strudel aus Machtspielen und die Ohnmacht der Ermittler mit einer kinetischen, wuchtigen Bildsprache verdeutlicht, macht die Sache dann erst richtig rund. Somit besticht «Polizeiruf 110: Sturm im Kopf» mit einer authentischen Figurenzeichnung und realistisch-spannender Stimmung, aber auch durch eine mitreißende, filmische Inszenierung. Nun hätte nur noch die Aufklärung des Mordes nicht ganz so stürmisch erfolgen müssen …
«Polizeiruf 110: Sturm im Kopf» ist am 1. März 2015 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.